Heilige Ibisse verjagen eine Stockente. (Bild: Greg Tee/​Wikimedia Commons)

Ausländer raus? Klingt nicht nur herzlos, funktioniert auch nicht. Wer ist nicht schon alles zu uns gekommen! Falsches Weißes Stängelbecherchen, Heiliger Ibis und Roter Amerikanischer Sumpfkebs zum Beispiel.

In Deutschland sind inzwischen über 2.500 gebietsfremde Arten registriert, und einige davon setzen der Natur ganz schön zu. Besagtes Stängelbecherchen zum Beispiel ist ein Pilz, ursprünglich in Ostasien beheimatet, der die Baumart Esche befällt und sie hierzulande sogar auszurotten droht.

Der Heilige Ibis wiederum, eine Vogelart aus Afrika, konkurriert mit heimischen Reihern um Nistplätze und ist extrem gefräßig. Und der Amerikanische Sumpfkrebs, in den USA und Mexiko beheimatet, ist Überträger der für den Europäischen Flusskrebs tödlichen Krebspest.

Es ist schwer bis unmöglich, etwas gegen diese neuen Arten zu unternehmen. Ein Sisyphus-Job. Resistente Bäume züchten, bejagen und Eier einsammeln, abfangen und Sperren errichten, damit versucht man, die Folgen der Artenglobalisierung einzudämmen. Mit bisher fraglichem Erfolg.

Doch zum Glück gelten nur 90 der über 2.500 fremden Spezies tatsächlich als "invasiv", also gefährlich für die angestammte Natur. Die weitaus meisten könnte man, wenn man so will, sogar als Bereicherung bezeichnen. So wie die Papageien, die sich in Köln niedergelassen haben, und die Flamingos, die am Niederrhein leben.

An den Hauptursachen vorbei

Der Weltbiodiversitätsrat IPBES hat das Thema invasive Arten jetzt aufs Tapet gebracht. Sein neuer Report zeigt: Das Problem wird bisher unterschätzt, die gefährlichen fremden Pflanzen, Tiere und Mikroben tragen nicht unerheblich zum Artensterben bei, und auch die ökonomischen Kosten sind hoch, sie betragen weltweit über 400 Milliarden Euro jährlich.

Trotzdem, ganz unproblematisch ist die Schwerpunktsetzung des Rates nicht, der dem Bericht viereinhalb Jahre und die Arbeit von 86 Expert:innen gewidmet hat.

Noch drängender, als die Invasionen anzugehen, erscheint es doch, sich den tatsächlichen Haupttreibern des Artenschwunds zu widmen: der Zerstörung der Lebensräume durch intensive Landwirtschaft, der Überfischung und Bejagung sowie dem Klimawandel. Die hat der IPBES ja in seinem Hauptreport von 2019 als solche definiert.

Joachim Wille ist Co-Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.

Konzepte, wie eine Landwirtschaft ohne Naturzerstörung aussehen kann, werden gebraucht.

Ebenso Vorschläge, wie die von der Weltgemeinschaft beschlossene Ausweitung der Naturschutzgebiete an Land und im Meer tatsächlich vollzogen werden kann – auch, um den Folgen des Klimawandels entgegenzuarbeiten.

Denn dass sich alles von selber löst wie bei der invasiven Regenbogenforelle, die unsere heimische Bachforelle verdrängt, ist nicht zu erwarten. Die Regenbogenforelle mag eher kalte Gewässer. Und die werden immer seltener.

 

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