Statt rund 98.000 Anträgen zur Wärmepumpen-Förderung wie im Vorjahreszeitraum wurden im vergangenen Halbjahr nur 49.000 gestellt. (Bild: Klikkipetra/​Shutterstock)

So wichtig ein offener politischer Diskurs ist, so schädlich sind populistische Kampagnen. Besonders die Wärmepumpe wurde im Streit um das Gebäudeenergiegesetz von der politischen Opposition zum Feindbild stilisiert.

Das trägt nun Früchte. Um knapp 50 Prozent sind die Förderanträge für Wärmepumpen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa)  im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen, wie die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) am Dienstag berichtete. Auch die Absatzzahlen von Gebäudedämmungen sind um knapp 15 Prozent gesunken.

Vor dieser Entwicklung warnen Branchenverbände bereits seit einigen Monaten. Das Zögern vieler Hauseigentümer:innen liegt nicht zuletzt auch daran, dass nach wie vor unklar ist, wie das geplante Fördersystem für neue Heizungen ab 2024 aussehen soll.

Dass das Bundesverfassungsgericht die weiteren Beratungen über das Gesetz gestoppt hat, trägt nicht zur Klärung der offenen Fragen bei. "Unsere Betriebe wissen nicht, wie sie rechtssicher beraten können, wie es mit der Förderkulisse weitergeht. Da kann es nicht überraschen, dass Verbraucher und Firmen in der derzeitigen Lage lieber abwarten", sagte Frank Ebisch vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) der WAZ.

Tatsächlich könnte es sich für Verbraucher:innen auch lohnen, abzuwarten, bis in ihrer Gemeinde eine kommunale Wärmeplanung existiert. Ziel der Wärmeplanung ist es nämlich, für jede Kommune den bestmöglichen Pfad der Wärmewende zu definieren.

Zentraler Bestandteil ist die Frage, wo bestehende Wärmenetze ausgebaut und neue entstehen sollen. Denn während in den Medien über neue Heizungen rauf und runter diskutiert wurde, sind sich viele Expert:innen einig, dass sich die Frage nach einem neuen Heizsystem für viele Haushalte gar nicht stellen wird.

Wärmepumpe um ein Vielfaches effizienter als Wasserstoff-Heizung

"Gebäude – egal ob Neubau oder Bestand – sollten an ein Wärmenetz angeschlossen werden, wenn sich eines in der Nähe oder im Bau befindet", erklärt Janna Hoppe vom Thinktank Agora Energiewende. Selbst der Anschluss an ein fossil betriebenes Wärmenetz sei langfristig sinnvoll, da diese besonders gut auf Erneuerbare Energien umrüsten können und die Betreiberfirmen zur schrittweisen Umstellung auf CO2-freie Wärme verpflichtet werden sollen.

Ein Wärmenetz lohnt sich im Grunde überall dort, wo die Bevölkerungsdichte ein gewisses Maß erreicht. In Gebieten, in denen kein Wärmenetz existiert oder geplant ist, sei die dezentrale Wärmepumpe in den allermeisten Fällen "die Technologie der Wahl", sagt Hoppe.

Selbst in un- oder teilsanierten Bestandsgebäuden erreicht eine Wärmepumpe laut der Expertin eine durchschnittliche Effizienz von 300 bis 400 Prozent. Also mit zum Beispiel zehn Kilowattstunden Strom erzeugt eine durchschnittliche Wärmepumpe dann 30 bis 40 Kilowattstunden Wärme.

Bei der Herstellung von grünem Wasserstoff geht hingegen viel Energie verloren. Das Bundesforschungsministerium geht davon aus, dass die Effizienz bei der Herstellung von grünem Wasserstoff bei nur rund 70 Prozent liegt – 70 Prozent der Energie, die für die Elektrolyse aufgewendet wird, werden im Wasserstoff gebunden.

Im Effizienzvergleich schneiden Wasserstoff-Heizungen im Vergleich zu Wärmepumpen deshalb immer um mindestens den Faktor fünf schlechter ab, bestätigt der wissenschaftliche Geschäftsführer des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu), Martin Pehnt, im Gespräch mit Klimareporter°. Dass es kein Zukunftsszenario gibt, in dem Wasserstoff bei der direkten Beheizung von Gebäuden eine relevante Rolle spielt, zeigte auch eine Meta-Analyse vom Herbst letzten Jahres.

Auch in Wärmenetzen werden Wasserstoff-Heizungen aller Voraussicht nach kaum eine Rolle spielen. Laut einer jüngst veröffentlichten Studie von Agora Energiewende könnten Großwärmepumpen 70 Prozent der Fernwärme bereitstellen.

Neben Großwärmepumpen kann ein Wärmenetz auch von einer Solarthermie-Anlage oder von industrieller Abwärme gespeist werden. In manchen Teil Deutschlands, etwa im Oberrheintal oder zwischen Donau und Alpen, ist auch die tiefe Geothermie eine mögliche Wärmequelle.

"Heiz-Polizei" und "Energie-Stasi"

Aus Sicherheitsgründen sollen größere Wärmenetze ohnehin in der Regel von mehreren Wärmequellen versorgt werden. "Für die wenigen sehr kalten Stunden im Jahr gehören dazu auch Spitzenlasterzeuger", sagt Pehnt. "Der kann mit Wasserstoff, aber auch mit Biomasse oder in Form eines Elektrokessels mit Strom betrieben werden."

Wo sich nun was wirklich eignet, soll eben über die kommunale Wärmeplanung geregelt werden. Diese soll nach jetzigem Stand 2028 für das gesamte Bundesgebiet vorliegen – Ausnahmen bilden kleinere Gemeinden.

Es sind also noch ein paar Jahre hin. Aber schneller geht es wohl nicht. Für einen genauen Plan müssen die Kommunen nämlich wissen, wie hoch der Heizbedarf von Gebäuden und Unternehmen ist und womit diese gegenwärtig heizen. Derartige gebäudescharfe Daten fehlen bisher.

Einige Medien und die politische Opposition wittern schon den nächsten "Skandal". Während Bild und andere von "Heiz-Polizei" und die CDU von "Energie-Stasi" reden, sind sich Expert:innen einig, dass eine bundesweite Wärmeplanung der effizienteste Weg zur klimaneutralen Wärmewende ist.

Und auch wenn sich die Heizungsentscheidung, dadurch noch ein wenig verzögert, bedeutet das nicht, dass nichts getan werden kann. Denn neben der Überlegung, woher die Wärme kommen soll, stellt sich auch die Frage, wie der Bedarf gesenkt werden kann.

"Eine energetische Sanierung – Dämmung von Wänden, Dach und Decken, Austausch der Fenster – ist die effektivste Maßnahme, um den Energieverbrauch von Gebäuden dauerhaft zu senken", sagt Agora-Expertin Hoppe. Flächendeckende Sanierungen sind allerdings zeitaufwendig und teuer, weshalb auch niedrigschwellige und kurzfristig umsetzbare Maßnahmen relevant sind.

Dazu gehört zum Beispiel der hydraulische Abgleich. Dabei werden die Heizkörper im Haus so eingestellt, dass die Wärme gleichmäßig verteilt wird. Im Mittel spart das 7,5 Prozent, teilweise aber auch bis zu 20 Prozent des Jahresenergieverbrauchs ein.