Die Gesetzesarbeit zum Kohleausstieg kommt voran. Am gestrigen Donnerstag wurde ein Klimareporter° vorliegender Änderungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD fertiggestellt, der sich ausschließlich mit dem Teil zur Braunkohleverstromung im Ausstiegsgesetz befasst. Zu den Steinkohle-Regelungen laufen die Gespräche noch.
Endgültig will der Ausschuss das Ausstiegsgesetz Mitte kommender Woche verabschieden. Am Freitag soll dann das Plenum den gesetzgeberischen Schlusspunkt setzen – beim Kohlegesetz ist der Bundesrat nicht zustimmungspflichtig und die Länder bleiben insofern außen vor.
Inhaltlich werden in dem Braunkohle-Antrag die am Mittwoch vom Bundeskabinett vorgeschlagenen Änderungen ziemlich wortwörtlich übernommen. Die Regierung hatte die Verträge mit den Braunkohle-Konzernen gebilligt, die neben 4,35 Milliarden Euro Entschädigung auch den Abschaltplan für die Kraftwerke enthalten.
Diese Verträge sind durchaus nicht in Stein gemeißelt. Nicht nur die Betreiber können ihre Anlagen eher vom Netz nehmen, behalten aber ihre Milliardenentschädigungen, sofern das Anlagen betrifft, die laut Abschaltplan bis 2029 in die Sicherheitsbereitschaft gehen oder stillgelegt werden sollen.
Auch die Regierung kann ihrerseits jeweils 2026, 2029 und 2032 prüfen, ob die für nach 2030 geplanten Stilllegungen um bis zu drei Jahre vorgezogen werden können – wodurch dann schon 2035 Schluss mit dem Braunkohlestrom wäre.
Für 2026 ist eine spezielle "Lex Sicherheitsbereitschaft" eingebaut. Dabei kann die Regierung entscheiden, ob ein RWE-Block in Niederaußem in diese bisher völlig überflüssige Sicherheitsbereitschaft geht oder gleich stillgelegt wird.
Bloße "Kenntnisnahme" des Parlaments noch immer im Gesetzestext
Braunkohle-Anlagen, die bisher vor 2030 vom Netz gehen sollen, kann die Regierung auch zu einem früheren Zeitpunkt stilllegen lassen, muss dies dem Betreiber aber fünf Jahre vorher ankündigen, um nicht zusätzliche Schadenersatzforderungen zu riskieren.
Sowohl in der Kabinettsvorlage als auch im Änderungsantrag von CDU/CSU und SPD ist im eigentlichen Gesetzestext des "Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes" (KVBG) der neu formulierte Paragraf 49 zum inzwischen bekannt gewordenen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit den Braunkohle-Betreibern enthalten. Und am Ende dieses Paragrafen steht die klare Formulierung: "Der Vertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages."
Jedoch gibt es in beiden Papieren – sowohl in dem aus dem Kabinett als auch im Antrag der Fraktionen – angehängte Begründungen für die einzelnen gesetzlichen Änderungen, darunter auch ganz zuletzt für den in dieser Woche so umstrittenen Paragrafen 49.
Und dort heißt es in beiden Fällen noch immer: Das Bundeskabinett habe den Wirtschaftsminister ermächtigt, "sofern der Bundestag das Kohleausstiegsgesetz beschließt und die erforderliche Ermächtigungsgrundlage in Paragraf 49 KVBG in Kraft tritt, diesen Vertrag in Vertretung der Bundesrepublik Deutschland zu unterzeichnen. Im Übrigen wird das Bundeskabinett diesen Vertragsentwurf dem Bundestag zur Kenntnis weiterleiten."
Genau diese Formulierung hatte Anfang dieser Woche den Verdacht erhärtet, die Regierung wolle das Parlament austricksen. Nun bedarf es laut Gesetzestext im Paragrafen 49 der Zustimmung des Bundestages, laut der Begründung desselben Paragrafen aber nur der Kenntnisnahme.
Was denn nun? Hat hier jemand vergessen, die alte, überholte Begründung zu streichen? Werden Gesetze, die für die nächsten 30 Jahre gelten sollen, mit so heißer Nadel gestrickt, dass man im Bundestag selbst die Fehler der Regierung mit übernimmt? An reine Zufälle mag man, nach alldem, was beim Kohleausstieg zu erleben war, nicht mehr glauben.