
Die Fernwärme kann wichtige Beiträge dazu leisten, die Wärmeversorgung in Städten schrittweise auf klimaneutrale Energiequellen umzustellen. Ihre Netze werden zwar bisher noch überwiegend mit fossiler Wärme gespeist. Doch künftig soll es zunehmend erneuerbare Wärme sein, beispielsweise aus Solar- und Geothermie, Biomasse oder Abwasserwärme.
Dazu kommen neuartige Quellen wie Wärme aus überschüssigem Solar- und Windstrom oder aus Seen und Flüssen. Eine wichtige Rolle kann auch unvermeidbare Abwärme aus Industrieunternehmen und Rechenzentren spielen. Sie ist in großen Mengen verfügbar und hat rechtlich weitgehend den gleichen Status wie erneuerbare Energien.
Diese Offenheit für ganz unterschiedliche Energiequellen ist ein starkes Argument dafür, dass die Fernwärme eine Schlüsselrolle in der Wärmewende spielen kann. Bisher liegt diese Form der leitungsgebundenen Wärmenergie mit 15 Prozent auf dem dritten Rang der Heizungssysteme, hinter Gas- und Öl-Zentralheizungen. Etwa sechs Millionen Wohnungen werden mit Fernwärme versorgt.
Die aktuelle Gesetzgebung begünstigt den Ausbau der Fernwärme: Mit dem Anschluss an ein Fernwärmenetz können Hauseigentümer die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes recht einfach erfüllen, auch wenn die gelieferte Wärme noch sehr weitgehend mit fossilen Brennstoffen erzeugt wird.
Fernwärme ist monopolistisch strukturiert
Die Ampel-Regierung hatte große Erwartungen in die Branche gesetzt, um das langfristige Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu erreichen. Auf dem Fernwärmegipfel im Juli 2023 wurde vereinbart, den Ausbau der Wärmenetze deutlich zu beschleunigen und diese Netze zu dekarbonisieren.
Bisher gibt es allerdings auch noch starke Gegenargumente. So ist die Fernwärme monopolistisch strukturiert. Ihre Preise sind oft hoch und schwer durchschaubar. In einer Energiekrise können sie stark steigen.
Wer ein Fernwärmenetz besitzt und betreibt, ist der einzige Wärmeanbieter in diesem Netz und damit Monopolist. Das ist ein wichtiger Unterschied zu den anderen leitungsgebundenen Energiesparten Strom und Gas, in denen Netzbetreiber und Anbieter voneinander getrennt sind. Dort stehen die Anbieter miteinander im Wettbewerb und können ihre Energie durch fremde Leitungsnetze zu den Kunden liefern.
Eine solche Trennung des Netzbetriebs von der Lieferung mit Durchleitungsrechten gibt es in der Fernwärme bisher nicht. In manchen Wohngebieten besteht sogar ein kommunaler Anschluss- und Benutzungszwang. Dort können Wärmekunden ihre Heizung nicht frei wählen, sondern müssen sich an ein Wärmenetz anschließen lassen.
Kritik an hohen und intransparenten Preisen
Möglicherweise sind das auch die Gründe dafür, dass Fernwärmepreise mitunter vergleichsweise hoch sind. Dabei ist schon der Preisvergleich mit anderen Wärmeenergien schwierig, weil die komplizierten Preisstrukturen der Fernwärme nicht ohne fortgeschrittene Spezialkenntnisse zu entschlüsseln sind.
Beispielsweise können Erdgaskunden ihre jährlichen Kosten relativ leicht ermitteln. Die eigene Verbrauchsmenge sowie Grundpreis und Arbeitspreis des Anbieters reichen dabei als Berechnungsgrößen aus.

Bei der Fernwärme ist das deutlich schwieriger. Hier kommen zu Verbrauch, Grund- und Arbeitspreis zusätzlich Preise für die höchste Wärmeleistung, für die Rücklauftemperatur der Fernwärme und für Heizwasser dazu. Einige dieser Größen werden auch noch von Preisänderungsklauseln bestimmt, die wiederum von stark schwankenden Preisen an Energiebörsen abhängen können.
