Heuernte mit dem Traktor auf einem Feld im Münsterland, im Hintergrund Mischwald.
Ohne dieselbetriebene Traktoren geht es auch in der ökologischen Landwirtschaft nicht. (Bild: Erich Westendarp/​Pixabay)

Ein Bündnis, zu dem Umweltverbände wie Greenpeace, aber auch Organisationen wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) gehören, ruft für den morgigen Samstag zu einer Großdemonstration unter dem Motto "Wir haben es satt" auf. Dabei geht es um Themen wie Gentechnik oder Pestizide, um eine bäuerliche Landwirtschaft – und um Klimaschutz, zumindest dem Motto nach: "Für Höfe und Klima".

Im ursprünglichen Aufruf zur Demonstration fand sich folgende, aus heutiger Sicht bemerkenswerte Forderung: "Klimaschädliche Subventionen streichen und Klimaschutz in der Landwirtschaft fördern!" Das klingt nach einer klaren Position, von der sich mancher vielleicht gewünscht hätte, dass sie mit Deutlichkeit in die aktuelle Diskussion eingebracht wird. Doch es kam anders.

Mitte Dezember einigten sich die Spitzen der Ampelkoalition, die Steuerbefreiung für Agrardiesel zu streichen und außerdem landwirtschaftliche Fahrzeuge nicht mehr von der Kfz-Steuer auszunehmen. Es schien zumindest ein Einstieg in den Abbau klimaschädlicher Subventionen zu sein.

Der Deutsche Bauernverband rief zum Protest und zu einer "Bauerndemo für Agrardiesel" auf, und viele schlossen sich an. Darunter auch Organisationen, die im Bündnis der "Wir haben es satt"-Demo eine wichtige Rolle spielen.

Etwa die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die sich angesichts der Demonstration des Bauernverbandes in ihrer Zeitung Unabhängige Bauernstimme explizit darüber freut, dass sich die landwirtschaftlichen Verbände "in seltener Einigkeit" zeigen, "was auch darin zum Ausdruck kam, dass Bauernverbands-Präsident Joachim Rukwied in seiner Rede die Unterstützung der vom Bauernverband initiierten Demonstration durch Land schafft Verbindung (LsV), die Freien Bauern und die AbL erwähnte."

Darauf, dass den Organisationen Land schafft Verbindung und Freie Bauern immer wieder eine Nähe zur AfD vorgeworfen wird, soll hier nur am Rande hingewiesen werden.

Die Bundesregierung nahm die Kürzungen bekanntlich kurz darauf teilweise zurück. Die Kfz-Steuerbefreiung soll es weiterhin geben, die Agrardieselsubventionen sollen langsamer abgebaut werden. Doch die Proteste gingen weiter, und auch die AbL schreibt auf ihrer Website, dass sie von der Bundesregierung fordert, "auch die weiterhin geplante Kürzung der Dieselrückvergütung zu streichen".

Forderung nach Subventionsstreichungen abgeschwächt

Es scheint paradox: Die AbL unterstützt eine Demonstration mit der klaren Forderung nach der Streichung klimaschädlicher Subventionen und fordert zeitgleich, diese Subventionen beizubehalten.

Auf Anfrage erläutert AbL-Sprecher Phillip Brändle diesen Widerspruch: "Die AbL steht zum Abbau klimaschädlicher Subventionen. Fakt ist allerdings, dass es zur Nutzung von mit Diesel getriebenen Traktoren in der Landwirtschaft aktuell keine nennenswerte praxistaugliche Alternative gibt. Das bedeutet wiederum, dass eine kurzfristige Rücknahme der Agrardieselrückvergütung in der Praxis keinerlei positiven Effekt für das Klima hätte – auch wenn diese Subvention auf der Liste der klimaschädlichen Subventionen steht."

