Lebensmittel sind derzeit so teuer wie zuletzt im Jahr 1974, wie Daten der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO zeigen.
In beiden Fällen ist das zum Teil dem Ölpreis geschuldet. 1973 verhängte das Ölkartell Opec ein Ölembargo und heute ist Öl wegen der Marktturbulenzen infolge der Corona-Pandemie teuer. Hinzu kommt jetzt noch der hohe Gaspreis, der die Herstellung von Dünger verteuert.
Zudem hat Russland für die Monate Februar und März ein Exportverbot für Ammoniumnitrat verhängt, einen Bestandteil von Stickstoffdünger. Dies ist besonders gravierend, weil Russland bei Kunstdünger einen Weltmarktanteil von fast zwei Dritteln hat.
Doch die Preise könnten noch deutlich höher steigen, wenn Russland die Ukraine selbst angreift oder eine Seeblockade verhängt. In Europa dürften dann vor allem Speiseöle teurer oder sogar knapp werden. Die EU bezieht ein Viertel des Speiseöls aus der Ukraine. Das Land ist der weltgrößte Exporteur von Sonnenblumenöl und liegt bei Rapsöl auf Platz zwei.
Die EU hätte hingegen keine größeren Schwierigkeiten, einen Wegfall der Weizen- und Maisexporte auszugleichen. Auch hier zählt die Ukraine zu den größten Exporteuren und liegt bei Weizen auf Platz drei und bei Mais auf Platz vier der Weltrangliste. Die EU importiert allerdings nur einen sehr kleinen Teil dieser Produkte aus der Ukraine.
Anders sieht das für viele andere Länder aus. Der Libanon importiert die Hälfte seines Weizenbedarfs aus der Ukraine. Auch Libyen (43 Prozent), Malaysia und Indonesien (28 Prozent), Jemen (22 Prozent), Bangladesch (21 Prozent) und Ägypten (14 Prozent) beziehen große Anteile des Weizens aus der Ukraine.
Falls die Ukraine als Exporteur ausfallen sollte, würde davon wiederum vor allem Russland profitieren. Das Land ist der wichtigste Weizenexporteur weltweit und könnte wohlgesonnene Länder beim Export bevorzugen.
Gleichzeitig fällt Südamerika wegen Dürre aus
Bei Mais sieht es nur geringfügig besser aus: Hier sind zwar die USA der weltgrößte Exporteur. Auf den Plätzen folgen allerdings Argentinien und Brasilien, und in diesen beiden Staaten herrscht derzeit Dürre, was für die jetzt schon hohen Lebensmittelpreise mitverantwortlich ist.
Daher wäre auch der Wegfall der ukrainischen Maisexporte auf dem Weltmarkt sofort spürbar. Ein Krieg in der Ukraine könnte damit weltweite – auch politische – Folgen haben.
Einer der Gründe für den Beginn des Arabischen Frühlings im Jahr 2010 waren die damals sehr hohen Preise für Lebensmittel. Sollten die aktuell ohnehin schon hohen Preise noch weiter steigen, könnte es daher in manchen Ländern zu Unruhen kommen.
In Deutschland, wo Lebensmittel nur zehn Prozent der Ausgaben eines durchschnittlichen Haushalts ausmachen, wären die Folgen weniger dramatisch. Doch auch hier sind Nahrungsmittel für einen nicht geringen Teil der Inflation verantwortlich. Im Jahresschnitt waren sie 2021 fast neun Prozent teurer als im Vorjahr.
Im Dezember lagen die Lebensmittelpreise sogar um 22 Prozent über denen des Vorjahresmonats. Damit dürfte der Jahresdurchschnittswert auch dieses Jahr weiter steigen – auch ohne Krieg in der Ukraine.