Mehrere Spielautomaten in einer Spielhalle
Die neuen Technologien erscheinen beherrschbar, die Risiken kalkulierbar. (Foto: Bruno Glätsch/​Pixabay)

Die Kernfrage bei der Nutzung technischer Möglichkeiten ist, in welche Interessen, kulturellen Werte und Gefahrenbewertungen sie eingeordnet sind. Dies entscheidet darüber, ob die Technologien zum Vorteil oder zum Schaden von Mensch und Natur eingesetzt werden.

Das gilt in besonderer Weise für militärisch einsetzbare Technologien und die Steuerung von Waffen. Dazu zählen seit den 1980er Jahren auch die mögliche Installierung von Raketensystemen im Weltall, die zum Beispiel mit dem Vorwand eines Meteoritenschutzes für die Erde begründet wurden, aber tatsächlich Gegner abschrecken und unter Druck setzen sollten.

Diese "Star Wars"-Rüstungsidee war unter US-Präsident Ronald Reagan gegen die damalige Sowjetunion gerichtet. Heute kommt sie wieder hoch, auch um der aufstrebenden Macht China militärische Grenzen aufzuzeigen.

Das bekommt eine brisante Aktualität, nachdem der INF-Vertrag über Mittelstreckenraketen mit Atomsprengköpfen aufgekündigt ist und die Fortsetzung der Rüstungskontrolle generell zu scheitern droht. Die militärischen Großmächte investieren massiv in die atomare Aufrüstung. Doch bisher stehen die neu aufkommenden Gefahren der nuklearen Rüstung viel zu wenig in der öffentlichen Aufmerksamkeit.

Die Aufrüstung muss auch vor dem Hintergrund neuer ökologischer und technologischer Gefahren gesehen werden, mit denen sich das Centre for the Study of Existential Risk (CSER) im englischen Cambridge beschäftigt. Neue Gefahrenherde sind danach zusammenbrechende Ökosysteme etwa durch ungebremste anthropogene Klimaveränderungen oder anhaltende Zerstörung der Biodiversität, zweitens globale biologische Risiken durch den massiven und leichtfertigen Einsatz gentechnischer Verfahren und drittens die ungebremste Entwicklung künstlicher Intelligenz.

Die Zuspitzung der globalen Umweltzerstörung untergräbt die Sicherheit vieler Menschen vor allem in armen Weltregionen, die nicht über die technischen und finanziellen Mittel verfügen, sich zumindest für eine Übergangszeit schützen zu können. Dazu gehören vor allem afrikanische Staaten, asiatische Küstenregionen und pazifische Inselstaaten.

Aber auch wichtige Rohstoffe werden knapp, aus Verteilungskämpfen können Ressourcenkriege werden. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen (WBGU) hat die Gefahren detailliert aufgezeigt. Zu befürchten ist, dass die Konfliktintensität in den nächsten Jahren durch den steigenden Ressourcenverbrauch und die zunehmende Eingriffsintensität in die natürlichen Lebensgrundlagen massiv zunimmt.

Gentechnik erlaubt immer riskantere Eingriffe

Hinzu kommen die bis heute noch zu wenig erkannten Gefahren aus der zufälligen oder absichtlichen Anwendung der neuen gentechnischen Verfahren, die unter dem Namen Crispr‑Cas öffentlich bekannt wurden. Das sind relativ einfache und kostengünstige Verfahren für gezielte Eingriffe in das Genom von Lebewesen.

Die ökologisch beunruhigendste Form ist die "Gene Drive"-Methode, die zur gezielten Ausrottung von Tierarten führen kann. Die Methode besteht im Kern darin, Gene oder Gen-Fehlstellen, die typischerweise nur auf einem von zwei homologen Chromosomen-Strängen vorkommen, auf den anderen Strang zu kopieren. So kann die Ausbreitung auch tödlicher Defekte herbeigeführt werden.

Porträtaufnahme von Ernst Ulrich von Weizsäcker.
Foto: IFP

Ernst Ulrich von Weizsäcker

stand dem Thinktank Club of Rome bis 2018 sechs Jahre als Co-Präsident vor. Der Biologe und Physiker war Präsident der Universität Kassel, leitete dann mehrere Institute und wurde 1991 Gründungs­präsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie. 1998 bis 2005 war er Bundestags­abgeordneter.

Was vordergründig positiv begründet wird, zum Beispiel mit der Möglichkeit, die Malariamücke gentechnisch auszumerzen, ist bei genauerem Hinsehen zwiespältig. So spielt die Malariaübertragung im Leben dieser Mücke kaum eine Rolle, aber ihre ökologische Funktion ist sehr umfangreich, etwa als Nahrung für Fische und Amphibien.

Das Pentagon interessiert sich für solche Technologien. Nicht auszuschließen ist die Verwendung von Gene Drive zur Schädigung oder sogar Ausrottung von missliebigen Menschengruppen. Das naive Herumhantieren mit dieser Technologie ist schlicht unverantwortlich.

Das CSER hat auch die Risiken künstlicher Intelligenz beschrieben. Eine mögliche Superintelligenz wird beispielsweise schnell merken, dass der Mensch eine große Gefahr für ihre Existenz ist. Also wird sie versuchen, ebendiese Gefahr auszuschalten. Und dann müssen wir befürchten, dass sich diese künstliche Intelligenz Zugriff zu Massenvernichtungswaffen verschafft. Wer kann dann noch Sicherheit für die Menschheit garantieren?

Die Risikoforscher vom CSER reihen auch das sogenannte Geoengineering unter die Techniken ein, die einmal die Existenz der Menschheit gefährden könnten. Wenn beispielsweise eine künstliche Abkühlung der Erde, die den Treibhauseffekt abmildern soll, durch ungeplante Kettenreaktionen zu einer neuen Eiszeit führt, ist zumindest die Ernährung der Acht-Milliarden-Menschheit nicht mehr möglich.

Wissenschaft und Politik können es sich nicht leisten, solche brisanten Gefahren zu ignorieren.

 

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