Dass die Streichungen keine positiven Effekte auf das Klima hätten, sehen zumindest Fachleute des Umweltbundesamtes nicht so. In der zuletzt 2021 aktualisierten Publikation "Umweltschädliche Subventionen in Deutschland" schreibt das Umweltbundesamt: "Das Agrardieselprivileg steht im Widerspruch zum Ziel des Klimaschutzes, da es fossile Energieträger subventioniert und die ökonomischen Anreize zu einem effizienten Einsatz der Energieträger stark verringert."

Zwar sieht das Umweltbundesamt eine relativ hohe Unsicherheit, wie groß der Effekt für das Klima wäre – genannt wird ein Einsparpotenzial zwischen 0,14 und 0,45 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr – doch dass es einen positiven Effekt gibt, daran hat die Behörde offenbar keine Zweifel.

Zur Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge schreibt das Umweltbundesamt: "Die Befreiung ist umwelt- und klimaschädlich, da sie den Trend verstärkt, immer schwerere Maschinen in der Landwirtschaft einzusetzen. Dies erhöht tendenziell den Kraftstoffverbrauch und führt zu einer vermehrten Schädigung landwirtschaftlich genutzter Böden durch Verdichtung." In beiden Fällen hält das Umweltbundesamt einen Abbau der Subventionen für sinnvoll.

Beim "Wir haben es satt"-Bündnis reagierte man auf die Agrardieselproteste, indem der Demoaufruf geändert wurde. Statt der vergleichsweise klaren, ursprünglichen Formulierung heißt es dort nun: "Transformation zur klimafreundlichen Landwirtschaft gezielt fördern, klimaschädliche Subventionen abbauen, ohne Höfe zu gefährden, Zugang zu gesunden, umwelt- und klimagerecht erzeugten Lebensmitteln für alle sichern."

"Unser Bündnis entscheidet im Konsens"

Das klingt nach dem Versuch, die Forderung nach Subventionsstreichung verstecken und die weit auseinanderliegenden Positionen des Demobündnisses zusammenzubringen.

Im Bündnis finden sich auch große Umweltorganisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) oder Greenpeace. Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt hatte noch im Dezember erklärt: "Die vereinbarte Streichung der Agrardiesel-Subvention ist im Kern ein Schritt hin zu weniger Treibhausgasen."

Bandt sagte aber auch, dass er die damals noch vorgesehene gleichzeitige Streichung der KfZ-Steuerbefreiung nicht befürwortet.

Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter bezeichnete es in einem Interview als richtig, umwelt- und klimaschädliche Subventionen zu streichen. "Auch in der Landwirtschaft dürfen Praktiken, die Klimakrise und Artensterben verschärfen, nicht länger mit Steuergeldern gefördert werden – selbst wenn es sie seit Jahrzehnten gibt und sie quasi als Besitzstand wahrgenommen werden."

Auf den veränderten Demoaufruf angesprochen, sagte die Pressesprecherin des Demobündnisses Inka Lange: "Aufgrund der aktuellen Ereignisse mussten wir uns auch in unserem Bündnis neu ausrichten und auf die neue politische und gesellschaftliche Situation reagieren." Sie stellte klar: "Wir entscheiden im Bündnis im Konsens, das heißt, alle Träger müssen den Aufruf mittragen, auch etwaige Änderungen."

 

Eine konkrete Positionierung zu den Agrardieselsubventionen vermeidet das Bündnis auch auf Nachfrage. "Die Agrardieselsubventionen sind für das 'Wir haben es satt'-Bündnis lediglich ein Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, ein Auslöser der Proteste", erläutert die Sprecherin. "Wir können den Frust der Landwirte verstehen. Dennoch liegt der Grund der Proteste für uns in einer jahrzehntelangen verfehlten Agrarpolitik, die wir schon seit Langem kritisieren."

Es verbleibt Irritation: eine Demonstration, die ursprünglich eine klare Forderung nach dem Abbau klimaschädlicher Subventionen formuliert hatte. Die aber, nachdem dies teilweise umgesetzt wurde, offenbar die eigene Position nicht mehr vertreten will und einen Rückzieher machte. Und die nun zur aktuell heiß diskutierten Frage der Agrardieselsubventionen keine klare Haltung bezieht.

Anzeige