Textilabfälle werden bislang fast gar nicht recycelt. (Bild: Detailfoto/​Shutterstock)

"Fast Fashion" ist im Trend, angetrieben durch die Dauerwerbung der Modeketten. Billige, kurzlebige Kleidung führt zu häufigen Neukäufen – und immer mehr Textilabfällen.

Seit 2000 haben sich die zu entsorgenden Mengen weltweit auf rund 92 Millionen Tonnen pro Jahr verdoppelt, von denen im Schnitt nur 0,5 Prozent recycelt werden. Auch der CO2-Fußabdruck erhöht sich dadurch.

Ein internationales Forschungsteam hat nun die Textilströme anhand von Daten aus neun Industrieländern analysiert und macht Vorschläge, wie "ex und hopp" eingedämmt werden kann.

Die Untersuchung umfasst Daten zu den Textilabfällen aus Großstädten in Europa, Nordamerika und Australien, nämlich Amsterdam, Berlin, Genf, Luxemburg, Manchester und Oslo, außerdem Austin, Toronto und Melbourne. Es zeigte sich, dass nur geringe Anteile der Alttextilien im jeweiligen Land verbleiben, um dort recycelt zu werden.

Die Wiederverwendungsquoten der gesammelten Alttextilien liegen in allen untersuchten Städten niedrig. In Genf zum Beispiel sind es rund fünf Prozent, in Luxemburg drei bis vier und in Oslo sogar nur 0,03 Prozent.

In Europa und Australien gehen die meisten Alttextilien als Exporte nach Afrika und Asien, in Nordamerika nach Lateinamerika, Indien und in die Ukraine. Dort fehlen laut dem Forschungsteam aber oft die entsprechenden Entsorgungskapazitäten, sodass ein Großteil der Alttextilien auf Deponien landet oder verbrannt wird.

Werbung beschränken, Freizeitangebote ausweiten

Man könne daher von "Abfallkolonialismus" sprechen, so die Wissenschaftler:innen. Bisherige Studien hätten sich vor allem auf industrielle Textilabfälle konzentriert, private Altkleider seien kaum erforscht worden, diese Lücke werde mit der aktuellen Studie beseitigt, erläutern sie ihren Ansatz. Aus Deutschland war die TU Berlin an der Untersuchung beteiligt.

Es sei überfällig, das Problem besser zu lösen, so das Forschungsteam. "Früher wurde Kleidung bis zur völligen Unbrauchbarkeit getragen oder biologisch abgebaut", sagte die TU-Expertin Samira Iran, eine der Autor:innen. Heute seien synthetische Fasern und chemische Beschichtungen weit verbreitet, wodurch ein Großteil der Textilien nicht biologisch abbaubar sei.

Die Studie empfiehlt ein dreiteiliges Konzept, um die Ex-und-hopp-Mengen zu verringern:

  • Reduzierter Textilkonsum: Modewerbung im öffentlichen Raum beschränken, Slow-Fashion-Initiativen fördern, Freizeitshopping durch alternative Angebote zur Freizeitgestaltung eindämmen, etwa durch attraktivere öffentliche Plätze und Parks
  • Stärkere Wiederverwendung vor Ort: Mehr Unterstützung für Secondhand-Läden und Repaircafés, Kurse zum Erlernen von Näh- und Reparaturtechniken anbieten
  • Vermeidung von Textilentsorgung und -exporten: Investitionen in lokale Sortier- und Recyclinganlagen, um den Textilkreislauf schließen zu können

Die Untersuchung zeigt, dass in den meisten Städten Wohltätigkeitsorganisationen und private Wiederverkäufer das Sammeln und Sortieren der Alttextilien übernehmen. Stadtverwaltungen spielten dabei meist eine passive Rolle, indem sie lediglich Flächen zur Verfügung stellen oder Lizenzen vergeben.

Als besseres Modell sieht das Forschungsteam Amsterdam, wo ein städtisches Unternehmen für die Textilabfälle zuständig ist. Das ermögliche mehr Transparenz und Kontrolle.

 

In Berlin, wo das Textilsammeln von privaten und gemeinnützigen Organisationen organisiert wird, bieten sich laut dem Team gute Möglichkeiten, eine Kreislaufwirtschaft für Textilien zu fördern. Empfohlen wird, die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) stärker einzubinden und ein stadtweites System zur getrennten Sammlung aufzubauen.

Das ist ohnehin angezeigt, da die EU seit Jahresanfang eine verpflichtende Trennung von Textilabfällen vorschreibt. Alte Textilien dürfen dann nicht mehr in den Restmüll fliegen, sondern müssen in eigenen Containern entsorgt werden. Damit gäbe es auch Fortschritte gemäß dem aktuell gültigen Berliner Abfallwirtschaftskonzept. Dieses orientiert sich am Zero-Waste-Prinzip und zielt darauf ab, Abfälle möglichst zu vermeiden und sie in den Stoffkreislauf zurückzuführen.