Im Jahr 2050 gibt es in den Meeren mehr Plastik als Fisch. Das liegt aber nicht nur an der zunehmenden Plastikverschmutzung, sondern auch an der Überfischung. Mehr als 20 Prozent der Fischbestände sind "kollabiert" und weitere 40 Prozent sind überfischt (siehe Grafik unten).
Die Ozeane sind damit ein Musterbeispiel für die "Tragik der Allmende". Weil jeder so viel fischen darf, wie er will, wird die gemeinsame Ressource übernutzt.
"Die rechtliche Regulierung der hohen See ist derzeit schwach, fragmentiert und ungeeignet, um den Gefahren des 21. Jahrhunderts zu begegnen – vom Klimawandel und der Überfischung bis zur Plastikverschmutzung und dem Verlust an Lebensräumen", sagt Peggy Kalas von der High Sea Alliance, einem Verbund von über 40 Umweltorganisationen.
Dieser Missstand soll nun mit einem internationalen Vertrag behoben werden. Am gestrigen Montag ist in New York die erste Konferenz zur Ausarbeitung eines Abkommens zum Schutz der Artenvielfalt der Hochsee zu Ende gegangen.
Dort haben sich die Länder darauf geeinigt, dass die Vorsitzende, Rena Lee aus Singapur, einen ersten Entwurf des Verhandlungstexts ausarbeitet. Nach drei weiteren Verhandlungsrunden soll dann im Jahr 2020 der Vertrag verabschiedet werden.
Nur ein Prozent der Hochsee steht unter Schutz
Mit diesem Vertrag soll die Möglichkeit geschaffen werden, Schutzgebiete in der Hochsee auszuweisen. Bisher ist dies in internationalen Gewässern fast unmöglich. Daher steht weniger als ein Prozent der Hochsee unter Schutz.
Umweltorganisationen hoffen, dass langfristig der Fischfang außerhalb der 200-Meilen-Zone komplett verboten wird. Eine neue Studie zeigt, dass dies ohne Konsequenzen für die Versorgung mit Fisch möglich wäre. Nur 2,4 Prozent aller Fische stammen aus der Hochseefischerei.
"Wenn wir aufhören, Hochseefisch zu essen, hätte das keinen großen Einfluss auf die globale Nahrungssicherheit", sagt Laurenne Schiller, die Hauptautorin. Außerdem würden die Fangmengen innerhalb der 200-Meilen-Zone der Länder zunehmen. "Unsere Arbeit hat gezeigt, dass die globale Fangmenge sogar größer sein könnte mit einem Bann der Hochseefischerei", sagt Daniel Pauly, Fischereiexperte an der Universität von British Columbia in Kanada.
Außerdem wären die Fangmengen "gleichmäßiger verteilt". Das liegt daran, dass nur sehr wenige Länder eine hochseetaugliche Fischereiflotte haben. Fünf Länder fangen zwei Drittel aller Hochseefische: China, Taiwan, Japan, Südkorea und Spanien. Diese Länder hätten "ein Monopol auf die Fischerei in der Hochsee, die eigentlich allen gehören sollte", beklagt Pauly.
Ohne hohe Subventionen unrentabel
Dass nur wenige Länder in internationalen Gewässern fischen, hat einen simplen Grund: Es ist meist unrentabel. Das ist das Ergebnis einer weiteren Studie: "Das heutige Ausmaß der Hochseefischerei wird durch hohe Subventionen ermöglicht, ohne die 54 Prozent der Fischgründe in der Hochsee unrentabel wären."
Pauly glaubt dennoch nicht, dass demnächst die komplette Hochsee für den Fischfang gesperrt wird. Anfangs würden wohl nur Schutzgebiete in besonders abgelegenen Meeresgebieten ausgewiesen. Trotzdem ist der Fischereiexperte optimistisch: "Vor fünf Jahren hat noch keiner über ein Verbot der Hochseefischerei geredet und jetzt ist es auf der Agenda und die UNO zieht es Betracht."
Hilfreich ist hier auch, dass die Einhaltung von Fischereiverboten immer besser überwacht werden kann. Vorreiter ist Global Fishing Watch (GFW), eine Allianz des Internetkonzerns Google und der Umweltorganisationen Skytruth und Oceana. GFW überwacht die Weltmeere mithilfe von Satelliten und kann aufgrund der Bewegungsmuster von Schiffen erkennen, ob diese fischen.
Ein kleiner Teil der Hochsee könnte aber auch ohne den neuen Vertrag geschützt werden: Im Oktober tagt die Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCAMLR) und muss über einen EU-Vorschlag entscheiden. Danach sollen 1,8 Millionen Quadratkilometer Meer unter Schutz gestellt werden.
Die Chancen dafür stehen gut, da selbst der Verband der Krillfischer dafür ist und bereits einen freiwilligen permanenten Fangstopp verfügt hat. Andrea Kavanagh von der US-Stiftung Pew Trusts nannte dies einen "wirklich visionären Schritt, dem mehr kommerzielle Fischer in der Antarktis und rund um die Welt folgen sollten".