Friseurin frisiert Kundin, beide mit medizinischer Maske, im Hintergrund ein Schild: Klimapositive Friseure.
Für die "klimapositiven Friseure" gibt es ein Zertifikat, das im Laden aufgestellt werden kann. (Foto: Cut Climate Change)

"Cut Climate Change" steht im Logo. Den Klimawandel abschneiden – wer könnte das besser als sie? Die rund 250.000 Friseurinnen und Friseure, die es hierzulande gibt.

Eine neue Initiative will den Klimaschutz im Friseurhandwerk voranbringen, indem sie die Salons beim Energiesparen berät und für bisher nicht vermeidbare Emissionen eine Kompensation organisiert. Ein Ziel dabei: Bundesweit sollen "Friseurwälder" entstehen, die das beim Waschen, Legen, Föhnen entstandene CO2 im nachwachsenden Holz speichern.

Derzeit haben Deutschlands Friseure alle Hände voll zu tun. Am 1. März endete für sie der Lockdown, seitdem dürfen sie endlich wieder ran an die Köpfe ihrer Kundschaft – mit Mundschutz, strengen Regeln und zeitlich entzerrten Terminen. Natürlich steigt damit auch wieder der Energieverbrauch in den Salons.

Für Friseurmeister Carlos Weiss aus Schlangenbad bei Wiesbaden ist das trotz der vielen Extraarbeit beim Kürzen der Lockdown-Mähnen der richtige Moment, auf die Klimaverantwortung auch seiner Branche hinzuweisen – und Lösungen anzubieten.

Weiss hat zusammen mit dem Forst- und Agrarwissenschaftler Jan Borchert im letzten Jahr das Start-up "Deutsche Gesellschaft für klimaneutrales Handwerk" gegründet. "Im Handwerk ist das Thema Klimaschutz natürlich auch längst wie in der ganzen Bevölkerung angekommen", sagt Borchert.

"Allerdings fehlen vielfach noch Konzepte dafür, was konkret vor Ort getan werden kann." Hier wollen er und Weiss mit ihrem Unternehmen Hilfestellung geben. Und beim Friseurhandwerk machen sie den Anfang.

Das Start-up bietet eine Energieberatung an, bei der Möglichkeiten analysiert werden, den CO2-Ausstoß zu vermindern. Große Posten sind der Verbrauch für Heizung und Warmwasser, aber auch die Beleuchtung. "Schon die Umstellung von Grau- auf Grünstrom bringt viel, ohne dass es mehr kostet. Wichtig ist auch eine konsequente Umstellung auf LED-Leuchten", erläutert Borchert.

Ein anderer wichtiger Klima-Posten sei, wie die Beschäftigten zur Arbeit kommen. Steigen sie zum Beispiel vom Pkw aufs Fahrrad um, bringt das eine große Entlastung in der Gesamtbilanz. Statt einen Firmenwagen zu stellen, könnten größere Salons zum Beispiel E-Bikes anbieten, so der Wald- und Klimaexperte.

Salons können "Klimazertifikate" erwerben

Da es derzeit unmöglich ist, mit solchen Maßnahmen die Emissionen komplett auf null zu drücken, bietet das Start-up an, den restlichen CO2-Ausstoß durch Investitionen in Klimaprojekte auszugleichen. Die Friseure können "Klimazertifikate" für bestimmte CO2-Mengen erwerben.

Das eingenommene Geld wird genutzt, um Emissionen zu vermeiden oder wieder aus der Atmosphäre zu entnehmen. Konkret geht es um (Wieder-)Aufforstung in Deutschland und Waldschutz in Simbabwe, außerdem um die Finanzierung eines Wasserkraftwerks in Indonesien.

Hierzulande gibt es bereits ein "Friseurwald"-Projekt in Schlangenbad. Dort haben freiwillige Helfer im Dezember Setzlinge von Eiche, Hainbuche und Kirsche gepflanzt, um auf einer abgestorbenen Forstfläche einen neuen, möglichst klimastabilen Mischwald zu schaffen. Eine weitere Pflanzaktion ist für Ende März geplant. Weitere "Friseurwälder" sollen in Langen bei Frankfurt am Main und im Münsterland entstehen.

Inzwischen haben sich gut 20 Friseurunternehmen von dem Start-up zertifizieren lassen, darunter prominente wie die Salons "Cabelo" und "Junge Köpfe" in Münster mit 80 Mitarbeitern, "Erdbeerschnitte" in Ludwigsburg und die von Frank Brormann in Oelde, Erfinder der Calligraphy-Cut-Methode.

Brormann sagt: "Die Pandemie hat uns alle fest im Griff. Bei all den Sorgen und den derzeitigen außergewöhnlichen Herausforderungen dürfen wir nicht unsere größte Herausforderung aus dem Fokus verlieren – den Klimawandel." Mit dem Angebot des Unternehmens von Weiss und Borchert sei das nun ohne allzu großen Aufwand möglich.

Inzwischen haben die "Klima-Salons" für 1.250 Tonnen CO2 Klimaschutz-Zertifikate für die Kompensationsprojekte erworben. Diese Menge entspricht den Emissionen von etwa 300 Flügen von Deutschland in die USA. 

Weiss hofft, dass das Projekt nun Fahrt aufnimmt und immer mehr von den deutschlandweit 80.000 Friseursalons "klimapositive" Dienstleistungen anbieten werden. Viele Salons hätten eine Anmeldung schon vorbereitet für die Zeit, wenn sich der Ansturm seit der Wiedereröffnung etwas gelegt hat. "Das Interesse ist groß", erzählt der Klima-Friseur.

Offenbar auch in weiteren Branchen. "Die Optiker haben sich schon gemeldet."

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