Ein Stück gebratenes Fleisch
Ganz auf Fleisch verzichten muss niemand, aber der jetzige Anteil an der Ernährung muss stark sinken. (Foto: Holger Langmaier/Pixabay)

Wann haben Sie das letzte Mal ein Stück Fleisch gegessen? Wahrscheinlich erst vor wenigen Tagen – das legen jedenfalls Statistiken nahe. Jede erwachsene Person in Deutschland verzehrt pro Jahr etwa 55 Kilogramm Fleisch, vor allem Schwein und Geflügel.

Allerdings unterscheidet sich die tatsächlich gegessene Menge vom Schlachtgewicht. Weil es beispielsweise Verluste bei der Produktion gibt, summiert sich das Schlachtgewicht auf über 80 Kilogramm.

Das Essen von Fleisch ist mit zahlreichen negativen Umweltwirkungen verbunden. So liefern Fleisch- und Milchprodukte weltweit weniger als 20 Prozent der verfügbaren Nahrungsenergie, aber ihre Produktion braucht ungleich mehr Fläche: 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen und 40 Prozent der Äcker dienen der Erzeugung von Fleisch- und Milchprodukten. Um ein Kilo Fleisch zu produzieren, ist viel mehr Energie notwendig als für die Produktion von einem Kilo pflanzlicher Nahrung.

Zudem gilt die Fleischproduktion als eine Hauptursache für die globale Entwaldung und den Verlust der biologischen Vielfalt. Um hierzulande etwa Schweine zu mästen, werden Futtermittel aus Südamerika importiert. Dort hat sich die Produktion von Soja in den letzten Jahrzehnten fast verdreifacht. Für den Sojaanbau werden Ökosysteme zerstört, der Treibhausgasausstoß ist massiv.

So sind denn auch tierische Lebensmittel für bis zu einem Drittel aller ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Insgesamt entfallen zwar die meisten Emissionen auf das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas, aber das Ziel, die globale Erwärmung unter 1,5 Grad zu halten, könnte gerade an den Emissionen des Lebensmittelsystems scheitern.

Konsum auf ein Viertel reduzieren

Deshalb sollte der Fleischkonsum in den Industrienationen stark sinken: um mindestens 75 Prozent. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Bonn, die jetzt in der Fachzeitschrift Annual Review of Resource Economics erschienen ist.

"Würden alle Menschen so viel Fleisch verzehren wie die Europäer oder die Nordamerikaner, würden wir die Klimaziele weit verfehlen, und viele Ökosysteme würden kollabieren", erläutert Matin Qaim, Agrarökonom am Zentrum für Entwicklungsforschung der Uni Bonn. "Wir müssen unseren Konsum daher deutlich senken, idealerweise auf 20 Kilogramm oder weniger jährlich."

Eine ausschließlich vegetarische oder vegane Ernährung sei – zumindest aus ökologischer Perspektive – nicht notwendig. Ohnehin ließen sich nicht auf allen Flächen, wo bisher Tiere gehalten werden, auch Lebensmittel anbauen – etwa in Regionen wie der Mongolei oder Patagonien, wo Grasland dominiert. Wo sich Gemüse oder Hülsenfrüchte kaum anbauen lassen, sei Viehhaltung durchaus sinnvoll, vor allem wenn es an pflanzlichen Quellen für hochwertige Proteine und Mikronährstoffe mangelt.

Um den Konsum von Fleisch zu begrenzen, schlagen die Forschenden eine Steuer auf tierische Lebensmittel vor. "Das ist sicher unpopulär, zumal es mit einem zehn- oder zwanzigprozentigen Aufschlag wahrscheinlich nicht getan wäre, falls er eine Lenkungswirkung entfalten soll", sagt Matin Qaim.

Allerdings spiegeln die aktuellen Preise nicht die hohen Umweltkosten wider, die der Fleischkonsum verursacht. "Es wäre durchaus sinnvoll und gerecht, die Konsumentinnen und Konsumenten stärker an diesen Kosten zu beteiligen", findet der Forscher.

Fleisch müsste 20 bis 50 Prozent teurer werden

Auch Wissenschaftler:innen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und von der Technischen Universität Berlin sprechen sich für die Einführung einer Fleischsteuer aus, weil der Fleischpreis die Umweltbelastungen nicht abbilde. Ihnen zufolge müsste Rindfleisch durchschnittlich zwischen 35 und 56 Prozent teurer werden, Lamm- und Schweinefleisch 19 Prozent und Geflügel 25 Prozent.

Wie viele Deutsche verzichten auf Fleisch?

Während die Lobbyorganisation für vegane Ernährung, Proveg, davon ausgeht, dass sich in Deutschland etwa zehn Prozent der Menschen vegetarisch oder vegan ernähren, kam eine Regierungsumfrage 2020 zu dem Schluss, dass fünf Prozent der Deutschen kein Fleisch essen.

Andere Forschende glauben nicht, dass der Umbau der Tierhaltung über die Verteuerung des Konsums gelingt. Eher werde sich die soziale Spaltung vertiefen. Die Politik solle lieber die Produktion stärker regulieren.

Aus Potsdam kommt jetzt ein weiterer Vorschlag, um den Fleischkonsum zu senken: durch Fleischalternativen aus Pilz-Kulturen. Dabei soll das Eiweiß in speziellen Kulturen wachsen – angeregt durch die Zugabe von Zucker. Die Technik beruht auf der jahrhundertealten Methode der Fermentation – ähnlich wie bei Bier oder Brot.

Ergebnis: ein proteinreiches Produkt, das Rindfleisch ähnelt. In Großbritannien und der Schweiz sind schon zahlreiche Produkte auf Pilz-Basis erhältlich. Würden die Menschen mehr von diesem mikrobiell erzeugten Fleischersatz essen, würde das Ressourcen schonen und könnte die Entwaldung bis zur Mitte des Jahrhunderts halbieren.

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