Luftaufnahme vom Tagebau Hambach im Rheinischen Braunkohlerevier, gleich daneben ein Windpark.
So viel Wind- wie Kohlestrom: Vor zehn Jahren noch nicht absehbar, fürs Klima dennoch zu wenig. (Foto: Alice D. Didszoleit/​Shutterstock)

Das ablaufende Jahr 2020 sieht Windkraft und Kohlestrom erstmals auf Augenhöhe. Auf beide Erzeugungsarten entfiel jeweils knapp ein Viertel (24 Prozent) der in Deutschland erzeugten Elektrizität. Das gab der Energiebranchenverband BDEW heute in seiner Jahresbilanz bekannt.

Betrachtet man Braun- und Steinkohle wie üblich getrennt, ist Windenergie an Land und auf See (onshore und offshore) mit zusammen knapp 133 Milliarden Kilowattstunden heute der mit Abstand wichtigste Energieträger im deutschen Strommix.

Aus Braunkohle kamen in diesem Jahr fast 92 Milliarden Kilowattstunden, aus Steinkohle 42,5 Milliarden. Die Angaben beruhen teilweise noch auf Schätzungen.

Durch die Corona-bedingten Einschränkungen im wirtschaftlichen und öffentlichen Leben erlebte Deutschland 2020 laut den Angaben einen Rückgang beim Stromverbrauch um 4,4 Prozent auf nunmehr 543,6 Milliarden Kilowattstunden. Noch stärker ging die Erzeugung von Strom zurück – um 6,5 Prozent.

Mit Stromknappheit sah sich Deutschland aber nicht konfrontiert, sondern es wurde weniger Strom exportiert. Der Überschuss beim Stromexport sank um ein Drittel: von knapp 21 Milliarden auf 14 Milliarden Kilowattstunden. Noch immer liefern die deutschen Kraftwerke einen Anteil von zweieinhalb Prozent ihres Stroms ins Ausland.

Während fossile Energieträger und Atomkraft im Strommarkt durchweg Einbußen hinnehmen mussten, stieg der Anteil von Wind, Photovoltaik, Biomasse und anderen Erneuerbaren im Jahr 2020 um mehr als vier Prozent auf insgesamt knapp 252 Milliarden Kilowattstunden. Ihr Anteil an der Bruttostromerzeugung beträgt nunmehr 44,6 Prozent.

Noch höher liegt mit 46,3 Prozent ihr Anteil am Bruttostromverbrauch, vermutlich aufgrund eines geringen Exports von Ökostrom. Diese Quote gilt als Maßstab für das Ziel der Bundesregierung, 2030 einen Anteil von 65 Prozent erneuerbaren Energien am Strommarkt zu erreichen. Somit fehlen noch fast 19 Prozentpunkte.

Deutlich zurückgegangen ist auch dieses Jahr die Stromerzeugung aus Kohle. Sie sank bei der Braunkohle um knapp ein Fünftel und bei Steinkohle um mehr als ein Viertel. Auch Kernkraft weist laut der BDEW-Statistik einen Rückgang auf, vor allem durch die Stilllegung des AKW Philippsburg Ende 2019. Die Stromerzeugung aus Gasanlagen legte leicht um 0,7 Prozent zu.

CO2-Emissionen sanken weniger als im Vorjahr

Entsprechend der Verschiebung der Marktanteile sanken in Deutschland auch die CO2-Emissionen der Energiewirtschaft – auf 217 Millionen Tonnen in diesem Jahr gegenüber 254 Millionen Tonnen im Vorjahr. Der Rückgang ist mit 37 Millionen Tonnen allerdings nicht mehr so stark wie von 2018 zu 2019, als er über 50 Millionen Tonnen betrug.

Bei den gesamten energiebedingten CO2-Emissionen rechnet die brancheneigene AG Energiebilanzen nach heute veröffentlichten Daten mit einem Rückgang von rund 80 Millionen Tonnen in diesem Jahr. Das sind rund zwölf Prozent weniger als 2019. Der Anteil der Energiewirtschaft – vor allem öffentliche Strom- und Wärmeerzeugung sowie Raffinerien – an den energiebedingten Emissionen liegt in der Regel bei 40 Prozent.

Für die weitere CO2-Reduzierung in der Energiebranche werde vor allem ein "entschlossener und schnellerer Ausbau" der Erneuerbaren gebraucht, erklärte BDEW-Chefin Kerstin Andreae heute. Die EEG-Novelle "enthält zwar einige positive Ansätze, wird aber noch nicht ausreichen, um der Energiewende den notwendigen Anschub zu verleihen", ergänzte sie.

Stärker noch als der Stromverbrauch ging in Deutschland nach den Angaben der AG Energiebilanzen der Primärenergieverbrauch zurück – und zwar um 8,7 Prozent gegenüber 2019 und damit auf einen historischen Tiefststand. Im Vergleich zu 2006, dem Jahr mit dem bisher höchsten Energieverbrauch in Deutschland seit der Wiedervereinigung, liegt der Rückgang bei rund 21 Prozent.

Ursachen seien auch hier die Auswirkungen der Coronakrise, außerdem steigende Energieeffizienz, das Wachstum der Erneuerbaren sowie die vergleichsweise milde Witterung. Nach Angaben der Branchen-AG wurde der Effekt der milden Witterung aber dadurch kompensiert, dass die Haushalte die niedrigen Preise nutzten, um ihre Heizölvorräte aufzufüllen.

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