Plenardebatte zum Klimaschutz 2021: Gibt es nun ein Rollback? (Bild: Europäisches Parlament)

Bei der Europawahl in dieser Woche hat es einen spürbaren Rechtsruck gegeben. 21 der 27 EU-Länder wählten am heutigen Sonntag, darunter die vier bevölkerungsstärksten Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Diese vier Länder allein stellen zusammen künftig mehr als 300 der 720 Abgeordneten des Europäischen Parlaments.

Nach vorläufigen Hochrechnungen für das gesamte Europaparlament von etwa 20 Uhr bleibt die konservative EVP-Fraktion gegenüber der letzten Wahl 2019 in etwa gleich stark mit 176 Sitzen, auch Linke (36 Sitze) und Sozialdemokraten (134) können europaweit die Zahl ihrer Mandate verteidigen.

Die Grünen verlieren dagegen rund 20 Sitze und kommen nur noch auf rund 50 Mandate. Die Liberalen verlieren 15 Sitze und erreichen noch knapp 90.

Die rechten Fraktionen von EKR und ID können zusammen mit einem Plus von 30 Sitzen rechnen und kommen auf insgesamt rund 150 Abgeordnete.

Ziemlich groß ist künftig auch die Gruppe der fraktionslosen Abgeordneten mit rund 86 Sitzen, ein Plus von 25. Zu dieser Gruppe gehören vorerst auch die AfD-Abgeordneten. Alles in allem kann so etwa ein Drittel der Mandate im Europaparlament künftig rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien zugerechnet werden.

In Deutschland erreichten die Unionsparteien CDU und CSU nach den 20-Uhr-Hochrechnungen knapp 30 Prozent der Stimmen, es folgen die AfD mit rund 16, die SPD mit rund 14 und die Grünen mit zwölf Prozent.

Während die Union ihr Ergebnis von der letzten Europawahl vor fünf Jahren in etwa hält, legte die AfD stark zu. Die SPD verlor leicht, dagegen erlebten die Grünen ein Wahldesaster und verloren mehr als die Hälfte ihrer Wählerinnen und Wähler in Deutschland. Auch die Partei Die Linke verlor in etwa die Hälfte ihrer Stimmen und liegt voraussichtlich bei drei Prozent. Genauso viel holte die Europapartei Volt.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nahm zum ersten Mal an einer Wahl teil und kommt auf knapp sechs Prozent. Die FDP verliert leicht und kommt auf fünf Prozent.

Besonders bei der jungen Generation haben die Grünen stark verloren. Laut einer Wahlanalyse des ZDF verloren sie bei den unter 30-Jährigen 18 Prozentpunkte an Zustimmung. Dagegen legte in dieser Altersgruppe die AfD stark zu, ebenso BSW und Volt.

Wegen des schlechten Abschneidens der Ampel-Parteien forderten Unionsvertreter, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) solle im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, oder verlangten gleich Neuwahlen in Deutschland.

Grünen-Spitzenkandidatin Terry Reintke warnte bei Phoenix vor dem Erstarken antidemokratischer Kräfte im Europaparlament. Gebraucht würden dort stabile demokratische Mehrheiten. Zum schlechten Abschneiden der Grünen sagte Reintke, die Stimmungslage habe sich seit 2019 geändert, auch durch die Pandemie, den Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Inflation. Da habe es eine andere Atmosphäre in der Gesellschaft gegeben.

Für Frankreich sagen die Prognosen voraus, dass der Rassemblement National, die Partei von Marine Le Pen, mit einem Plus von acht Prozentpunkten und rund 31 Prozent Stimmenanteil stärkste Kraft wird. Die Partei Renaissance von Präsident Macron verliert knapp zehn Prozentpunkte und kommt nur noch auf 15 Prozent. Bei den Grünen in Frankreich sinkt der Stimmenanteil ebenfalls um acht Prozentpunkte und beträgt voraussichtlich nur noch fünf Prozent.

Für Italien und Spanien, wo die Wahllokale teilweise erst um 23 Uhr schließen, lagen zunächst noch keine Prognosen vor

In Österreich wurde voraussichtlich die rechte FPÖ mit 27 Prozent die stärkste Kraft und gewann gegenüber 2019 rund zehn Prozentpunkte dazu. Die FPÖ hatte unter dem Motto "EU-Wahnsinn stoppen" Wahlkampf betrieben.

Die sozialdemokratische SPÖ und die konservative ÖVP kamen auf jeweils etwa 23 Prozent. Für die regierende ÖVP bedeutet dies ein Minus von mehr als zehn Prozentpunkten. Die SPÖ liegt in etwa auf dem Niveau der Wahl vor fünf Jahren.

 

Bei der Wahl waren in Deutschland mit der Letzten Generation sowie der Klimaliste auch Kräfte angetreten, die sich ausdrücklich für einen konsequenten Klimaschutz einsetzen. Beide Parteien konnten nach den vorliegenden Zahlen keinen Sitz im Europaparlament erringen.

Aktive der Letzten Generation stellten sich am Wahlabend mit Eimern voll Schlamm und Megafonen in der Hand vor die Parteizentralen von CDU und SPD in Berlin und kritisierten, dass dort gerade auf ein Wahlergebnis gewartet werde, das es der Politik ermögliche, genauso weiterzumachen wie bisher. Die beiden großen Parteien würden sich auf ihren Wahlpartys für eine Politik feiern, die immer häufiger Existenzen oder sogar Menschenleben koste, erklärte die Gruppe.