Sie sind oft mehrere tausendmal klimaschädlicher als CO2: Fluorkohlenwasserstoffe (FKW oder F-Gase). Eingesetzt werden diese Klimakiller in Klimaanlagen und Kühlschränken und ersetzen dort FCKW, die wegen ihres Chlor-Atoms die Ozonschicht zerstören.
1987 verpflichteten sich die Staaten im Montreal-Protokoll, die Produktion von FCKW und anderen Ozon zerstörenden Substanzen einzudämmen und schließlich zu stoppen.
Dank einer Ergänzung des Montreal-Abkommens zum Schutz der Ozonschicht – dem 2016 beschlossenen Kigali Amendment – sollen nun auch FKW nach und nach weltweit abgeschafft werden. Dazu wird in der EU die Menge an FKW, die noch in den Markt gebracht werden darf, schrittweise gesenkt.
Wer die Stoffe produziert oder aus dem Ausland importierte FKW in der EU verkauft, braucht daher eine Quote. Diese Quoten werden kostenlos vom FKW-Register vergeben und sind sehr beliebt: Seit dem Jahr 2015 ist im EU-Raum die Zahl der offiziell registrierten Importeure von 282 auf 1.675 gestiegen, eine Versechsfachung.
Die plötzliche Begeisterung für den Handel mit Klimagiften hat einen einfachen Grund: Durch die künstliche Verknappung des Angebots sind FKW in der EU sehr viel teurer als im Ausland und der Import ist folglich sehr lukrativ.
Klimawirkung Schwedens illegal importiert
Dieses Preisgefälle nutzen auch Schmuggler, wie die Umweltorganisation Environmental Investigation Agency (EIA) schon 2019 herausgefunden hatte.
Bei der Vorstellung des zweiten Berichts der Organisation zum FKW-Schmuggel mahnte EIA-Klimaexpertin Clare Perry nun die EU, das Thema ernster zu nehmen: "Das schiere Ausmaß der illegalen FKW-Importe in die EU sollte in der gesamten Europäischen Union die Alarmglocken läuten lassen. Dies ist das größte Öko-Verbrechen, von dem noch niemand etwas gehört hat, und das muss sich schnell ändern."
Das Ausmaß ist tatsächlich eindrücklich: EIA schätzt, dass FKW mit einer Klimawirkung von 31 Millionen Tonnen CO2 letztes Jahr in die EU geschmuggelt wurden. Das entspricht den gesamten Emissionen von Schweden.
Ein Teil der Menge lässt sich auffinden, indem man die Import- und Exportzahlen verschiedener Länder vergleicht. Nach eigenen Zahlen importierte die EU letztes Jahr 160 Tonnen FKW aus der Türkei. Der türkische Zoll hingegen hat Exporte von 706 Tonnen erfasst.
Ähnlich sieht es beim Handel mit China aus. Auch hier liegen die Importe einiger EU-Länder deutlich unter den Mengen, die der chinesische Zoll veröffentlicht hat. Auffällig ist auch, dass Nachbarländer der EU wie die Türkei und die Ukraine heute doppelt so viele FKW aus China importieren wie noch im Jahr 2015.
Laxer Umgang mit Quoten und Kontrollpflichten
Da der Kühlmittelbedarf dieser Länder kaum ebenso sprunghaft gestiegen sein dürfte, liegt der Verdacht nahe, dass ein Teil dieser FKW legal oder illegal in die EU exportiert wird. Illegale FKW sind denn auch überall zu finden: Das Bundesland Hessen hat vorletztes Jahr Autowerkstätten überprüft und schätzt, dass jede vierte Werkstatt illegal eingeführte FKW einsetzt.
Ein Problem ist, dass der Handel mit den Stoffen nicht durchgängig kontrolliert wird. Nur wer einen Posten FKW zum ersten Mal auf den Markt bringt, braucht dafür eine Quote. Anschließend können die FKW frei gehandelt werden – ohne einen Nachweis, dass sie anfangs legal auf den Markt gebracht wurden.
Ein weiteres Problem sei die laxe Strafverfolgung, kritisiert Perry: "Der illegale Handel floriert, weil Strafverfolgung und Geldstrafen selten sind und die Strafen meist auch nicht im angemessenen Verhältnis zu den möglichen Gewinnen stehen."
Außerdem können EU-Staaten FKW nicht an der Grenze beschlagnahmen, wenn sich herausstellt, dass der Importeur keine Importquote hat. Stattdessen wird die Ware nur an den Absender zurückgeschickt und auch der vorgesehene Empfänger wird nicht bestraft. Bei so viel Nachsicht wundert es nicht, dass manche hier eine lukrative Geschäftsidee wittern.
Wie lange diese noch besteht, entscheidet die EU-Kommission. Weil die EU-Klimaziele verschärft werden, müssen auch die Regeln zum Handel mit FKW überarbeitet werden. Dies sei eine günstige Gelegenheit, um einen "Gold Standard" für den Umgang mit FKW zu definieren, meint EIA.