Kreislaufwirtschaft statt "ex und hopp" – so heißt das Stichwort für ein nachhaltigeres Wirtschaften. Dabei geht es nicht nur um besseres Recycling, um die Rohstoffe wiederzuverwerten, die bei der Entsorgung von Altprodukten anfallen – ob Kleider, Handys oder Autos.
Es kommt auch auf ein optimiertes Produktdesign an, das Recycling, Haltbarkeit, Reparierbarkeit, Sharing und Mehrfachnutzung verbessert. Eine neue Studie zeigt nun: Die Bürger sind hier für eine Veränderung aufgeschlossen – besonders, was die Nutzung von Gebrauchtwaren angeht.
Das Kaufen und Verkaufen gebrauchter Produkte ist kein neues Phänomen. Es hat in Zeiten von elektronischen Secondhand-Börsen wie Ebay Kleinanzeigen, Rebuy oder Vinted (früher Kleiderkreisel) jedoch stark zugenommen.
Auch der Wunsch, Produkte länger nutzen zu können, ist bei vielen Menschen groß, wie die boomende Nutzung von Repair-Cafés zeigt, von denen es bundesweit über 550 gibt. Und dieser Teil der "Circular Economy" ist durchaus noch ausbaufähig. In deutschen Schubladen und Kellern lagern Milliardenwerte, die auf Weiternutzung und Reparatur warten – bisher fehlen nur die richtigen Anreize.
Bereits heute ist das Kaufen und Verkaufen von Secondhand-Produkten für viele selbstverständlich. Laut einer Umfrage erstehen bundesweit sieben von zehn Befragten (71 Prozent) mindestens zweimal im Jahr gebrauchte Dinge. Am häufigsten betrifft das Kleidung, Bücher, Dekorationsgegenstände und Möbel, aber auch elektronische Geräte oder CDs und DVDs.
Aufwand zu hoch, um Gebrauchtes zu verkaufen
Das sind Ergebnisse aus der aktuellen Studie "Circular Economy 2021" des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, die von Ebay Kleinanzeigen und der Berliner Umweltverwaltung in Auftrag gegeben wurde.
Rund 38 Prozent der Befragten verkaufen wiederum auch selbst mindestens zweimal pro Jahr Gebrauchtes. Und knapp die Hälfte (47 Prozent) kann sich vorstellen, künftig noch mehr auf die Nutzung von Gebrauchtwaren zu setzen.
Bundesweit finden sich in fast allen Haushalten (88 Prozent) ungenutzte, aber noch funktionsfähige oder reparierbare Produkte. Sie haben laut der Untersuchung zusammen einen geschätzten Gesamtwert von 52,6 Milliarden Euro.
Um diesen Schatz zu heben, braucht es aber mehr Anreize. Vielen Bürger:innen (44 Prozent) sei der Aufwand, die gebrauchten Dinge zu verkaufen, noch zu hoch, so die Umfrage. Wenn sei sie loswerden wollen, verschenken sie sie oder werfen sie einfach weg.
Als Vorteil beim Kauf von Gebrauchtwaren sehen die Befragten laut der Studie natürlich vor allem die Möglichkeit, Geld zu sparen. Aber auch die Ressourcenschonung ist vielen wichtig, dabei deutlich mehr bei Frauen als Männern.
Der Trend wurde offenbar durch Corona verstärkt. Rund 62 Prozent der Befragten gaben an, sie handelten "zumindest teilweise" nachhaltiger als zuvor. Um Produkte länger zu nutzen oder als Gebrauchtwaren leichter verkaufen zu können, wünscht sich etwa die Hälfte der Befragten leicht zugängliche Reparatur-Netzwerke sowie mehr Annahmestellen für Gebrauchtes.
Wiederverwendungs-Zentren vielfach noch unbekannt
Der Berliner Senat sieht in diesem Sektor großes Potenzial für die Hauptstadt mit ihren rund 3,8 Millionen Einwohnern. Dort gibt es seit 2018 etwa die Initiative Re-Use Berlin, die die Wiederverwendung gebrauchter Produkte in der Hauptstadt fördert.
Laut der Studie kennen 13 Prozent der Berliner:innen das Projekt, und knapp die Hälfte davon gibt an, als direkte Folge der Initiative tatsächlich häufiger gebraucht zu kaufen. Den 2020 eingerichteten "Re-Use-Superstore" im Kaufhaus Karstadt am Neuköllner Hermannplatz sowie das Gebrauchtwarenhaus "NochMall" im nördlichen Bezirk Reinickendorf kennen zehn Prozent, das "Re-Use-Zentrum" am Alexanderplatz fünf Prozent.
Hier gibt es offenbar noch einiges zu tun. Denn 76 Prozent gaben, an, noch keines der genannten Häuser zu kennen.
Der Berliner Umweltstaatssekretär Stefan Tidow kündigte an, die Re-Use-Initiative werde ausgebaut. So wolle man ein Reparatur-Netzwerk aufbauen und die Zahl der Annahmestellen für Gebrauchtwaren auf den Recyclinghöfen erhöhen. Damit würden ökologische Stoffkreisläufe geschlossen, Ressourcen gespart – "und damit auch schädliche Klimagasemissionen".
Interessant in diesem Zusammenhang: Die aktuelle Untersuchung zeigte, dass die Berliner:innen schon heute ihre Altprodukte weniger häufig (43 Prozent) in den Müll entsorgen als die Bundesbürger:innen insgesamt (50 Prozent).