Mann mit ernstem Gesicht, Kimono und traditionellem Sonnenhut aus Stroh
Japan hat im vergangenen Jahr eine extreme Hitzewelle erlebt. (Foto: Marco Schulze/​Pixabay)

Ist das nun der Klimawandel oder tut das Wetter nur mal wieder, was es will? Bei ungewöhnlichen Wetterereignissen liegt die Frage nahe – sie ist aber schwer zu beantworten. Die sogenannte Attributionsforschung versucht genau das. Forscher der japanischen Wetterbehörde haben nun in Hinblick auf die dramatische Hitzewelle, mit der das ostasiatische Land im vergangenen Sommer zu kämpfen hatte, ein erstaunlich deutliches Ergebnis vorgelegt: Die "Naturkatastrophe", wie die Regierung in Tokio das extreme Wetter eingestuft hat, "hätte ohne den menschengemachten Klimawandel nicht stattfinden können".

Wetter ist nicht gleich Klima – und lange hieß es bei Klimaforschern, ein einzelnes Wetterereignis könne man gar nicht auf den Klimawandel zurückführen. Schon rein physikalisch ist aber klar, dass der Klimawandel heute schon Folgen hat. Schließlich hat sich die Luft an der Erdoberfläche seit der Industrialisierung schon um durchschnittlich ein Grad Celsius erwärmt. "Wir haben eine noch recht neue Methode benutzt, die sogenannte Wetterattribution", sagt Studienautorin Yukiko Imada gegenüber Klimareporter°.

Attributionsstudien trennen Wetter vom Klima

Die Idee: Die Forscher untersuchen die Eigenschaften des aufgetretenen Wetterereignisses – und lassen diese Beobachtungsdaten dann am Computer in komplexe Klimamodelle einfließen. Mit denen berechnen die Wissenschaftler, wie wahrscheinlich das Wetterereignis in einer hypothetischen Welt ohne erhitzte Erde aufgetreten wäre, und dann noch einmal, wie wahrscheinlich es mit den realen Klimadaten war. Im Anschluss wird verglichen.

Das Ergebnis der japanischen Wetterbehörde ist in seiner Eindeutigkeit auch in der Attributionsforschung außergewöhnlich. Bei der Untersuchung der Hitzewelle, die im vergangenen Jahr in Nordeuropa herrschte, hatte eine Attributionsstudie beispielsweise ergeben, dass der Klimawandel sie doppelt so wahrscheinlich gemacht habe. Auch ohne Klimawandel hätte es sie also noch mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit geben können.

Hitze war sehr wahrscheinlich Folge der Klimakrise

Für den japanischen Extremsommer gilt das der aktuellen Studie nach nicht: "Wir haben geschlussfolgert, dass das Wärmeereignis im Juli 2018 ohne den menschengemachten Klimawandel niemals passiert wäre", heißt es darin. Die Wissenschaftler selbst weisen allerdings darauf hin, dass es sich um einen "ersten Versuch" handele, die natürlichen und menschengemachten Ursachen der Hitzewelle zu verstehen. Weitere Forschung sei nötig.

Hitze - eine Strapaze für die Gesundheit

Thrombose, Überhitzung, Nierenversagen, Herzschwäche – künftig könnten hitzebedingte Todesfälle durch den Klimawandel Normalität werden, und zwar auch hierzulande. Forscher der EU-Kommission prognostizieren, dass in der Europäischen Union zum Ende des Jahrhunderts jährlich 152 000 Menschen durch Extremwetterereignisse umkommen werden, fast alle durch Hitze.


Die Wissenschaftler gehen dabei von einer globalen Erwärmung um drei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau aus. Das ist in etwa der Pfad, auf dem sich die Welt mit allen bisher zugesagten Klimaschutzmaßnahmen der Staaten heute befindet.


Natürlich kann Hitze die Gesundheit auch strapazieren, ohne tödlich zu enden: Sonnenstich, Sonnenbrand und Kreislaufprobleme sind typische Folgen. Vorbeugen lässt sich mehr oder weniger allen Hitzebeschwerden durch ausreichendes Trinken und dem Schutz vor zu viel Sonne.

Grundsätzlich sei die Methodik der japanischen Studie plausibel, sagt Frank Kreienkamp vom Deutschen Wetterdienst im Gespräch mit Klimareporter°. "Hitzewellen gehören zu den Extremwetterereignissen, bei denen die Attributionsforschung schon sehr gut funktioniert", betont er.

Wie sicher es gelingt, den natürlichen und den menschengemachten Anteil an extremem Wetter auseinanderzuhalten, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren hab: wie groß das Ereignis ist und wie komplex. Gewitter beispielsweise haben hierzulande in der Regel eine zu geringe Ausdehnung, um von den Klimamodellen gut beschrieben zu werden. Und Hurrikane gelten als besonders kompliziert zu modellieren, erst recht, wenn die Klimamodelle rund tausend Jahre abbilden sollen, wie es bei der Attribution üblich ist.

Mehr als tausend Tote durch den Hitzesommer

Bei Hitzewellen ist das anders. Sie erstrecken sich über große Gebiete und haben nur einen Parameter: die Temperatur. "Deswegen gehören sie zu den dankbaren Untersuchungsgegenständen der Attributionsforschung", sagt Kreienkamp. Die japanischen Kollegen hätten ihr Ergebnis aber etwas "sportlich formuliert", denn bei ganz genau Null hat die Wahrscheinlichkeit für die Hitzewelle ohne Klimawandel nicht gelegen. "Normalerweise würde man eher sagen: Der Klimawandel hat das extreme Wetter deutlich wahrscheinlicher gemacht."

Der heiße Sommer hatte in Japan katastrophale Folgen. Im Juli 2018 war zunächst von Dutzenden Hitzetoten die Rede gewesen. Mittlerweile gibt das japanische Gesundheitsministerium an, dass 1032 Menschen gestorben sind.