Mehr Bodenschutz – das heißt auch mehr Umweltauflagen und Gesetze für die Landwirtschaft. Ob das angesichts der aktuellen Proteste der Bäuerinnen und Bauern durchzusetzen ist? Ja, sagt Olaf Bandt, Vorsitzender des größten deutschen Umweltverbandes BUND.
Denn woran es in der Landwirtschaft vor allem fehle, das seien langfristige Perspektiven. Die müsse man den Landwirt:innen geben, damit sie sicher planen und sich auf Förderbedingungen verlassen können. Genauso wie darauf, dass es einen Markt gibt, der ihnen ihre Produkte abnimmt. Und auch der Schutz von Böden als Ökosystemdienstleister müsse angemessen honoriert werden.
Böden sind nicht nur "der Dreck, auf dem wir laufen" – das ist der Tenor bei der Vorstellung der neuesten Ausgabe des "Bodenatlas" am Dienstag in Berlin. Das Werk wird von der Heinrich-Böll-Stiftung zusammen mit dem BUND und dem Nachhaltigkeits-Thinktank TMG von Klaus Töpfer herausgegeben.
"Wir wollen mit dem Bodenatlas eine Diskussion darüber beginnen, wie Bodenschutz politisch aussehen könnte", fasst Laura Endt von der Heinrich-Böll-Stiftung die Intention hinter dem Bodenatlas zusammen.
Gesunde Böden sind nicht nur unsere Nahrungsgrundlage, sie schützen auch das Klima und die Biodiversität, indem sie CO2 speichern und Lebensraum für eine große Zahl an Arten sind. Böden sind das artenreichste Ökosystem der Erde, betont Olaf Bandt. "Unter einem Hektar Land leben 15 Tonnen Bodenlebewesen – das entspricht dem Gewicht von 20 Kühen."
Gesunde Böden bestehen aus Mineralien, Wasser, Bodenlebewesen – und einer Humusschicht. Humus ist abgestorbenes organisches Material, zum Beispiel tote Pflanzenreste.
Klima-Anpassungshelfer Boden
Gesunde Böden können auch Klimawandel-Auswirkungen wie Dürren und Überschwemmungen abpuffern. Denn ein Boden mit normalem Humusgehalt funktioniert wie ein Schwamm. Er kann Wasser aufnehmen und bei Trockenheit wieder abgeben. Gleichzeitig reinigen Böden das Grundwasser.
Übernutzte Böden können allerdings auch selbst zum Klimawandel beitragen. Ein extremes Beispiel sind trockengelegte Moore, die große Mengen CO2 emittieren.
Geht es um den Schutz der Böden, spielt die Landwirtschaft eine große Rolle. In Deutschland wird etwa die Hälfte aller Flächen landwirtschaftlich genutzt. Weltweit sind über ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Böden bereits degradiert, sagt Imme Scholz, Co-Vorsitzende der Heinrich-Böll-Stiftung, am Dienstag.
Bodendegradation bezeichnet den Verlust der Ökosystemdienstleistungen des Bodens. Das kann sowohl auf natürlichem Wege als auch durch Bewirtschaftung passieren.
Eine Degradierung von Böden führt letztlich zur Versteppung und Wüstenbildung. Das sei nicht nur ein Problem in Afrika und Asien, sondern auch in Europa. "Selbst Länder mit gemäßigtem und feuchtem Klima wie Ungarn und Bulgarien sind betroffen", heißt es im Bodenatlas. Auch in Deutschland ist etwa ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Böden degradiert.
Viele Probleme führen zur Bodenverschlechterung: übermäßiger Einsatz von Pestiziden, Bodenverdichtung durch schwere Maschinen, Anbau von Monokulturen. "In der landwirtschaftlichen Nutzung von Böden läuft etwas schief", fasst Imme Scholz die Probleme zusammen.
Olaf Bandt nennt mögliche Lösungen: Durch eine kleinflächigere Strukturierung der Landwirtschaft kann die Winderosion eingeschränkt werden. Dafür könnten zum Beispiel Hecken zwischen den Feldern angelegt werden.
Aber auch die Reduktion des Dünger- und Pestizideinsatzes, der Anbau von Mischkulturen und Begleitpflanzen sowie ökologische Fruchtfolgen über das Jahr hinweg kommen dem Boden zugute.
Wenn beispielsweise Hülsenfrüchte wie Erbsen, Ackerbohnen oder Luzerne im Verlauf des Jahres als Zwischenfrüchte auf den Feldern angebaut werden, hilft das dem Boden ungemein. Hülsenfrüchtler können Stickstoff aus der Luft im Boden binden. Stickstoff ist ein wichtiger Nährstoff für Pflanzen und ein Hauptbestandteil von Düngemitteln.
Bodenschutz heißt geringere Erträge
"Wesentlich ist, dass die Böden durch die Landwirtschaft geschont werden, damit sie ihre Funktion als Ökosystemdienstleister auch erfüllen können", betont Imme Scholz.
In der Regel bedeuten solche Maßnahmen, die den Boden schützen, geringere Erträge. Damit die Bäuerinnen und Bauern dabei nicht auf der Strecke bleiben, müsse sich die Agrarpolitik grundlegend ändern, sagt Bandt.
Die EU-Agrarsubventionen dürften nicht mehr pro Fläche vergeben werden, wie es bisher passiert. Bandt zufolge sind sich darin nicht nur Umweltverbände und kritische Agrarverbände einig, sondern auch der Deutsche Bauernverband, der die konventionelle Landwirtschaft vertritt.
Stattdessen sollten die Gelder genutzt werden, um gesellschaftliche und ökologische Leistungen zu honorieren und zu fördern, so Bandt. Dazu gehört dann auch der Schutz von Böden. Die Gelder müssten einkommenswirksam eingesetzt werden, damit klar sei, dass mit dem Geld in Zukunft gewinnbringend gewirtschaftet werden kann.
Neben den Subventionen brauche es aber auch faire Preise für die Produkte, macht der BUND-Chef klar. Die Preise müssten die Herstellungskosten decken.
Für den Schutz der Böden in Europa fordert Bandt eine neue Bodenschutzrichtlinie, ähnlich der Wasserrahmenrichtlinie. Darin müssten klare ökologische Vorsorgeziele festgehalten werden, sodass Schäden an Böden gar nicht erst auftreten. Das bisherige Bodenschutzgesetz befasst sich vor allem mit der Wiederherstellung von Böden, die zum Beispiel durch Schwermetalle oder andere Stoffe verunreinigt sind.
Erforderlich ist für Bandt auch, dass sich die Politik bei allen Maßnahmen, ob im Baurecht, beim Straßenbau oder in der Landwirtschaft, mit der Frage auseinandersetzt, wie die Veränderungen in der Landschaft die Böden beeinflussen. Also: Sind die Böden weiterhin geschützt? Oder was muss getan werden, damit sie es sind?
Vor diesem Hintergrund sieht der BUND die diesjährige Novelle des Bodenschutzgesetzes in Deutschland als große Chance für einen besseren Schutz der Böden.