Hier ist das Innere des Bonner Kongresszentrums zu sehen
Blick in das Bonner Kongresszentrum während der diesjährigen Frühjahrskonferenz. (Foto: Reimund Schwarze)

Klimareporter: Herr Cerda, wofür wird eine Indigene Plattform unter dem Dach der Klimarahmenkonvention benötigt?

Johnson Cerda: Die Plattform soll einen Raum schaffen, in dem unser indigenes Wissen über Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen mit den Regierungen geteilt werden kann. Denn damit wir die 1,5 Grad einhalten, müssen die Länder ihre Ambitionen zur Reduzierung von Treibhausgasen stark erhöhen. Das Wissen der indigenen Gemeinden kann dabei helfen und wir können und wollen damit einen wertvollen Beitrag für Klimaschutz leisten.

Ist die Plattform auch eine Form der Ermächtigung der indigenen Bevölkerung auf dem internationalen Parkett der Klimadiplomatie?

Ja, denn Menschenrechte sind auch Indigenen-Rechte. Wir sind beunruhigt, da manche Klimaschutzmaßnahmen, die von Regierungen ergriffen werden, sich negativ auf unsere Rechte auswirken.

Ein Beispiel?

Ein Beispiel sind die großen Staudämme. Sie werden in Südamerika gebaut, um die Abhängigkeit von fossilen Energien zu verringern. Aber die lokale indigene Bevölkerung, die unterhalb des Dammes in Flussnähe lebt, wird nicht gefragt. Die Landnahmen und Zwangsumsiedlungen im Zuge des Baus verletzen ihre Menschenrechte.

Mit der Plattform möchten wir deshalb auch erreichen, dass die Perspektive und die Rechte der indigenen Gemeinschaften bei Klimaschutzmaßnahmen berücksichtigt und sie bei Entscheidungen einbezogen werden.

In den letzten zwei Wochen wurde in Bonn lange über die Plattform verhandelt. Was hätte hier passieren sollen?

In Bonn sollte eine Arbeitsgruppe entstehen, die die Einrichtung der Plattform vornimmt. Bestehend aus sieben Vertretern der Staaten und sieben Vertretern, die von den indigenen Gemeinschaften bestimmt werden. Dort sollte unter anderem diskutiert werden, welches Wissen wir Indigenen mit den Staaten teilen möchten, damit es Teil ihrer Politik wird.

Außerdem müssen wir "Safeguards" entwickeln – Schutzmechanismen, um indigenes Wissen, das wir nicht teilen möchten, effektiv zu schützen.

Zur Person

Johnson Cerda ist Anwalt und Vertreter seiner indigenen Gemeinschaft, der Kichwa-Indianer von Limoncocha aus dem ecuadorianischen Regenwald. Er setzt sich für die Partizipationsrechte indigener Völker ein. (Foto: Kathrin Henneberger)

Wie geht es jetzt mit der Plattform weiter? Was sind die nächsten Verhandlungsschritte?

Wir werden jetzt auf der COP 24, dem nächsten Klimagipfel im Dezember in Polen, weiterverhandeln müssen, um die Arbeitsgruppe einsetzen zu können. Zwei zentrale Probleme sollten dort behoben werden: Die Frage, inwieweit indigene Gemeinden Rechte erhalten, sich zu repräsentieren. Und zweitens, wie sie an Verhandlungsprozess partizipieren können.

Für die Vertreter der chinesischen Delegation ist beispielsweise sehr wichtig, dass die "Souveränität" ihrer Regierung gewährleistet ist.

China unterstützt die Einrichtung der Plattform?

Ja, Chinas Vertreter haben mehrmals klar gesagt, dass sie die Plattform unterstützen. Das Problem ist, dass sie mitbestimmen möchten, welche Vertreter die Indigenen in die Arbeitsgruppe zur Einrichtung der Plattform entsenden. Denn sie befürchten sonst – und dies sind die Worte der chinesischen Delegation –, dass auch "Terroristen" Teil der Arbeitsgruppe werden könnten.

Diesem Wunsch nach Kontrolle entgegenzukommen ist für uns indigene Vertreter natürlich sehr schwierig. Wir möchten selbst bestimmen, wer uns vertritt.

Wer wird in diesem Zusammenhang "Terrorist" genannt?

Das muss die chinesische Delegation definieren. Was sie aber verhindern möchte, ist, dass indigene Gemeinden in China hervortreten und ihre Meinung frei äußern. Deshalb ist sie sehr darauf bedacht, die Arbeit der Indigenen Plattform mitkontrollieren zu können.

Erhält die Indigene Plattform Unterstützung von der Europäischen Union?

Die Europäische Union unterstützt die Bildung der Plattform. Aber einer der Gründe, weshalb sich die Verhandlungen in Bonn verzögert haben, ist, dass es zu Beginn bei den Staaten eine große Unsicherheit darüber gab, was die Indigenen mit der Plattform erreichen möchten. Wir mussten drei Tage lang erklären, worum es uns geht und was unsere genauen Absichten sind. Da haben wir mehr erwartet, aber so sind nun mal die Klimaverhandlungen.

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