Jemand steht unschlüssig vor einer dunklen Tafel mit zahlreichen gelben Memo-Zetteln.
Viel hilft viel – oder doch nicht? (Foto: Erik Reis/​Shutterstock)

Klimafreundlich leben wollen viele. Doch wie klappt die Umsetzung im Alltag? Tipps findet man auf unzähligen Internetseiten.

Mal werden fünf oder zehn Empfehlungen aufgelistet, mal 30 oder sogar 50 – von "weniger fliegen" bis zu "Sparduschkopf einbauen" oder "Kochen mit Deckel drauf". Die Tipps sind in aller Regel gut und leicht umsetzbar. Aber bringen sie auch etwas?

Kommt darauf an, zeigt eine aktuelle Studie, die ein Team um die US-amerikanische Politikwissenschaftlerin Talbot Andrews nun im Journal of Environmental Psychology veröffentlicht hat.

Und jetzt wird es interessant. Denn anders, als man erwarten würde, hängt die Wirksamkeit von Tipps für ein grüneres Leben gar nicht so sehr davon ab, wie viel Einsparpotenzial die Empfehlungen haben oder wie praktikabel sie sind. Entscheidend ist vielmehr, kurioserweise, die Anzahl der Tipps.

Das Experiment, das die Forschenden durchführten, geht so: Probanden wurden unterschiedlich lange Listen mit einfachen Tipps zu umweltfreundlichen Verhaltensweisen vorgelegt. Einige erhielten nur einen Tipp, andere fünf, zehn oder 20 Empfehlungen. Wer welche Liste bekam, entschied der Zufall.

Nach zwei Wochen wurden die Probanden befragt, wie viel sie umgesetzt hatten und wie es ihnen ging. Ergebnis: Diejenigen mit langen Listen hatten weniger der Tipps beherzigt als diejenigen mit kurzen Listen. Und sie fühlten sich weniger gut, weniger wirksam, weniger effizient.

Die große Zahl an Empfehlungen war einfach zu viel. Von einem "Overload" sprechen die Forschenden, von einer Überlastung. Sie schlussfolgern: "Mehr ist nicht immer besser."

Ihre Meinung zählt!

Es müssen ja nicht gleich 20 auf einmal sein: Würden Sie bei Klimareporter° gern mehr Tipps dazu lesen, was Sie selbst praktisch für den Klimaschutz tun können?

Die Erkenntnis ist nicht neu. Psychologische Studien haben schon vor mehr als 20 Jahren gezeigt, dass eine zu große Auswahlmöglichkeit demotivierend wirkt.

Dabei ging es vor allem um Konsumentscheidungen. Bei einem Experiment beispielsweise konnten Studierende zwischen sechs oder 30 verschiedenen Schokoladensorten wählen. Wer nur ein halbes Dutzend Optionen hatte, war mit seiner Wahl deutlich zufriedener.

Den anderen schmeckte die von ihnen gewählte Schokolade sehr viel weniger. Oder sie entschieden sich gleich für den kleinen Geldbetrag, der alternativ angeboten wurde – wichen also der Wahl aus.

Wie Andrews und ihr Team nun zeigen, gibt es dasselbe Phänomen auch beim Klimaschutz.

Verena Kern ist stellvertretende Chefredakteurin von Klimareporter°.

Auch für erfolgreiche Klimapolitik kann man daraus Schlüsse ziehen: Menschen zu klimafreundlicherem Verhalten zu motivieren, ist wichtig und auch möglich.

Aber es bringt nichts, die Einzelnen mit den Abermillionen verschiedenen Handlungsoptionen alleinzulassen. Damit die Lage übersichtlich wird, muss zuerst die Politik Entscheidungen treffen und einen günstigen Rahmen setzen.

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