Sandstrand, karg bewachsen, im Hintergrund kleiner Streifen blaues Meer und kalt-heller Himmel
Die ostfriesische Insel Juist in der Nordsee: Auch in Mitteleuropa wird die Klimakrise Strände vernichten. (Foto: Allie Caulfield/​Flickr)

Flache Küsten, wie Deutschland sie hat, sind schon mal ungünstig. Die Klimaerhitzung fördert unter anderem durch den Meeresspiegelanstieg die Erosion an Küsten – und gefährdet damit besonders die lockeren Böden von Sandstränden, die weltweit etwa ein Drittel der Küsten ausmachen.

Ein Forschungsteam der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission hat die zu erwartenden Auswirkungen nun in einer Studie beziffert, die gerade im Fachmagazin Nature Climate Change veröffentlicht wurde. "Unsere Forschung zeigt, dass fast die Hälfte der weltweiten Sandstrände in Gefahr ist, wenn wir den Ausstoß von Treibhausgasen nicht drastisch reduzieren", sagt Leitautor Michail Vousdoukas.

Sandstände sind, wie es in der Studie heißt, von "hohem sozioökonomischen Wert". An den Stränden tummeln sich Badelustige, auch die örtliche Bevölkerung erholt sich dort, außerdem sind sie wie natürliche Schutzstreifen zwischen Land und Meer bei Fluten.

Erosion ist ein natürlicher Prozess: Das Meer schwemmt kleine Sandkörnchen weg, immer wieder. Der Prozess wird den Menschen gefährlich, wenn sie nahe an der Küste leben oder wirtschaften. Und nun verschärft der Klimawandel, der den Meeresspiegel steigen und teilweise Stürme stärker werden lässt, das Problem noch massiv. 

Klimaschutz macht einen großen Unterschied

Die am stärksten bedrohten Regionen liegen der Studie zufolge im Osten Nordamerikas, in Süd- und Westasien, in Australien, in der Karibik, aber auch in Mitteleuropa.

Vousdoukas' Forschungsteam hat sich für die Projektion die Veränderungen von Sandstränden in der Vergangenheit angesehen, wie sie Satellitenbilder aus der Zeit von 1984 bis 2015 zeigen.

Diese Daten dienten als Grundlage, um die erwartbaren Veränderungen bis 2100 durch Computersimulationen zu berechnen. Wie stark oder schwach diese ausfallen, hängt natürlich davon ab, wie die Welt nun mit der Klimakrise umgeht. Steigt die Temperatur auf der Erde im globalen Durchschnitt stärker, ist mit einem größeren Meeresspiegelanstieg zu rechnen oder auch mit stärkeren Stürmen – und in der Folge eben auch mit mehr Erosion an Sandstränden.

Deswegen haben Vousdoukas und sein Team zwei verschiedene Szenarien des Weltklimarats IPCC angesetzt: ein pessimistisches mit einer Erderhitzung von 4,8 Grad zum Ende des Jahrhunderts gegenüber vorindustriellen Zeiten und ein etwas moderateres, bei dem sich die Erde "nur" um 2,8 Grad erwärmt hat.

Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte der Studie zufolge die Hälfte der Sandstrände nahezu komplett verschwunden sein – im pessimistischen Szenario. Die gute Nachricht ist: Klimaschutz hilft. Schafft es die Menschheit, im moderaten Szenario zu bleiben, könnten sich die Schäden um 40 Prozent verringern, heißt es in der Studie.

Was wäre erst mit "Paris-Kurs" möglich?

Beide Szenarien liegen jenseits dessen, was die Staaten sich mit dem Pariser Klimaabkommen vorgenommen haben. Darin haben sie versprochen, die Erderhitzung bei "deutlich unter zwei Grad" zu begrenzen und möglichst sogar unter 1,5 Grad.

Bei den sehr aufwändigen Simulationen habe man sich allerdings nicht für ein solches Szenario entschieden, erklärt Michail Vousdoukas, weil es derzeit wenig wahrscheinlich erscheine. "Die Welt ist meilenweit davon entfernt, solche Ziele zu erreichen."

"Diese alarmierende Vorhersage folgt dem IPCC-Sonderbericht von 2019, der den beschleunigten Meeresspiegelanstieg hervorgehoben hat, und verdeutlicht die Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen entlang der sandigen Küstenlinien", kommentiert Suzana Ilić vom Lancaster Environment Centre die Ergebnisse ihrer Fachkolleg:innen. "Es ist aber ermutigend zu sehen, dass schon die Reduktion der Emissionen von einem hohen auf ein moderates Niveau den Rückzug der Küstenlinien bis 2050 um 22 Prozent und bis 2100 um 40 Prozent verringern kann."