Der Discounter Penny langt richtig zu: Die Packung Wiener Würstchen kostet plötzlich 6,01 statt 3,19 Euro, der Maasdamer Käse 4,84 statt vorher 2,49 Euro, und der Fruchtjoghurt 1,56 statt 1,19 Euro.

Und die Tochter des Rewe-Konzerns macht auch noch Werbung damit. Eine Woche "wahre Preise", kündigt sie auf der Homepage an, und erklärt auch, warum sie das tut: In den Preis fließt nun ein, was die Kunden bei Berücksichtigung der in der Produktion verursachten Umweltschäden eigentlich zahlen müssten.

Vielen dürfte es wie Schuppen von den Augen fallen. Natürlich weiß jeder, dass die Preise heute nicht "die ökologische Wahrheit sagen". Aber wenn man konkret vorgerechnet bekommt, dass ein Würstchen oder ein Stück Käse tatsächlich fast doppelt so teuer sein müsste, um mit dem Geld die Klima-, Wasser-, Boden- und Gesundheitsschäden wieder beheben zu können, die zwischen Acker und Kühltheke entstehen, ist das etwas anderes.

Heute werden die ungedeckten Kosten entweder von den Steuerzahlern übernommen oder in die Zukunft verschoben, zulasten künftiger Generationen. Besonders deutlich ist das beim Klimaproblem, an dem Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie neben Kraftwerken, Industrie und Gebäudesektor einen nicht unerheblichen Anteil haben.

Discounter drücken Erzeugerpreise

In der praxisnahen Aufklärung liegt der Wert der Penny-Aktion. Zu Recht erfährt sie daher viel Aufmerksamkeit. Zudem ist sie mutig – gerade in Zeiten, in denen die allgemeine Inflation die Käufer an der Kasse ohnehin schockiert und weitere Aufschläge gerade von der Kundschaft eines Discounters kaum toleriert werden dürften, so gut sie auch begründet sein mögen.

Trotzdem hat die Sache einen gewaltigen Haken. Den "wahren" Preis hat Penny nur für neun seiner 3.000 Produkte im Sortiment kalkuliert. Die von den anderen 2.991 sind weiter falsch – und bald auch wieder alle.

Kritiker der Aktion nennen das Greenwashing. Das ist zwar unfair gegenüber dem einen Anbieter, der das Problem der ungedeckten Umweltkosten der eigenen Produkte wenigstens einmal mit viel öffentlichem Hallo benennt, während die anderen das lieber nicht so genau darstellen.

Doch es trifft einen wunden Punkt: Tatsächlich haben die großen Lebensmittel-Ketten hierzulande einen großen Anteil daran, dass die Landwirtschaft unter einem enormen Kostendruck steht. Der Zwang, möglichst billig zu produzieren, hat dazu geführt, dass in den letzten Jahrzehnten immer mehr Bauern aufgeben mussten und die restlichen Betriebe eine immer industrieähnlichere Landwirtschaft betreiben.

Auch mehr Rücksicht auf die Umwelt ist unter diesen Bedingungen nur schwer zu erreichen, zumal die EU-Landwirtschaftspolitik trotz mehrerer Ansätze für ein "Greening" der Agrarsubventionen weiterhin das "Wachse oder Weiche" fördert.

 

Es ist der Job der Politik, für einen naturverträglichen Lebensmittelsektor unter anderem durch ökologisch angemessene Preise zu sorgen – und zwar auf allen Ebenen von der EU über den Bund bis zu den Bundesländern. Abgaben auf Stickstoff oder Pestizide, gegen die die Agrarlobby kämpft, dürfen da kein Tabu mehr sein.

Praktisch alle Lebensmittel-Ketten geben sich ein grünes Image, weil viele Kunden für Umwelt- und Klimafragen sensibilisiert sind. Sie arbeiten unter anderen mit großen Umweltverbänden wie WWF oder Nabu zusammen oder wie jetzt bei der "Wahre Preise"-Aktion mit Umweltfachleuten.

Viele dieser Projekte sind durchaus sinnvoll. Doch gerade die aktuelle Penny-Kampagne macht deutlich, wie begrenzt die Wirkung doch ist.

Das zeigt: Die Rahmenbedingungen müssen geändert werden, sonst ändert sich nichts.