Bockwindmühle im Freilichtmuseum Diesdorf in Sachsen-Anhalt.
Die Windenergiebranche fühlt sich in längst vergangene Zeiten zurückversetzt: Museums-Bockwindmühle in Sachsen-Anhalt. (Foto: Jörg Staude)

Kurz bevor es auf den Tisch im Kanzleramt gelangt wäre, verschob das  Bundeskabinett vor einer Woche den Beschluss über das Klimaschutzprogramm 2030. Dem Vernehmen nach sollen daran die CSU-geführten Ministerien für Verkehr und Bau schuld gewesen sein. Ihnen sei die Lesezeit für das um Mitternacht fertig gewordene 170-Seiten-Konvolut zu kurz gewesen.

Möglicherweise gab es aber auch noch mindestens einen anderen Grund. Im aktuellen Entwurf des Klimaschutzprogramms vom Montag, der Klimareporter° vorliegt, ist der Zubau der erneuerbaren Energien zusammengestrichen worden.

In einem Entwurf des Klimaprogramms vom 24. September (Klimareporter° berichtete) waren der Windkraft an Land, über den geltenden Ausbaupfad des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hinaus, zusätzliche 1.000 Megawatt jährlich zugestanden worden – mit dem Ziel, so war weiter schwarz auf weiß zu lesen, im Jahr 2030 eine installierte Leistung von etwa 80.000 Megawatt zu erreichen.

Dieser zusätzliche Ausbau um 1.000 Megawatt jährlich ist aus dem aktuellen Entwurf völlig verschwunden. Auch einen Verweis auf das Ziel von 80.000 Megawatt für 2030 sucht man vergeblich.

Stattdessen wurde auf Seite 39 eine neue Tabelle mit dem voraussichtlichen Ausbau der erneuerbaren Energien eingefügt. Darin wird der Windkraft an Land bis 2030 nur noch ein Ausbau auf 67.000 bis 71.000 Megawatt zugestanden. Anders gesagt: Wind an Land wird im aktuellen Klimaschutzprogramm locker um etwa 15 Prozent zusammengestrichen.

Abschwächungen an weiteren Stellen

Garniert ist die Tabelle mit einer Fußnote, die darauf verweist, dass der exakte Strommix und die installierten Leistungen unter anderem "abhängig von marktgetriebenem Ausbau und technischem Fortschritt" sind. Damit will man offenbar die Verantwortung für einen klimazielgerechten Ökostrom-Ausbau von der Politik wegschieben.

Wenigstens ist es beim erhöhten Ausbauziel für Offshore-Windkraft von 20.000 Megawatt und beim Wegfall des Photovoltaik-Deckels geblieben.

Gestrichen wurde offensichtlich auch im Passus zur Reform der Kfz-Steuer bei Pkw. Geblieben ist zwar der Satz, dass bei Neuzulassungen ab 2021 die Bemessungsgrundlage der Steuer hauptsächlich auf die CO2-Emissionen bezogen und oberhalb von 95 Gramm CO2 je Kilometer in zwei Emissionsstufen erhöht wird.

Im Entwurf vom 24. September waren diese beiden Stufen allerdings noch konkret beziffert: Ab 95 Gramm sollten zusätzlich zwei Euro und ab 115 Gramm zusätzlich 3,50 Euro erhoben werden. Diese konkreten Angaben sind jetzt weg. Medien wie Focus hatten vor angeblich drastisch steigenden Kfz-Steuern gewarnt, die besonders die Nutzung von SUV unattraktiv machen würden.

Nicht enthalten ist im neuen Entwurf des Klimaschutzprogramms 2030 – wie schon im Entwurf vom 24. September – eine ursprünglich mal vorhandene Tabelle, welche konkreten Emissionsminderungen durch die Vielzahl von Einzelmaßnahmen erreicht werden sollen.

In dem neuen Entwurf des Klimaprogramms wird auch die Metamorphose deutlich, die das Ziel für 2050, die Aussage zu einem klimaneutralen Deutschland, nahm. Hieß es am 24. September immerhin noch: "Deutschlands Ziel ist es, Treibhausgasneutralität bis 2050 zu erreichen", ist der entsprechende Satz jetzt noch wesentlich unverbindlicher formuliert: "Deutschland hat sich auf dem UN-Klimaschutzgipfel in New York dazu bekannt, Treibhausgasneutralität bis 2050 als langfristiges Ziel zu verfolgen."

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