Verbraucherschützer fordern deshalb, dass Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor hohen Fernwärmepreisen geschützt werden. Besonders deutlich wurde diese Forderung in den vergangenen Monaten: Nach der Energiepreiskrise hatten sich die Preise für Strom, Gas und andere Energien wieder normalisiert. Die Fernwärmepreise blieben dagegen vielerorts noch hoch, und es wurden hohe Nachzahlungen fällig.
Große Unterschiede innerhalb der Branche
Der Verbraucherzentrale Bundesverband führt inzwischen schon Gerichtsverfahren gegen vier Fernwärmeanbieter, die ihre Preise teils drastisch angehoben und dabei unzulässige Preisklauseln verwendet haben sollen. Auch das Bundeskartellamt hat derzeit sechs Musterverfahren gegen Unternehmen der Branche laufen.
Auf der anderen Seite bemüht sich die Branche inzwischen auch schon selbst um mehr Transparenz. So haben die Branchenverbände AGFW, BDEW und VKU eine Preistransparenz-Plattform eingerichtet, die mittlerweile die Hälfte des Fernwärme-Absatzes in Deutschland abbildet.
Hier sind Mischpreise für Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Industriekunden zu finden. Diese Mischpreise werden dabei in einer stark vereinfachten und damit übersichtlichen Form von Cent pro Kilowattstunde angegeben.
Dabei zeigen sich große Unterschiede. In einigen Fernwärmenetzen gibt es recht attraktive Preise, die auch mit günstigen Erdgaspreisen vergleichbar sind. Es gibt aber auch viele Fernwärmenetze, wo die Preise zwei- bis dreimal so hoch liegen. Für Fernwärmekunden hängt demnach sehr viel davon ab, an welches Netz sie angeschlossen sind.
Rufe nach mehr Regulierung
Den Kritikern reicht diese Form der Preistransparenz aber noch nicht aus. So fordern die Verbraucherzentralen eine systematische und bundeseinheitliche Preisaufsicht sowie ein bundesweites Wärmenetzregister. Forderungen des Deutschen Mieterbundes gehen in eine ähnliche Richtung.
Selbst die Monopolkommission hat sich in ihrem Hauptgutachten 2024 der Fernwärme gewidmet. Darin spricht sie sich für mehrere kurzfristig umsetzbare Regulierungsmaßnahmen aus, die bessere Informationen für die Kunden und eine effizientere Preisgestaltung sichern sollen.
Langfristig hält es die Monopolkommission für erwägenswert, die Fernwärmenetze behutsam auch für Wärmeproduzenten zu öffnen. Vorbild hierfür könnten verschiedene Systeme der Zugangsregulierung sein, die in einigen europäischen Staaten bereits eingeführt wurden.
Auf der politischen Tagesordnung steht eine solche Öffnung noch nicht. Die Ampelregierung hatte erst einmal gut überschaubare Reformschritte geplant. So wollte das grün geführte Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Fernwärme-Verordnung überarbeiten.
Wie die Tagesschau später berichtete, sollten die Anbieter damit zu mehr Transparenz angehalten werden und zum Beispiel Musterrechnungen im Internet veröffentlichen. Außerdem war geplant, dass die Preisänderungsklauseln in den Verträgen konkretisiert werden müssen. So sollten Preisanpassungen transparenter gemacht und an die Kostenentwicklung der tatsächlich eingesetzten Energieträger gebunden werden.
Das FDP-geführte Justizministerium war dafür zuständig, den Paragrafen 556c des Bürgerlichen Gesetzbuchs und die mit ihm verbundene Wärmelieferverordnung anzupassen. Das hätte den Wärmenetzausbau im Mietwohnungs-Bestand erleichtern und ein bezahlbares, klimaneutrales Heizen mit erneuerbaren Energien und Abwärme ermöglichen können.
Die Vorbereitungen dafür zogen sich allerdings länger hin als gedacht. Im Dezember 2024 wurde schließlich bekannt, dass die Fernwärme-Novelle nicht mehr von der aktuellen Bundesregierung umgesetzt werden kann.
Auch die BGB- und Wärmeliefer-Novelle ist inzwischen versandet. Es werden also neue Anläufe mit der nächsten Bundesregierung und den dann bestehenden Mehrheitsverhältnissen im Bundestag nötig sein.