Nahaufnahme eines Steuerrads
Steuerleute und politische Strategen wissen: Schon kleinste Änderungen am Kurs fallen langfristig ins Gewicht. Das Abstimmungsergebnis des DGB-Bundeskongresses ist deshalb kein Erfolg für Klimaschutz. (Foto: Thomas Gerhard/​Flickr)

Zwei Schritte zurück und einer vorwärts beim Klima-Standpunkt der Gewerkschaften: Weil die geplante Abschwächung der DGB-Position zum Klimaschutzplan 2050 erhebliche Proteste und eine Petition auslöste, wurde der eingereichte Antragsentwurf vor der Abstimmung auf dem Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes am späten Mittwochnachmittag noch einmal überarbeitet. Im neuen Antrag des Vorstands wird der Klimaschutzplan nun als "sinnvolle Grundlage" bezeichnet, um über den Weg zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu diskutieren.

Der DGB-Vorstand wollte die klimapolitische Ausrichtung des Gewerkschaftsdachverbandes korrigieren und die Unterstützung für den Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung fallenlassen. In dem Leitantrag hieß es zunächst nur, dass der DGB die Klimaschutzziele von Paris – also die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen – unterstütze. Die nationalen Klimaziele für 2020 und 2030 sowie der Klimaschutzplan, der dazu konkrete Vorhaben enthält, blieben unerwähnt.

Stattdessen kritisierte der Antrag, dass die Umbauprozesse zu "mehr Zielkonflikten" führten, für deren Bearbeitung es "bisher noch zu wenig adäquate Instrumente" gebe. Im überarbeiteten Klimaantrag wird nun der Klimaschutzplan anerkannt, aber zugleich Kritik daran geübt. Bei der Vorstellung des Plans im Oktober 2016 hatte der DGB seine Unterstützung noch mit weniger kritischen Worten versehen.

Klimapolitik spaltet Gewerkschaften

Auf dem DGB-Bundeskongress, der seit Sonntag in Berlin stattfindet, sollen über 400 Delegierte aus den acht DGB-Gewerkschaften die Leitlinien für den politischen Kurs der kommenden vier Jahre bestimmen. In puncto Klimaschutz liegen die Positionen dabei weit auseinander. Die Differenzen sind offenbar so groß, dass eine geheime Abstimmung gefordert wurde. Dabei stimmten 249 von 355 Delegierten für den überarbeiteten Klimaantrag. 

Für Petra Reinbold-Knape, Vorstandsmitglied bei der energiewendekritischen Bergbau- und Energiegewerkschaft IG BCE, ist der überarbeitete Antrag ein "tragfähiger Kompromiss". Die Gestaltung eines "gerechten Strukturwandels" müsse das zentrale Motiv der Gewerkschaften sein. Die IG BCE, in der unter anderem Kohle-Beschäftigte und Kraftwerksmitarbeiter organisiert sind, hatte bei der Erarbeitung des Klimaschutzplans gegen eine schnellere Gangart in der Energiewende gewettert und verbindliche Vorgaben für einzelne Sektoren abgelehnt.

Kritische Worte am geänderten Klimakurs kamen trotz des Kompromisses von der IG Metall. Walther Mann aus Würzburg empfahl vor der Abstimmung den Delegierten, gegen den Antrag zu stimmen, weil er den klimapolitischen Kurs des DGB aufweiche. "Wir drücken uns vor der Nennung von klaren Zielvorgaben und verpassen es, die Weichen für die Zukunft unserer Kinder zu stellen", rief Mann den Delegierten zu. "Auf sogenannte Kann-Diskussionen zu verweisen, reicht nicht mehr", warnte Mann und spielte auf eine Formulierung in der Antragsüberarbeitung an.

Noch drastischer formulierte es Carsten Bätzold aus Kassel, ebenfalls von der IG Metall: "Ein toter Planet hat keine Jobs." Nachdem die Unternehmen alles mitgenommen hätten, bleibe die Gesellschaft auf den sozialen Kosten sitzen. Das habe man bei den Banken, Atomkonzernen und Dieselherstellern bereits gesehen. "Wir sind verantwortlich dafür, welche Welt wir unseren Kindern hinterlassen", sagte Bätzold.

Am Ende halfen alle Mahnungen zu einem anspruchsvolleren Klimakurs nichts: Der Gewerkschaftsbund bekennt sich zwar zum Klimaschutzplan 2050 – aber mit Tadel. Insgesamt ist das ein Rückschritt – während sich gleichzeitig das Handlungsfenster, um die Erderwärmung noch auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, allmählich schließt.