Von einem Tornado zerstörte Amazon-Lagerhalle
Von einem Tornado zerstörte Amazon-Lagerhalle in Illinois: Wirbelstürme treten in den USA normalerweise im Frühjahr auf. Dass sie sich auch im Dezember bilden, könnte mit dem Klimawandel zusammenhängen. (Foto: NWS St. Louis/​Wikimedia Commons)

US-Präsident Joe Biden hat die nationale Umweltbehörde EPA angewiesen zu untersuchen, welche Rolle der Klimawandel bei den verheerenden Wirbelstürmen im Mittleren Westen und Südosten des Landes gespielt haben könne.

Es sei bekannt, "dass alles intensiver wird, wenn sich das Klima erwärmt", sagte Biden. Welchen Einfluss dies genau auf diese Tornado-Serie gehabt habe, könne er aber nicht sagen. Samstagnacht hatten über 30 Tornados eine große Opferzahl gefordert und schwere Verwüstungen hinterlassen.

In der Geschichte der USA hat es durchaus schon Tornado-Ereignisse mit ähnlichen oder sogar noch schlimmeren Auswirkungen gegeben. So kostete 1925 der sogenannte Drei-Staaten-Tornado in Illinois, Indiana und Missouri rund 700 Menschen das Leben, und 2011 gab es bei einem Wirbelsturm in Missouri über 160 Tote.

Ungewöhnlich ist diesmal, dass die Wirbelstürme im Spätherbst auftraten. Die Tornado-Saison in den USA liegt normalerweise im Frühjahr, sie geht von März bis Juni. Dann sind die Bedingungen in der Atmosphäre am ehesten so, dass Wirbelstürme entstehen können. Tatsächlich haben sich die fünf Tornados mit den höchsten Opferzahlen bisher alle in dieser Zeit ereignet.

"Spätfrühling im Dezember"

Die aktuelle Katastrophe könnten einen neuen Trend markieren. Wetterexpert:innen schließen nämlich nicht aus, dass sich Wirbelstürme künftig häufiger im Herbst oder Winter bilden, weil sich aufgrund des Klimawandels auch dann warme Luftmassen bilden können, die ihr Entstehen möglich machen.

Victor Gensini, Professor an der Northern Illinois University, sagte: "Ein Wort: bemerkenswert. Es war wirklich eine Art Spätfrühling mitten im Dezember."

Diesmal jedenfalls waren die Voraussetzungen für heftige Tornados da. Warme und kalte Luftmassen trafen mit Wucht aufeinander, ausgelöst durch eine große Temperaturdifferenz zwischen dem Südosten des Landes mit über 25 Grad Celsius und dem Norden mit unter null etwa in Minnesota.

Hinzu kamen deutliche Windscherungen, also plötzliche, scharfe Änderung von Richtung und Geschwindigkeit der Winde in höheren und tieferen Luftschichten. Fachleute glauben, dass auch das seit Herbst weltweit vorherrschende Klimaphänomen La Niña mitgespielt haben könnte.

Keine klare Tendenz

Eine eindeutige Tendenz zur Zunahme extremer Tornados lässt sich in den USA bisher nicht exakt feststellen, möglicherweise ist das aber auch eine Folge davon, dass sie schwer systematisch zu erfassen sind.

Physikalisch betrachtet gibt es zwei gegenläufige Tendenzen. So treibt wärmere Luft, die mehr Feuchtigkeit als kältere aufnimmt, Wirbelstürme an. Doch die Erwärmung kann auch dazu führen, dass die Windscherungen abnehmen. Die beiden Phänomene könnten sich aufheben.

Festgestellt wurde jedoch, dass sich die übliche "Tornadostraße" in den USA weiter nach Osten verlagert, weg von der Region Kansas-Oklahoma und hin zu den Staaten, in denen die aktuellen Tornados auftraten – in die Regionen um das Mississippi-Tal.

Die US-Behörde für Katastrophenhilfe Fema mahnt jedenfalls dringend, sich auf stärkere Sturmereignisse einzustellen. Die oberste Fema-Beamtin für Notfall-Management, Deanne Criswell, sagte, diese starken Stürme seien im Zeitalter des Klimawandels "das neue Normal". "Die Auswirkungen des Klimawandels sind die Krise unserer Generation."

Auch in Deutschland können übrigens Tornados auftreten. Am bekanntesten ist ein Tornado in Pforzheim vom 10. Juli 1968, bei dem zwei Menschen ums Leben kamen und über 100 verletzt wurden. Ein Tornado in Kiel am 27. September dieses Jahres verletzte vier Personen schwer.

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