Braunkohlekraftwerk und Tagebau in Polen
Symbol der polnischen Braunkohle: Kraftwerk und Tagebau Bełchatów bei Łódź. (Foto: Phil MacDonald/Wikimedia Commons)

Polen gilt seit Jahren als Kohleland schlechthin. Stein- und Braunkohle dominieren den Strommix. Ein Ausstieg aus der Abhängigkeit von dem klimaschädlichen Energieträger schien in sehr weiter Ferne und bestenfalls 2060 möglich.

In Brüssel trat Polens nationalkonservative Regierung als Bremser auf und sorgte, zusammen mit anderen ost- und südosteuropäischen Staaten, immer wieder dafür, dass es in Europa klimapolitisch nur schleppend voranging. Doch inzwischen wendet sich das Blatt.

Noch im letzten Dezember wollte sich Polen als einziges EU-Land nicht zur Klimaneutralität für 2050 bekennen. Die Coronakrise und mehr Druck durch die EU-Kommission haben zum Umdenken geführt. Regierung und Bergarbeitergewerkschaft einigten sich nun auf ein Ausstiegsdatum. Bis 2049 sollen alle polnischen Kohlegruben schließen.

Die Vereinbarung wurde am vergangenen Freitag in Katowice, dem "Herz des polnischen Kohlebergbaus" und Tagungsort der Weltklimakonferenz COP 24, beschlossen.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, sprangen die Aktien von Polens größtem Energiekonzern PGE danach um 20 Prozent in die Höhe, da mit dem Beschluss die Unsicherheit endet, mit der die Kohleindustrie in den letzten Monaten zu kämpfen hatte.

"Nicht länger finanzierbar"

Wie in vielen anderen Ländern lohnt sich auch in Polen die Verstromung der Kohle immer weniger. Durch die Coronakrise hat sich dies weiter verschärft.

Schon Anfang Juni sagte ein ungenannter Regierungsvertreter gegenüber Reuters: "Die Coronakrise wird riesige Summen kosten. Aus Sicht der Staatsfinanzen können wir den Abbau von Kohle nicht länger finanzieren."

Polens Klimaminister und früherer COP-24-Präsident Michał Kurtyka erklärte Ende Juni in einem Meinungsbeitrag für das Magazin Euractiv: "Die gegenwärtige Pandemie hat uns in unserer Überzeugung bestärkt, dass der Weg der Transformation hin zu niedrigen und null Emissionen absolut richtig ist."

Und: "Unser Land unterstützt die Bestrebungen der EU, die Klimaneutralität der gesamten Union bis 2050 zu erreichen." Allerdings, so schränkte Kurtyka ein, hänge dies von der "Verfügbarkeit der Mittel für die Energieumwandlung, der gesellschaftlichen Akzeptanz und der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie ab".

Im Vergleich zu Äußerungen der polnischen Regierung noch vor einem Jahr ist dies ein beachtlicher Fortschritt. Damals verwies der für die staatlichen Energiekonzerne zuständige Minister noch auf die "Energiesicherheit", die die heimische Kohle dem Land noch für "viele Jahre" garantieren könne.

Erneuerbare und Atomkraft

Anfang September veröffentlichte das polnische Klimaministerium ein neues Strategiepapier zur Energiepolitik, das eine beschleunigte Umstellung von Kohle auf erneuerbare Energien vorsieht.

Der Anteil der Kohle am Strommix, der letztes Jahr bereits auf 74 Prozent gefallen war, soll demnach bis 2030 auf maximal noch 56 Prozent zurückgefahren werden, bis 2040 auf elf bis 18 Prozent.

Der Anteil der erneuerbaren Energien, der erst bei rund zehn Prozent liegt, soll entsprechend wachsen. Bis 2030 sind mindestens 32 Prozent angepeilt.

Auch den Einstieg in die Atomkraft plant Polen. Das erste AKW soll 2033 ans Netz gehen. Insgesamt sollen sechs bis neun Blöcke errichtet werden.

Für den nun gefassten Beschluss zum Kohleausstieg soll kein Bergarbeiter seinen Job verlieren. Die rund 80.000 Menschen, die derzeit noch im Bergbau beschäftigt sind, sollen entweder bis zur Rente weiterarbeiten können oder staatliche Unterstützung bekommen.

Da das Abkommen umfangreiche Hilfen für die Branche vorsieht, ist die Zustimmung der EU-Kommission erforderlich.

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