John Jordan baut an einem Leuchtturm mit. 20 Meter hoch soll er werden, sein Licht weit in die Ferne schicken und in den Menschen das Bild wachrufen, dass es die stürmische See gibt und den sicheren Hafen.
"Er ist ein Kunstobjekt", sagt der Brite, der seit mehr als 20 Jahren in verschiedenen Bewegungen aktiv ist, "er wird wunderschön und ein Symbol des Widerstands."
Der Leuchtturm entsteht weit entfernt von jeder Küste. Sein Licht wird er aufs platte Land westlich der französischen Stadt Nantes schicken, wo Aktivisten seit Jahren versuchen, den Bau eines neuen Großflughafens zu verhindern.
In der harten Auseinandersetzung geht es um Ökologie, um Lärm, um den Klimawandel. Es geht um Arbeitsplätze und um Perspektiven für eine ländliche Region.
Die Aktivisten glauben nicht daran, dass der Flughafen die richtige Art von Entwicklung bringt. Sie wollen eine kleinteilige, regionale Wirtschaft, die den Landstrich lebendig macht, statt eines Großprojekts, von dem nur wenige profitieren. Die Auseinandersetzung ist eine der vielen Schauplätze, an denen sich entscheidet, ob eine sozial-ökologische Transformation gelingen kann.
John Jordan ist hier, um dafür zu sorgen, dass dieser Wandel mit den richtigen Mitteln in Gang gebracht wird. "Viele glauben, dass man Menschen überzeugen kann, Dinge anders zu machen, indem man ihnen die Fakten erzählt", sagt Jordan.
So und so viele Arten seien vom Aussterben bedroht, so und so verhalte es sich mit dem Klimawandel, so und so viele Menschen litten millionenfach weltweit. "Ich kann all diese Daten und Fakten aufzählen und dann sagen: Handle!" Das werde aber nicht funktionieren. "Menschen werden nicht durch Fakten motiviert, sie brauchen Träume, wie es anders sein könnte, wie die Welt und ihr Leben stattdessen aussehen könnten."
Kopf, Herz und Hand
Für dieses Träumen soll der Leuchtturm stehen und Poesie in die Auseinandersetzungen um den Flughafen bringen. Und tatsächlich halten hier mittlerweile Einheimische an, die vorher Hemmungen hatten, sich den Aktivisten zu nähern.
Die Strategie, die Jordan verfolgt, nennt sich "Artivism", ein Kunstwort aus art und activism. Auch wenn das Wort "Kunst" im Begriff steckt, geht es nicht darum, Kunst über ein politisches Thema zu machen. Vielmehr sollen künstlerische, kreative, überraschende Ideen in soziale Auseinandersetzungen hineingetragen werden, um Menschen emotional anzusprechen.
"Die besten Artivism-Strategien sind vielleicht Innovation und Konfusion", sagt Jordan. "Durch die Wiederholung der immer gleichen Aktionsformen – der Marsch von A nach B, die Mahnwache, das Protestcamp – verlieren diese schnell an Einfluss." Erfolge gebe es dagegen oft, wenn neue Formen erfunden werden, die überraschen.
Dazu gehören zum Beispiel die "Clown Army", die auf Demonstrationen friedliche Verwirrung stiftet, oder auch die "Yes Men", die vorgeben, Konzernsprecher zu sein, und so für überraschende Reaktionen und Medienberichte sorgen.
Artivism ist aber mehr als eine Strategie. "Es ist eher eine Haltung", sagt Jordan. Mit anderen Worten: Es geht nicht nur um die politischen Aktionen selbst, die eine sozialere und ökologischere Welt möglich machen sollen. Artivism soll auch die zumeist sehr akademische und rationale Auseinandersetzung um Transformation bereichern.
"Wir brauchen kreative Formen des Wissensaustauschs und partizipatorische Bildungsansätze, die versuchen, gemeinsam geteiltes Wissen weiterzugeben", ist Jordan überzeugt. "Wir müssen über das Sprechen und Zuhören hinausgehen und Kopf, Herz und Hand gleichermaßen einbeziehen."