Weiß gekleidete Personen mit gelben Helmen stehen in der Kraftwerkshalle, schauen in verschiedene Richtungen und notieren sich etwas.
Irgendwelche Auffälligkeiten? Inspektion des slowakischen Atomkraftwerks Mochovce durch die Internationale Atomenergie-Organisation IAEA im Jahr 2005. (Foto: Dean Calma/​IAEA/​Wikimedia Commons)

Noch bis Dienstag soll der dritte Block des slowakischen Atomkraftwerks Mochovce mit Brennstäben beladen werden. Danach beginnen Drucktests am Sicherheitsbehälter. Voraussichtlich Anfang nächsten Jahres soll der Block dann mit voller Leistung laufen.

"Die Inbetriebnahme des Atomreaktors Mochovce 3 in der Slowakei vergrößert die atomare Bedrohung in Mitteleuropa", sagt Hauke Doerk vom Umweltinstitut München. "Nicht nur ist die Technik veraltet und kann niemals auf den aktuellen Sicherheitsstand gebracht werden – es gibt zudem schwerwiegende Baumängel", warnt der Physiker und Atomexperte der Umweltorganisation.

Schon 1987 erfolgte der Spatenstich für den Reaktor, doch aus Geldmangel wurde der Bau 1992 eingestellt. 2006 wurden die Slowakischen Elektrizitätswerke privatisiert. Zwei Drittel hält seither der italienische Energiekonzern Enel, den Rest der slowakische Staat. Ein Jahr später wurde der Weiterbau vereinbart.

Aber die Fertigstellung verzögerte sich immer weiter und das AKW Mochovce sorgte häufig für Schlagzeilen. So kam es zu Pannen beim Bau, sensible Teile des Reaktors wurden während der Bauzeit beschädigt und mussten repariert, falsch verlegte Kabel neu installiert werden. Das ließ die Baukosten auf 6,2 Milliarden Euro steigen.

Verwendet wird ein sowjetischer Druckwasser-Reaktor aus den 1970er-Jahren mit geringer Leistung und einer heute überholten Technologie. Auch in Greifswald kam dieser Reaktortyp zum Einsatz und wurde 1990 aus Sicherheitsgründen stillgelegt. Die Bruttoleistung von Mochovce 3 liegt bei 471 Megawatt. Zum Vergleich: Die Bruttoleistung des AKW Neckarwestheim 2 bei Heilbronn beträgt 1.400 Megawatt.

Atomstrom-Anteil steigt auf fast zwei Drittel

Die slowakische Atomaufsicht ÚJD hatte die Genehmigung zur Inbetriebnahme von Mochovce 3 im Mai 2021 erteilt. Dagegen legte die österreichische Umweltorganisation Global 2000 Einspruch ein. Weil das AKW nur rund einhundert Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt ist, ist es in Österreich besonders umstritten. Nachdem die Atomaufsicht den Einspruch und andere Rechtsmittel verworfen hatte, gab sie jetzt grünes Licht.

"Das nukleare Sicherheitsregime in Europa und weltweit funktioniert offenkundig nicht, wenn nationale Aufsichten trotz bewusst unterlassener Kontrollen Uralt-Reaktoren wie Mochovce 3 in Betrieb gehen lassen", sagte Reinhard Uhrig von Global 2000. Bedenklich sei auch, dass offenbar weder die zuständige UN-Organisation IAEA noch die EU-Kommission die Inbetriebnahme einer solchen Anlage verhindern könnten.

Mit Mochovce 3 steigt der Atomstrom-Anteil in der Slowakei von 52 auf 65 Prozent. Die jetzt verwendeten Brennstäbe kommen größtenteils aus Russland. "Dies erhöht die Abhängigkeit von russischen Energieimporten in Europa", sagt Hauke Doerk. "Auch für die Slowakei wäre es sinnvoller und sicherer, mit voller Kraft ein erneuerbares Energiesystem aufzubauen."

Der Erneuerbaren-Anteil im slowakischen Strommix ist immer noch gering. Vor allem Solar- und Windenergie haben es bislang schwer.

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