Sechs Genforscher stehen in einem Labor vor einigen kleineren Apparaturen.
Will "Biokraftstoffe" aus künstlichen Organismen erzeugen und bekommt dafür Geld von einigen der größten US-Konzerne: Craig Venter (Mitte) mit Genforscher-Kollegen im Labor. (Foto: Steve Jurvetson/​Wikimedia Commons)

Der US-amerikanische Biologe Craig Venter hat nach dem Ölkonzern Exxon Mobil jetzt auch den Agrarkonzern ADM für sein neues Projekt gewonnen, Ölprodukte mithilfe einer neuen Generation gentechnisch veränderter Algen zu erzeugen. Das berichtet der Informationsdienst Gentechnik der Zukunftsstiftung Landwirtschaft.

Einzelheiten zur finanziellen Höhe der Investitionen der beiden US-Konzerne seien nicht veröffentlicht worden. Venter hatte zuletzt Aufsehen erregt, weil er als Erster künstliche Organismen herstellte. Diese Technologie soll nun auch für Agrotreibstoffe der zweiten Generation zum Einsatz kommen.

Venter, einer der weltweit führenden Genforscher und eine schillernde Persönlichkeit, arbeitet schon seit Jahren auf dem Gebiet der sogenannten Synthetischen Biologie, die Kritiker auch als "extreme Gentechnik" bezeichnen. In Venters Unternehmen Synthetic Genomics wird Erbgut nicht nur gentechnisch verändert, sondern auch künstlich neu geschaffen.

Für den US-Agrarkonzern ADM soll Venters Firma eine mehrfach ungesättigte Omega‑3-Fettsäure herstellen, die für derzeit stark nachgefragte, hochpreisige Nahrungsergänzungsmittel benötigt wird. Exxon hingegen erhofft sich von der schon länger laufenden Zusammenarbeit neue, synthetisch hergestellte Algen, die aus Pflanzenmaterial wie etwa Zuckerrohr "Biosprit" erzeugen können.

Venter zeigte sich dem Bericht zufolge erfreut, dass dank des Konzern-Engagements die Synthetische Biologie auch für die Dieselherstellung Anwendung finden könne.

"Synthetische Algen dürfen nicht ins Freiland gelangen"

Die Herstellung von Ölen aus pflanzlichen Zuckern mittels "normaler" gentechnisch veränderter Mikroalgen ist für verschiedene Anwendungen schon erprobt. In Brasilien hat das US-Unternehmen Solazyme gemeinsam mit dem Argrarriesen Bunge für 180 Millionen US-Dollar eine Anlage gebaut, die aus Zuckerrohr jährlich 100.000 Tonnen Öl für den Konzern Unilever herstellen soll.

Wie das Portal Naturkost.de berichtet, lässt sich die Öl-Ausbeute von zehn bis 15 Prozent auf 80 Prozent steigern, wenn statt herkömmlicher Mikroalgen Gentechnik-Algen verwendet werden. Dabei ließen sich auch die Eigenschaften der produzierten Öle gezielt beeinflussen. Auch Algentreibstoff stellt Solazyme bereits her und testete ihn erfolgreich bei der weltgrößten Reederei Maersk sowie bei Kriegsschiffen der US-Marine.

Der Konkurrent Synthetic Genomics möchte nun mit Venters neuer Methode das Genom von Algen "optimieren". Unter anderem sollen die synthetischen Algen besser an die industrielle Herstellung angepasst sein, aber auch unempfindlicher gegen bestimmte Umwelteinflüsse.

Algen sind ein vielversprechender Grundstoff für eine pflanzenbasierte Ökonomie. Große, international tätige Konzerne stellen jetzt die Weichen dafür, dass auch in einer "Green Economy" alles in ihrer Hand bleibt. Zum Beispiel, indem Gentechnik und Synthetische Biologie zum Einsatz kommen – natürlich nach patentierten Verfahren. (Foto: Ian Sutton/​Wikimedia Commons)

Kritiker warnen deshalb vor den künstlichen Organismen. "Der Einsatz der Synthetischen Biologie birgt in diesem Zusammenhang besondere Probleme, weil es bei Algen besonders leicht zu unkontrollierten Freisetzungen kommen kann", zitiert der Informationsdienst Gentechnik das unabhängige Biosicherheitsinstitut Testbiotech in München.

Institutsleiter Christoph Then gibt zu bedenken: "Gelangen Algen ins Freiland, die mithilfe der Synthetischen Biologie oder per Gentechnik verändert worden sind und die zum Beispiel eine höhere Fotosynthese-Rate haben, ist ihr Gefährdungspotenzial extrem hoch: Algen vermehren sich rasch und können sich gut an Umweltbedingungen anpassen."

Befürworter der Synthetischen Biologie argumentieren Then zufolge häufig mit dem Beitrag der "Bio"-Kraftstoffe zum Klimaschutz. In Wahrheit gehe es aber hauptsächlich um die erwarteten hohen Gewinne, so der Biosicherheitsexperte. Statt eines dauerhaften ökologischen Nutzens seien weitreichende Umweltschäden zu erwarten.