Das Oberste Gericht Irlands hat die Regierung zur Erarbeitung eines neuen Klimaplans bis 2050 verpflichtet. Geklagt hatte die Organisation Friends of the Irish Environment.
Es geht nicht darum, wie ambitioniert das Klimaziel selbst ist. Das wird aller Voraussicht nach ohnehin bald angepasst, da die Europäische Union sich vornehmen will, bis 2050 klimaneutral zu werden.
Irland hatte sich 2015 dazu verpflichtet, seine CO2-Emissionen bis 2050 um 80 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Im aktuellen Fall geht es um den 2017 beschlossenen Fahrplan, der das Klimaziel mit Maßnahmen hinterlegen sollte. Das Gericht hält es jedoch nicht für plausibel, dass die Strategie Irland auf den versprochenen Pfad bringt.
Zu vage bleibe der Plan, heißt es in dem Urteil. "Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass der Klimaplan bei Weitem nicht konkret genug ist", schreibt Frank Clarke, Präsident des Obersten Gerichts. Damit erfüllt die Regierung nach Ansicht des Gerichts ihren gesetzlichen Auftrag nicht. Sie muss jetzt eine neue Strategie erarbeiten.
Die Regierung hatte die Unvollständigkeit ihres Plans damit verteidigt, dass es sich um ein "lebendes Dokument" handele, das einen Prozess einleite. Richter Clarke räumte zwar ein, dass eine geringere Detailgenauigkeit bei einem so langen Zeitraum verständlich sei. Generell habe die Öffentlichkeit aber ein Recht darauf zu erfahren, "wie die Regierung ihre Versprechen für das Jahr 2050 einzuhalten gedenkt", so Clarke. Insgesamt waren sieben Richter:innen an dem Urteil beteiligt.
Der High Court, Irlands oberstes Zivil- und Strafgericht, hatte den Fall zuvor abgewiesen und Friends of the Irish Environment war in Revision gegangen. Unter anderem hatte das Gericht argumentiert, ein Urteil zur Klimapolitik könne die Gewaltenteilung gefährden. Das sieht das Oberste Gericht anders. Die Ziele zur CO2-Minderung seien kein politisches Unterfangen mehr, in das sich die Rechtsprechung unzulässig einmische, sie seien schließlich längst Gesetz.
"Gerichte können eine wichtige Rolle in dieser Krise spielen"
Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Umwelt David Boyd sprach von einem "wegweisenden Urteil", das die Dringlichkeit des Klimaschutzes anerkenne und einen Präzedenzfall für Gerichte in aller Welt schaffe.
Die Klimabewegung feiert ihren Erfolg. "Die Regierung darf keine Versprechen mehr machen, die sie dann nicht einhält", sagte die Klimaaktivistin Beth Doherty von Fridays for Future Irland.
"So großartig der juristische Sieg auch ist, die wirkliche Arbeit kommt jetzt, wenn ein neuer Klimaplan aufgestellt wird", fügte Clodagh Daly vom Netzwerk Climate Case Ireland hinzu, das Unterschriften für die Klimaklage gesammelt hatte.
Im Jahr 2015 hatte es in den Niederlanden einen ähnlichen Fall gegeben. Damals ging es sogar um das Klimaziel selbst. Es zeichnete sich ab, dass die Niederlande bis 2020 nur 17 Prozent der Treibhausgasemissionen von 1990 einsparen würden. Zu wenig für ein Industrieland, fand die Stiftung Urgenda und klagte.
Ein Gericht in Den Haag gab ihr recht. Der Staat müsse den Ausstoß der klimaschädlichen Gase stattdessen um mindestens 25 Prozent verringern. Die niederländische Regierung ging in Revision. Im vergangenen Dezember bestätigte das Oberste Gericht des Landes das ursprüngliche Urteil.
Urgenda-Chefin Marjan Minnesma gratulierte nun ihren irischen Mitstreiter:innen. "Irlands Oberstes Gericht ist einen historischen Schritt gegangen, der Menschen überall in der Welt Hoffnung geben wird", sagte sie. "Wenn Regierungen den Sorgen der Menschen in Bezug auf den Klimawandel kein Gehör schenken, können Gerichte eine wichtige Rolle in dieser Krise spielen, wie das Urteil zeigt."