In einer Halle stehen zwei Arbeiterinnen in leichter Schutzkleidung vor einer Reihe großer weißer Kisten, in denen grüne Cannabis-Pflanzen wachsen.
In Tulsa (Oklahoma) lässt das israelische Start-up Hortica seit einem Jahr Cannabis im "Vertical Farming" anbauen – ganz legal. (Foto: Pharmcloud)

Produktion von Nahrungsmitteln geht mit schweren Umweltbelastungen einher: Sie braucht viel Land und Wasser, vergiftet die Umwelt mit Pestiziden, überdüngt Gewässer und führt zum Ausstoß von CO2, Methan und Lachgas.

Viele dieser Belastungen ließen sich vermeiden oder stark reduzieren, indem Pflanzen in mehrgeschossigen Gebäuden statt auf Äckern angebaut werden. Die Methode nennt sich "Vertical Farming" und geht vor allem auf den Biologen Dickson Despommier von der New Yorker Columbia-Universität zurück.

Despommier begann 1999 mit seinen Studenten ein Konzept für einen "Agrar-Wolkenkratzer" zu entwickeln, der 50.000 Menschen ernähren soll. Darin hat jedes Geschoss sein eigenes Klima, sodass in dem einen Stockwerk Bananen und im anderen Erdbeeren wachsen können.

Die Versorgung der Pflanzen mit Wasser, Nährstoffen und Licht wird dabei künstlich gesteuert. Pestizide sind nicht nötig, da Schädlinge mit Sensoren frühzeitig entdeckt werden können.

In einem Interview mit dem Onlinemagazin Pacific Standard sagte Despommier: "Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wird die Landwirtschaft nicht mehr von der Bodenbeschaffenheit abhängig sein. Man kann einen Bauernhof mitten in der Wüste oder in Island errichten."

Jeder Anbau-Behälter wird einzeln klimatisiert

Heute versuchen Start-ups rund um die Welt, diese Idee zu kommerzialisieren. Dabei stehen sie aber vor einem Henne-Ei-Problem: Da die vertikale Landwirtschaft noch sehr viel teurer ist als die herkömmliche, besteht kaum Nachfrage, und wegen der geringen Nachfrage lohnt es sich nicht, die Technik hochzuskalieren und dadurch die Kosten zu senken.

Es gibt aber Produkte, bei denen die Kosten nicht im Vordergrund stehen – wie Cannabis. Zudem wird Cannabis zum größten Teil schon heute indoor angebaut, um der Entdeckung durch die Polizei zu entgehen. Wegen der Legalisierung von Cannabis in immer mehr Ländern von Kanada über Thailand bis demnächst Deutschland entsteht nun aber ein immer größerer, legaler Markt.

"Cannabis ist ein Pionier, der eine riesige Nachfrage nach Vertical-Farming-Lösungen auslöst", sagt Tzvika Klepar vom israelischen Start-up Hortica. "Wir haben uns entschieden, mit Cannabis anzufangen, um schnell einen positiven Cashflow zu generieren, und erst dann andere Produkte anzubieten."

In der ersten Cannabisplantage von Hortica im US-Bundesstaat Oklahoma wachsen die Pflanzen in Kisten mit einem Volumen von etwa einem Kubikmeter, die separat klimatisiert werden. Dadurch können in einem Gebäude verschiedene Cannabissorten in unterschiedlichen Wachstumsphasen produziert werden.

Entscheidend ist der Stromverbrauch

Hanf
Hanf ist eine relativ anspruchslose und robuste Pflanze. (Foto: Boston Weed Tours/​Pixabay)

Der Anbau in Kisten hat noch einen anderen Vorteil: Es muss nicht das ganze Gebäude klimatisiert werden, sondern nur der Platz für die Pflanzen. Das spart Energie.

"Wenn man über Indoor-Landwirtschaft redet, geht es am Schluss eigentlich immer nur um Elektrizität", sagt Hortica-Chef Yaron Penn. Während die Sonne die Äcker kostenlos mit Energie versorgt, muss sie beim Vertical Farming durch Lampen ersetzt werden. Hinzu kommen Luft- und Wasserpumpen sowie viel Elektronik.

"Das ist kein System, um Weizen oder Mais anzubauen", stellt Penn klar. Bei anderen Produkten wie Kräutern, Salat oder einigen Gemüsesorten sei Vertical Farming hingegen durchaus wettbewerbsfähig. Da diese Farmen mitten in Städten und damit nah bei den Konsumenten gebaut werden können, entfallen teure Transporte und die Ware ist frischer, wenn sie in den Supermärkten ankommt.

Das nutzt etwa die Schweizer Supermarktkette Coop, die bereits Basilikum des Start-ups Yasai im Angebot hat. Aus Sicht von Penn ist "die Frage nicht, ob, sondern wann" das auch in anderen Ländern passiert – vielleicht demnächst auch im Hanfladen um die Ecke.

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