Bei einem Benefiz-Lauf während einer Hitzewelle im Sommer 2017 im englischen Southampton ist eine Läuferin zusammengebrochen und sitzt am Boden.
Hitzewelle in Südengland, Juli 2017: Eine Sportlerin muss beim traditionellen Benefizlauf in Southampton aufgeben. (Foto/​Ausschnitt: Jane Rix/Shutterstock)

Dalila Jakupović stand gekrümmt mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Platz, japste nach Luft, immer wieder, fiel auf die Knie – und gab schließlich auf. Der Sieg in dem Qualifikationsmatch für das Tennisturnier Australien Open gehörte ihrer Konkurrentin, der Schweizerin Stefanie Vögele.

Dabei war die slowenische Tennis-Ikone Jakupović eigentlich nicht ihr unterlegen, sondern dem Ruß, der im Januar durch die verheerenden Buschfeuer des australischen Sommers bis auf das Spielfeld wehte. Und das heißt, dass es nicht völlig verfehlt wäre zu sagen: Dalila Jakupović gab indirekt wegen der Klimakrise auf.

In Australien hat es schon immer Buschbrände gegeben. Sie sind sogar wichtig für die Flora vor Ort. Doch so schlimm wie in der letzten Brandsaison war es noch nie. Und die Wetterlage, die zu den starken Bränden geführt hat, entspricht genau dem, was die Klimawissenschaft für das Fortschreiten der Klimakrise prognostiziert hat.

"Extreme Dürre, extreme Temperaturen und extreme Winde sind Zeichen der menschengemachten Erderwärmung", kommentierte Kirsten Thonicke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung die Feuer. "Nicht jedes einzelne Ereignis, aber die Zunahme ihrer Anzahl und Heftigkeit."

Eine Studie des britischen Thinktanks Rapid Transition Alliance zeigt nun: Die Klimakrise trifft auch den Sport, und zwar nicht nur im Einzelfall.

Studienautor David Goldblatt hat zahlreiche Beispiele gesammelt, in denen Sportevents der vergangenen Jahre von extremen Wetterereignissen gestört wurden, die im Zuge des Klimawandels sehr wahrscheinlich häufiger oder stärker werden. Das australische Tennisturnier ist nur ein Fall von vielen.

Wettkämpfe nachts veranstalten?

Als zum Beispiel 2015 der Sturm "Desmond" über Großbritannien wütete, flutete der starke Regen das Stadion Brunton Park in der nordwestenglischen Grafschaft Cumbria, das dem Fußballclub Carlisle United gehört. Sieben Wochen lang war die Spielstätte nicht nutzbar.

Ähnliches könnte viele Fußballclubs auf der Welt künftig regelmäßig treffen. Der Studie zufolge läuft etwa das Weserstadion von Werder Bremen in drei Jahrzehnten Gefahr, jedes Jahr zum Teil geflutet zu werden, sollten die Emissionen ungehindert weiter steigen.

Oder: Im Jahr 2016 konnten 13 Kricket-Spiele der Indian Premier League nicht wie geplant im Bundesstaat Maharashtra stattfinden – weil dort die stärkste Dürre des Jahrhunderts herrschte.

Für die Olympischen Spiele 2020, wegen der Corona-Pandemie aufs nächste Jahr verschoben, werden einige Disziplinen vom eigentlichen Standort Tokio in das mehr als tausend Kilometer weiter nördlich gelegene Sapporo verlegt.

Zuvor war diskutiert worden, die Wettkämpfe in den Sportarten zwar in Tokio, aber nachts stattfinden zu lassen. Zu groß ist die Angst, dass es sonst zu heiß werden könnte. Infolge der japanischen Hitzewelle im Jahr 2018 starben laut dortigem Gesundheitsministerium 1.032 Menschen.

Insgesamt kommt Goldblatt zu dem Schluss, dass die Klimakrise so gut wie jede Sportart auf die eine oder andere Art einschränkt – Tendenz steigend.

Von dem Studienergebnis erhofft sich die Rapid Transition Alliance auch, dass mehr Sportler:innen im Klimaschutz aktiv werden. "Der Sport hat manche der einflussreichsten Vorbilder der Gesellschaft hervorgebracht", sagte der Ökonom Andrew Simms, Koordinator des Thinktanks. "Wenn der Sport sich im nötigen Maß und in der nötigen Geschwindigkeit verändern kann, werden andere folgen", ist er sich sicher.

Sport mit fossilen Finanzen

Der Sport leidet aber nicht nur unter dem Klimawandel, er trägt auch dazu bei. Großveranstaltungen und internationale Reisen von Aktiven und Fans steigern die CO2-Emissionen.

Viele Daten darüber gibt es allerdings nicht, bemängelt Studienautor Goldblatt. Er kommt durch Schätzungen auf Grundlage der wenigen bekannten Zahlen darauf, dass der globale Sport in etwa so viele Emissionen verursacht wie Dänemark.

Die Branche beginnt indes langsam, sich zu bewegen. In Deutschland gibt es seit dem vergangenen Jahr die Gruppe "Sports for Future". "Ich bin Teil von 'Sports for Future', weil ich es wichtig finde, sich nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit der Umwelt in all ihren Facetten zu befassen", sagte die Stabhochspringerin Jacqueline Otchere.

Zu "Sports for Future" gehören einzelne Aktive wie Otchere, aber auch schon einige Vereine und Verbände. Die Idee zu der Gruppe kam vom Fußball-Erstligisten TSG 1899 Hoffenheim. "Der Sport hat in Fragen der Nachhaltigkeit sowie der Klimakrise und wie wir ihr als Gesellschaft begegnen wollen, bislang keine vernehmbare Stimme", sagte Peter Görlich, Geschäftsführer des Clubs, zur Gründung.

Und womit nun anfangen? Simms von der Rapid Transition Alliance hat einen Vorschlag. "Ein erster Schritt wäre es, sich nicht mehr von der fossilen Wirtschaft sponsern zu lassen", sagte der Ökonom. Dazu gehöre auch, nicht mehr für klimaschädliche Produkte zu werben.

Die neue Studie schlüsselt auch auf, welche großen Sportvereinigungen noch entsprechende Sponsoren haben. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zum Beispiel bekommt Geld von Lufthansa und Volkswagen. Simms' Fazit: "Momentan ist der Sport Teil des Problems, aber er kann Teil der Lösung werden."

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