Bis Mitte des Jahres will die EU auswerten, ob ihre Mitgliedsstaaten sich klimapolitisch genug vorgenommen haben, um die EU-Klimaziele für 2030 zu erhöhen. Dafür mussten die Länder ihre Energie- und Klimapläne für das kommende Jahrzehnt bis zum Jahreswechsel einreichen.
Nur 19 Länder hielten sich an die Frist. Acht Länder, darunter Deutschland, taten dies nicht. Drei von ihnen haben mittlerweile ihre Pläne der EU-Kommission vorgelegt: Slowenien, Bulgarien – und nun auch Spanien. Die Liste ist auf einer Seite der EU-Kommission einsehbar.
Spanien, dessen Wirtschaft die viertgrößte Europas ist, hat sich in seinem überarbeiteten Nationalen Energie- und Klimaplan für 2030 (kurz: NECP) anspruchsvolle Ziele gesetzt.
Bereits Anfang März hatte Spanien gemeinsam mit elf weiteren EU-Staaten in einem Brief an den für den "Green Deal" zuständigen Vizepräsidenten und Klimakommissar Frans Timmermans gefordert, die EU solle "so schnell wie möglich" ein verbessertes Ziel für 2030 vorlegen – "spätestens im Juni 2020" und nicht wie derzeit geplant erst im Herbst.
Nach seinem nun vorgelegten Energie- und Klimaplan will das südeuropäische Land bis 2030 auf einen Ökostromanteil von 74 Prozent kommen. Das wäre mehr als doppelt so viel wie heute. Derzeit steuern die Erneuerbaren hier rund ein Drittel bei. Im Jahr 2050 will Spanien 100 Prozent erreicht haben.
Zum Vergleich: Deutschland, das heute schon einen Ökostrom-Anteil von über 40 Prozent hat, will bis 2030 auf 65 Prozent kommen.
38 Prozent CO2-Reduktion gegenüber 2010
Auch den Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch will Spanien mehr als verdoppeln. Derzeit liegt er nach den Zahlen von Eurostat bei 17,5 Prozent (Deutschland: 16,5 Prozent). In zehn Jahren sollen es 42 Prozent sein.
Ebenfalls bis 2030 soll die Energieeffizienz um 39,5 Prozent steigen.
Spaniens Treibhausgasemissionen sollen laut dem Plan um 23 Prozent gegenüber 1990 sinken. Dies entspreche einer Reduktion um 38 Prozent gegenüber 2010, heißt es in dem Papier. Bis 2050 will Spanien klimaneutral werden.
Anders als in Deutschland, wo die Emissionen nach 1990 durch den Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft stark zurückgingen, war Spaniens CO2-Ausstoß zunächst noch 15 Jahre gestiegen.
Nach den Zahlen der Europäischen Umweltagentur EEA lag er 1990 bei 288 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent und 2017 schließlich bei 340 Millionen Tonnen, nachdem 2005 mit knapp 440 Millionen Tonnen der Höhepunkt erreicht war.
Seitdem sinken Spaniens Emissionen. Laut Plan werden sie im laufenden Jahr bei knapp 320 Millionen Tonnen liegen. Bis 2030 sollen sie auf 222 Millionen Tonnen zurückgehen.
"Weichenstellungen in Deutschland nicht verschleppen"
In Deutschland nahm der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) den spanischen Klimaplan zum Anlass, die Bundesregierung zum Handeln aufzufordern. "Auch in Krisenzeiten dürfen wichtige energie- und klimapolitische Weichenstellungen nicht weiter verschleppt werden", sagte der europapolitische BEE-Sprecher Rainer Hinrichs-Rahlwes mit Blick auf die Corona-Pandemie.
Der ehemalige Energiewende-Vorreiter Deutschland solle sich an Spanien ein Vorbild nehmen und endlich seinen eigenen Klimaplan einreichen, so Hinrichs-Rahlwes.
Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium begründet die Zeitverzögerung damit, dass Deutschland "in den vergangenen Wochen und Monaten wichtige Weichenstellungen in der Energie- und Klimapolitik vorgenommen" habe und diese erst in den Energie- und Klimaplan bis 2030 einarbeiten wolle.
Allerdings wird Deutschland im Juli den EU-Ratsvorsitz übernehmen und muss sich dann auch um die Anhebung der EU-Klimaziele kümmern. Schon von daher wäre es besser, wenn der deutsche NECP noch vorher in Brüssel eintreffen würde.