Braunkohlekraftwerk im Rheinland in der Abenddämmerung, vorn Kohlezüge.
Der Ausstieg aus der Kohle muss schneller gehen, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen. (Foto: Rafael Classen/​Shutterstock)

Trotz deutlicher Zeichen der Klimakrise wie zunehmender Hitzewellen und zerstörerischer Waldbrände wollen die Menschen noch mehr Kohle, Gas und Erdöl verheizen.

Einem heute veröffentlichten Bericht zufolge planen die Länder der Erde, bis 2030 rund 50 Prozent mehr fossile Brennstoffe zu produzieren, als mit dem Ziel vereinbar wäre, die Erderwärmung im weltweiten Durchschnitt auf zwei Grad gegenüber vorindustrieller Zeit zu begrenzen.

Dabei hatte sich die internationale Staatengemeinschaft 2015 in Paris vorgenommen, die Erderwärmung bei deutlich unter zwei Grad zu stoppen, möglichst sogar bei 1,5 Grad.

Nimmt man das 1,5-Grad-Ziel als Maßstab, steuert die Welt für 2030 bislang einen Kurs, bei dem 120 Prozent mehr von dem Treibhausgas CO2 ausgestoßen werden als erlaubt. Das haben das UN-Umweltprogramm Unep sowie mehrere Forschungsinstitute wie SEI, IISD, ODI und der britische Umwelt-Thinktank E3G errechnet und heute im diesjährigen Production Gap Report veröffentlicht.

Um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten, müsste die Produktion fossiler Brennstoffe in den nächsten zehn Jahren um mindestens sechs Prozent jährlich sinken. Stattdessen – so die Prognose anhand der Planungen – wird die Produktion jedes Jahr um zwei Prozent steigen. 

Besonders groß ist die Lücke zwischen Klima-Versprechen und realen Plänen bei der Kohle: Um elf Prozent müsste die weltweite Kohleproduktion in jedem der nächsten zehn Jahre sinken, um auf einem 1,5-Grad-Pfad zu bleiben. Die Produktion von Erdöl und Erdgas müsste jährlich um vier beziehungsweise drei Prozent zurückgehen.

"Dieser Trend ist besorgniserregend", sagte Mitautor Michael Lazarus vom Stockholm Environment Institute (SEI). "Die Forschung ist mehr als eindeutig: Wir stehen vor schweren Störungen des Klimas, wenn die Staaten weiterhin fossile Brennstoffe auf heutigem Niveau produzieren – ganz zu schweigen von dem Wachstum, das sie planen."

Ähnlich klar sei die Forschung bei der Lösung, so Lazarus. Nötig sei demnach eine Regierungspolitik, die sowohl die Nachfrage als auch das Angebot von fossilen Brennstoffen senke und alle derzeit noch von Kohle, Gas und Öl abhängigen Regionen bei der Transformation unterstütze. 

"Corona hat die fossile Abhängigkeit verschlimmert"

Der Production Gap Report wird in diesem Jahr zum zweiten Mal veröffentlicht. Er stellt die Klimazusagen der Regierungen den tatsächlich hergestellten Mengen fossiler Brennstoffe gegenüber. Seit dem letztjährigen Report hat sich die Produktionsmenge nur geringfügig verringert.

Dabei seien die fossilen Brennstoffe schon lange nicht mehr Motor für Wirtschaftswachstum, betonte Michael Lazarus. Vor allem große Exporteure wie Saudi-Arabien, Russland und die USA müssten ihre Produktion noch schneller reduzieren.

Die Corona-Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung werden die fossile Brennstoffproduktion nach ersten Schätzungen in diesem Jahr um bis zu sieben Prozent sinken lassen. Allerdings warnen die Autor:innen des Production Gap Report, dass die Planungen der Konjunkturmaßnahmen zur Krisenüberwindung auf eine Fortsetzung des globalen Wachstums fossiler Brennstoffe hindeuten.

Demnach haben die Regierungen der G20-Staaten mehr als 230 Milliarden US-Dollar für Covid-19-Maßnahmen in Sektoren zugesagt, die für die Produktion und den Verbrauch fossiler Brennstoffe verantwortlich sind. Weitaus weniger Unterstützung (etwa 146 Milliarden US-Dollar) sollen klimaverträgliche Technologien wie erneuerbare Energien und Energieeffizienz erhalten.

"Leider haben wir in diesem Jahr gesehen, dass viele Regierungen den Verbrauch fossiler Brennstoffe verdoppelt haben und die Abhängigkeit von ihnen noch schlimmer geworden ist", warnte Ivetta Gerasimchuk vom International Institute for Sustainable Development (IISD) in Kanada, eine weitere Autorin des Berichts.

"Stattdessen sollten die Regierungen die Mittel zur Konjunkturbelebung in wirtschaftliche Diversifizierung und einen Übergang zu sauberer Energie stecken", sagte Gerasimchuk. Das habe langfristig ein größeres Potenzial für Wirtschaft und Beschäftigung.

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