Am Montag hat in Marrakesch das Jahrestreffen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) begonnen. Die Konferenz findet vor dem Hintergrund einer sich deutlich verlangsamenden Weltwirtschaft statt. Der IWF prognostiziert einen Rückgang des globalen Wirtschaftswachstums von 3,5 Prozent in diesem Jahr auf noch drei respektive 2,9 Prozent in den kommenden beiden Jahren.

 

Trotz Inflation und hohen Zinsen, Krieg sowie den Nachwehen der Pandemie sei "die Chance auf eine weiche Landung" aber gestiegen, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa vor dem Treffen. Gemeint ist damit die Möglichkeit, die Inflation unter Kontrolle zu bringen, ohne eine Rezession auszulösen.

Damit können sich die internationalen Finanzinstitutionen auf die erklärte Hauptaufgabe ihres Treffens konzentrieren: die Reform des internationalen Finanzsystems. Dessen Grundlage wurde vor knapp 80 Jahren mit der Gründung von IWF und Weltbank gelegt. Doch das System genügt den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht mehr und daher wurde letztes Jahr ein Reformprozess begonnen.

"Seitdem ist mehr passiert, als viele Akteure erwartet hätten", lobt David Ryfisch von der deutschen Entwicklungsorganisation Germanwatch. Dies betrifft besonders die Weltbank. Sie hat ihre Mission erweitert.

Während bislang einzig die Bekämpfung der Armut im Fokus stand, soll nun auch für einen "lebenswerten Planeten" gesorgt werden. Zudem geht die Weltbank jetzt größere Risiken ein, sodass sie 40 Milliarden US-Dollar zusätzlich verleihen kann.

Vielen Ländern droht ein jäher Absturz

Das reicht dem neuen Weltbankchef Ajay Banga aber noch nicht: "Es gibt keinen Zweifel, dass wir eine größere Bank brauchen."

Dazu sollen zum einen die bestehenden Mittel besser genutzt werden, etwa indem abrufbares Kapital zum Eigenkapital gerechnet wird. Zum anderen hofft Banga aber auch auf eine Kapitalerhöhung. Durch diese Maßnahmen könnte die Bank deutlich mehr Geld verleihen.

Durch die Anpassung der Mission ist das allerdings auch nötig: Die Mitberücksichtigung der Klimakrise macht enorme Summen an zusätzlichen Mitteln erforderlich. Die G20-Staaten schätzen, dass das jährliche Kreditvolumen aller Entwicklungsbanken für die Bekämpfung des Klimawandels von 130 Milliarden Dollar verdreifacht werden muss.

Ob schon in Marrakesch eine Rekapitalisierung dieser Banken beschlossen werden kann, wird sich allerdings erst Ende der Woche zeigen.

Ein weiterer Grund für den erhöhten Kapitalbedarf des IWF und der Entwicklungsbanken ist die Schuldenkrise. Rund ein Dutzend Länder kann bereits heute seinen Schuldendienst nicht mehr tragen. In Marrakesch könnte die Umschuldung der Verbindlichkeiten einiger dieser Länder wie Ghana, Sambia und Sri Lanka vereinbart werden.

Bei deutlich mehr Ländern besteht zudem die Gefahr, dass sie ebenfalls in eine Schuldenkrise geraten. Dazu gehören auch einige große wie Argentinien, Pakistan, Kenia und Ägypten.

Zudem dürften die Zinsen in den Industriestaaten und damit auch im Rest der Welt "länger hoch" bleiben als erwartet, warnt Banga. Das ist gerade für ärmere Länder ein Problem, die alte durch neue Kredite ersetzen müssen.

Trotz der erwarteten "weichen Landung" der Weltwirtschaft droht vielen Ländern deshalb ein jäher Absturz. Ob die Reform von IWF und Weltbank dann reichen wird, ist ungewiss.

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