Eine Gruppe von Klimaaktivisten geht auf einer Straße, zu sehen ist das Ortsschild von Pödelwitz und im Hintergrund ein Kraftwerk.
Klimaaktivisten in Pödelwitz südlich von Leipzig auf dem Weg zur Aktion. (Foto: Tim Wagner/Kohle erSetzen)

Es ist die erste derartige Aktion von Klimaaktivisten im Braunkohlerevier südlich von Leipzig. Aktivisten der Gruppe "Kohle ersetzen!" haben am heutigen Samstag mehrere Zufahrtsstraßen zum Braunkohlekraftwerk Lippendorf blockiert.

Ihr Ziel ist es, mit den Sitzblockaden den Kraftwerksbetrieb zu stören. "Wir wollen den Schichtwechsel blockieren", sagt Sprecher Arvid Jasper auf Nachfrage von Klimareporter°. Man gehe nicht davon aus, dass das Kraftwerk gedrosselt werden müsse, so Jasper vor der Aktion. Dennoch solle der Betrieb des Kraftwerks gestört werden.

Das Kraftwerk Lippendorf stößt jährlich gut zehn Millionen Tonnen CO2 aus und zählt damit zu den klimaschädlichsten in Deutschland. Die Braunkohle für das Kraftwerk wird im nahe gelegenen Tagebau Vereinigtes Schleenhain gewonnen. Elf Millionen Tonnen Braunkohle im Jahr fördert dort die Mitteldeutsche Braunkohle AG (Mibrag).

Seit 13 Uhr blockieren nach Angaben von "Kohle ersetzen!" rund 350 Aktivistinnen und Aktivisten die Zufahrtsstraßen mit einer Sitzblockade. "Wir dürfen nicht auf die klimapolitisch erstarrte Bundespolitik mit der Kohlekommission warten, denn die bleibt hinter dem Nötigen meilenweit zurück", erklärt Mira Jäger, eine Sprecherin der Aktion. "Angesichts des Politikversagens mit dem vernichtenden Verfehlen der 2020er-Klimaziele Deutschlands müssen wir selbst aktiv werden und unsere Gesellschaft mit zivilem Ungehorsam wachrütteln."

Am Nachmittag wird die Sitzblockade vor einem der Tore geräumt, wie die Polizei Sachsen auf Twitter mitteilt. Die Proteste sind nach Einschätzung der Polizei zunächst vom Versammlungsrecht gedeckt, nur eine Zufahrt zum Kraftwerk sollen die Aktivisten freimachen. Als diese den Aufforderungen nicht nachkommen, tragen Polizisten die Blockierer weg – "ohne Zwischenfälle", wie die Polizei meldet. Das bestätigt Arvid Jasper von "Kohle ersetzen", allerdings haben ihm zufolge Aktivisten die gleiche Straße schon wieder an anderer Stelle blockiert.

Sommerschule und Systemkritik

Am Abend ist die Aktion beendet, die Zufahrtsstraßen sind wieder frei. "Wir haben ein starkes Signal für die Klimagerechtigkeit senden können", zeigt sich Jasper zufrieden. Jetzt müssten nur noch die Politik und die Industrie nachziehen. "Durch unsere Aktion und durch das Klimacamp haben das Mitteldeutsche Braunkohlerevier und das Dorf Pödelwitz große Aufmerksamkeit erhalten", findet er.

Schon seit einer Woche finden in Pödelwitz, das für den Tagebau Vereinigtes Schleenhain abgebaggert werden soll, ein Klimacamp und eine wachstumskritische "Degrowth-Sommerschule" statt. Etwa 1.000 Menschen zelten hier und nehmen an Workshops, Podiumsdiskussionen und Exkursionen teil. Die Sommerschule, die am Donnerstag endete, bot Workshops zu Themen wie "Kohleausstieg selber machen" oder "Wirtschaft ohne Kohle" an.

Als erstes hatten heute Morgen Aktivisten der Gruppe "Ökomüll" ein Kohleförderband des Tagebaus blockiert. "Klima-Gerechtigkeit kann nur entstehen, wenn bestehende Herrschafts- und Machtverhältnisse überwunden werden", heißt es in einer Erklärung. Braunkohleförderung sei nur ein Symptom dieser Herrschaftsverhältnisse, gegen die sich die Gruppe wende.

Der Beitrag wurde um 17:10 Uhr und 20:11 Uhr aktualisiert.