Es war einer der größten Flops in der Wissenschaftsgeschichte: das Projekt "Biosphere 2". In der Wüste Arizonas startete vor über 30 Jahren in einem hermetisch abgeriegelten Glasbau der Versuch, eine Art autarke Erde 2.0 mit Regenwald, Savanne, Ozeanen und intensiver Landwirtschaft aufzubauen – bewohnt von acht "Bionautinnen" und "Bionauten".

Das Projekt wurde von der US-Raumfahrtbehörde Nasa beobachtet, um mit den Erkenntnissen mögliche bemannte Basen auf dem Mond oder dem Mars zu konzipieren. Es scheiterte, doch inzwischen liefert der Komplex wichtige Erkenntnisse für die "Biosphäre 1", unsere Erde – jüngst für die Regenwälder, die auszutrocknen drohen.

 

Die Regenwälder in den Tropen speichern große Mengen CO2 und gelten als Klimamaschine der Erde. Sie treiben den Wasserkreislauf an, indem sie Wasser verdunsten und so zur Wolkenbildung beitragen.

Fachleute gehen davon aus, dass das empfindliche Ökosystem im Fall des größten Regenwaldes der Erde am Amazonas bereits zu kippen begonnen hat. Damit hätte sich das gigantische Kohlenstoffreservoir wegen der Abholzungen und zunehmender Dürren bereits in eine Kohlenstoffquelle verwandelt, aus der mehr CO2 entweicht, als darin eingelagert wird.

Doch die aktuelle Forschung zeigt, dass die wachsende Trockenheit auch Auswirkungen auf weitere wichtige Funktionen der Regenwälder hat, die das Klima beeinflussen.

Auswirkungen auf Luftgüte und Klima

In der "Biosphere 2", die seit 2007 von der University of Arizona für Forschung und Lehre genutzt wird, gibt es einen künstlich angelegten Regenwald (Foto oben). Dort hat ein internationales Wissenschaftsteam die Bildung und den Abbau sogenannter flüchtiger organischer Verbindungen (Volatile Organic Compounds, VOCs) im Urwaldboden untersucht – und zwar rund um die Uhr unter sorgfältig kontrollierten Umweltbedingungen.

Diese biogenen, also natürlich gebildeten VOCs spielen eine wichtige Rolle in der Atmosphäre: Sie sind an der Bildung von Aerosolen, Schwebeteilchen in der Luft, und von Ozon beteiligt. Damit haben sie Auswirkungen auf die Luftqualität und das Klima, weil sie die Sonneneinstrahlung mitsteuern.

Bäume geben die VOCs als Gas oder Dampf ab, und sie reagieren dann mit Molekülen der Luft. Die VOCs dienen mitunter der Kommunikation von Baum zu Baum und locken Insekten an. Ein bekanntes Beispiel dieser Verbindungen ist das für seinen charakteristischen Kiefernduft bekannte Pinen.

Bei Trockenstress setzen Bäume Verbindungen wie Isopren, Monoterpene und Sesquiterpene frei, mit denen sich Pflanzen vor Hitze und starker UV-Strahlung zu schützen versuchen.

Das Team aus Forschenden der Universität Freiburg und des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz konnte zeigen, wie stark langanhaltende Dürreperioden die VOC-Bilanz verändern.

Hintergrund für die Forschungskampagne ist, dass Hitze- und Dürreperioden als Folgen des Klimawandels häufiger vorkommen werden. Daher sei es wichtig, diesen Zusammenhang zu verstehen, so das Team.

Der Prozess ist nicht umkehrbar

Es zeigte sich: Fällt die Bodenfeuchtigkeit unter einen gewissen Wert, nämlich 19 Prozent, verringert sich die Fähigkeit des Regenwaldbodens, VOCs aus der Atmosphäre aufzunehmen und abzubauen. Aber nicht nur das: Der Boden wird von einem VOC-"Verbraucher" zu einer VOC-Quelle. Laut der Studie ergaben Isotopenmarkierungen, dass diese Effekte auf die veränderten Aktivitäten von Bodenmikroben zurückzuführen sind.

Die Messkampagne lief von September 2019 bis Januar 2020, sie war Teil des Projekts "B2 Wald" (Biosphere 2 Water Atmosphere And Life Dynamics). Die neuesten Ergebnisse dazu wurden jüngst im Journal Nature Communications veröffentlicht.

Eine weitere Erkenntnis: Die Emissionseffekte verstärken sich sogar noch, wenn die Böden nach einer langen Dürreperiode erneut Nässe ausgesetzt werden.

Laut dem Hauptautor der Studie, Giovanni Pugliese von der Uni Freiburg, zeigte sich nach wenigen Stunden eine kurz anhaltende Emissionsspitze von Carbonylverbindungen, zu denen etwa Aceton gehört. Später gab es dann eine länger andauernde Emissionsspitze schwefelhaltiger Verbindungen.

Im ersten Fall sei die Emissionsspitze allein durch die Bewässerung erzeugt worden, im zweiten Fall durch Mikroorganismen im Boden. Eine Rückkehr zu normalen, feuchten Bedingungen im Regenwald führt also nicht automatisch wieder zu den alten Verhältnissen zurück.

Mitautor Jonathan Williams vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz sagte dazu: "Wir wissen jetzt, dass Dürrestress das Verhalten von VOC-Flüssen vom und zum Boden tiefgreifend beeinflussen kann." Die neu entdeckten Bodeneffekte müssten in die Atmosphärenmodelle einbezogen werden, um so die Reaktionen des Ökosystems präziser vorhersagen zu können und um regionale Klimasimulationen zu verbessern.

"Die Bäume und anderen Pflanzen im Regenwald versuchen mit allen Mitteln, gegen die Dürren zu kämpfen", sagte Williams gegenüber Klimareporter°. Das zeigten die Untersuchungen.

Viel Hoffnung, dass die Wälder intakt bleiben, wenn die Temperaturen weiter steigen, hat der Atmosphärenchemiker jedoch nicht. "Es besteht eine sehr reale Gefahr, dass der Regenwald so stark austrocknet, dass er zur Savanne wird."