Supermarktregal mit sehr vielen Bananen, im Hintergrund unscharf eine Person mit EInkaufswagen und noch mehr volle Regale mit Lebensmitteln
Die Herstellung von Lebensmitteln kann einen stattlichen ökologischen Fußabdruck hinterlassen. (Foto: Stocksnap/​Pixabay)

Beim Discounter und im Supermarkt allzeit verfügbar und gerne gekauft: Gemüse aus Spanien, Kaffee aus Afrika oder Bananen aus Lateinamerika. Doch diese und viele andere Produkte haben beim Anbau und teils in der Verarbeitung einen hohen Bedarf an Wasser – und werden trotzdem allzu oft in Regionen für den Export angebaut, in denen Wasserknappheit herrscht. Ein offenkundiges Problem, das sich in Zukunft wegen des Klimawandels wohl noch verschärfen wird.

Eine jetzt veröffentlichte Befragung der Umweltstiftung WWF mit dem Titel "Wassernotstand im Regal" zeigt, dass es ein großes Potenzial zur Verminderung des Imports von solchem "virtuellen Wasser" gibt – dass das Thema bei den Lebensmittel-Einzelhändlern allerdings noch kaum auf der Agenda steht.

Die Zahlen sind gigantisch. Um eine Tasse Kaffee trinken zu können, sind 140 Liter Wasser nötig, für ein Kilo Weizen werden 1.300 Liter und für ein Kilo Steak sogar bis zu 16.000 Liter aufgewandt. Jeder Deutsche verbraucht so gerechnet pro Tag über 4.000 Liter Wasser. Im Verhältnis dazu fällt der unmittelbare Pro-Kopf-Gebrauch von 123 Litern pro Tag, die unter anderem für Trinken, Kochen und Duschen aus dem Netz gezapft werden, gering aus.

Der WWF warnt, dass sauberes Süßwasser in vielen Ländern knapper ist als in Deutschland und der Bedarf weiter steigt. Daher seien die Discounter und Supermärkte durch ihre Nachfrage auch Treiber von Wasserknappheit und -verschmutzung sowie der damit verbundenen Konflikte in den Anbaugebieten.

Rund 70 Prozent des Süßwassers werden weltweit in der Landwirtschaft verbraucht. Deutschland importiert einen Großteil seiner Lebensmittel, bei Obst sind es 80 Prozent, bei Gemüse 67 Prozent. Laut dem WWF hat jeder im Lebensmittel-Einzelhandel umgesetzte Euro einen "Wasser-Fußabdruck" von rund 47 Litern.

Einzelhandel kümmert sich kaum

Das Ergebnis der Umfrage unter Aldi, Alnatura, Edeka und Co: "Verständnis und Wissen fehlen allerdings noch bei den allermeisten." In der Regel, so die Studie, würden die Unternehmen die "Wasserrisiken ihrer Produkte" kaum kennen. "Bei Produktzertifizierungen spielen nachhaltige Wasserkriterien kaum eine Rolle", sagte WWF-Wasserexperte Johannes Schmiester gegenüber Klimareporter°. Auch die Branchenorganisationen würden das Thema noch nicht anfassen.

Angefragt wurden neben den klassischen Vollsortimentern auch Discounter, Bio- und Online-Händler, und zwar bezogen auf ihre Obst- und Gemüselieferkette. Zehn davon beantworteten den Fragebogen – der Rest nicht, darunter Amazon Fresh, Kaufland und auch der Bioanbieter Dennree/Denn’s.

Das fordert der WWF

Die Umweltorganisation will die Lebensmittelketten in die Pflicht nehmen. Sie sollen intern ein Bewusstsein für das Problem schaffen, gemeinsame Aktionen und Projekte mit Landwirten vor Ort planen, Druck auf die Politik ausüben und ihre Konsumenten informieren.

Schmiester zum Hintergrund der Befragung: "Wasser wird zunehmend zum Wirtschaftsrisiko, denn in den Obst- und Gemüseabteilungen deutscher Supermärkte stammt die Ware oft aus trockenen Regionen mit künstlicher Bewässerung." Doch auch andere Lebensmittel seien "durstig", wie sich etwa an den hohen Werten für Kaffee und Fleisch zeigt.

Doch in den Chefetagen der deutschen Supermarkt- und Discounter-Ketten werde "das Thema bislang noch ausgeklammert", kritisierte der Experte. Dabei trage der Lebensmitteleinzelhandel eine große Verantwortung, denn seine Einkaufsentscheidungen beeinflussten die Verfügbarkeit und Qualität von Wasser in den weltweiten Anbaugebieten. Und umgekehrt gelte: "Wasserknappheit andernorts hat Einfluss auf Preis, verfügbare Mengen und Qualität unserer Supermarktprodukte", so Schmiester.

Auch Bio-Anbieter sind nachlässig

Der WWF moniert, den Unternehmen fehle häufig das Verständnis, dass Wassernutzung und -verschmutzung über den einzelnen Anbau-Betrieb hinaus betrachtet werden müssten und die Bedürfnisse der Wassernutzer auf- und abwärts eines Flusses zu berücksichtigen seien.

Wo dieses Wissen vorhanden ist, werde daraus kaum strategisches Handeln abgeleitet – etwa, um Einkaufs-Anforderungen anzupassen, Zertifizierungen anzufragen und sich mit den Produzenten in den betroffenen Gebieten zu engagieren. Auch würden die Konsumenten nicht über das Problem des virtuellen Wassers aufgeklärt, und es gebe keine Transparenz.

Relativ gut in der WWF-Bewertung der Antworten aus den Fragebögen schneiden Edeka und Netto ab, die beide zum selben Konzern gehören, während ausgerechnet der Bio-Supermarkt Alnatura schlecht wegkommt.

Dass eines der Vorzeigeunternehmen der Biobranche in diesem Punkt abfällt, erläutert Schmiester so: Die Bio-Märkte generell orientierten sich bei Obst und Gemüse am offiziellen EU-Bio-Standard, der das Problem des virtuellen Wassers kaum berücksichtigt. "Insgesamt tut Alnatura sehr viel für eine nachhaltige Landwirtschaft", stellt er klar. Doch beim Thema Wasser gebe es auch bei den Bioanbietern Nachholbedarf.

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