Am Freitag haben die EU und fünf südamerikanische Länder einen Freihandelsvertrag abgeschlossen. Die fünf Länder bilden den Handelsraum Mercosur, der aus Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay und neuerdings Bolivien besteht. Damit endet ein 25-jähriger Verhandlungsmarathon.

Die Chefin der EU-Kommission sprach von einem "historischen Meilenstein". Im Hinblick auf eine immer protektionistischere USA und einen drohenden Handelskrieg mit China fügte Ursula von der Leyen an: "In einer zunehmend konfrontativen Welt zeigen wir, dass sich Demokratien aufeinander verlassen können. Dieses Abkommen ist nicht nur eine wirtschaftliche Chance. Es ist eine politische Notwendigkeit."

 

Durch das Abkommen fallen beiderseits des Atlantiks schrittweise über 90 Prozent der Zölle weg. Der Mercosur mit seinen 264 Millionen Einwohnern ist ein relativ abgeschotteter Wirtschaftsraum mit oft hohen Außenzöllen wie 35 Prozent auf Autos oder 18 Prozent auf Chemikalien.

EU-Exporteure sparen so über vier Milliarden Euro an Zöllen. Außerdem gewinnen sie einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Exportnationen, die kein Handelsabkommen mit den Mercosur-Ländern haben, wie China oder die USA.

Durch das Abkommen dürfte daher der Handel zwischen der EU und den Mercosur-Staaten deutlich zunehmen. Der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, begrüßte die Einigung denn auch umgehend: "Das Abkommen setzt dringend notwendigen Wachstumsimpuls für die deutsche und europäische Wirtschaft."

Widerstand aus Frankreich und anderen EU-Ländern

Das Abkommen umfasst auch Agrarprodukte: Die Mercosur-Staaten werden künftig bis zu 99.000 Tonnen Rindfleisch zu einem ermäßigten Zoll von 7,5 Prozent in die EU exportieren können. Das entspricht 1,6 Prozent der EU-Rindfleischproduktion. Ähnliche Quotenregeln gibt es für Geflügel, Zucker, Ethanol, Honig und Reis.

Dafür fallen auch Barrieren für den Export von EU-Agrarprodukten weg, wie der Zoll auf Wein von bis zu 35 Prozent oder der Zoll auf Schokolade von 20 Prozent. Zudem werden über 350 geografische Herkunftsangaben wie Parmaschinken oder Münchner Bier geschützt. Bislang hat noch kein Handelsabkommen der EU für eine ähnlich große Zahl von Herkunftsangaben die Nachahmung verboten.

Die Mercosur-Staaten können künftig Rindfleisch zu einem ermäßigten Zoll in die EU einführen – Europas Bauern sind wenig erfreut. (Bild: Shah Jehan/Shutterstock)

Bevor das neue Abkommen in Kraft tritt, muss es von den Mercosur-Staaten sowie der EU ratifiziert werden. Ob letzteres gelingt, ist allerdings noch nicht sicher.

Frankreich leistet massiven Widerstand. Zudem dürften Polen, Österreich, Irland und eventuell die Niederlande das Abkommen aus Sorge um Nachteile für ihre Bauern ablehnen.

Frankreichs Vizeministerin für Handel sagte daher: "Wir sind nicht allein in unserer Opposition gegen den Mercosur-Vertrag in seiner jetzigen Form. Wir können eine Sperrminorität erreichen." Dazu sind mindestens vier Länder erforderlich, die zusammen 35 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren.

Eine besondere Rolle kommt dabei Italien zu. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni teilte mit: "Die Unterzeichnung kann nur unter der Bedingung erfolgen, dass angemessene Sicherheitsvorkehrungen und Ausgleichszahlungen im Falle von Ungleichgewichten für den Agrarsektor getroffen werden."

 

Der Widerstand Frankreichs gegen das Abkommen ist sicherlich den Bauernprotesten in diesem Jahr und der instabilen politischen Lage in Frankreich geschuldet. Vor fünf Jahren hatte Präsident Emmanuel Macron das Abkommen noch gelobt: "Das ist ein gutes Abkommen, da unsere Forderungen von den Verhandlern berücksichtigt wurden."

Seither hat sich an dem Abkommen nur wenig geändert. Einzig die Klauseln zum Schutz der Umwelt wurden nochmals nachgeschärft. So müssen die Vertragsparteien etwa dem Pariser Klimaabkommen angehören, was die Gefahr beseitigt, dass Argentinien aus dem Paris-Abkommen aussteigt.