Zitterpartie im Umweltausschuss des EU-Parlaments. Denkbar knapp wurde das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur vor dem Aus bewahrt. Parlamentarier:innen der konservativen EVP-Fraktion hatten eine glatte Ablehnung des Gesetzes zur Abstimmung gestellt – dagegen votierten 44 von 88 Ausschussmitgliedern und verhinderten das Schlimmste.

 

Jubel und Beifall brandeten in dem überfüllten Raum auf. Selten war das Interesse an einer Abstimmung im Umweltausschuss so hoch. Dutzende quetschten sich hinter die Ränge der Abgeordneten, um die Abstimmung zu verfolgen.

Das Gesetz soll die Renaturierung von geschädigten oder zerstörten Ökosystemen voranbringen. Denn die Zeit drängt. Der Verlust der Artenvielfalt in Europa schreitet unaufhörlich voran. Selbst weite Teile der eigentlich geschützten Lebensräume sind in keinem guten Zustand.

Deshalb will die EU-Kommission mehr Gebiete unter Schutz stellen. Tausende Hektar Moore sollen wiedervernässt werden und begradigte Flüsse wieder mehr Raum bekommen. Städte sollen grüner werden, verdichtete und degradierte Böden sollen wiederhergestellt und monokulturelle Wälder mit verschiedenen Arten durchmischt werden.

Angstkampagne kontra Wissenschaft

Doch in den vergangenen Wochen machten Abgeordnete der christdemokratisch-konservativen EVP-Fraktion massiv gegen das Gesetz Stimmung. Landwirte müssten Agrarflächen aufgeben, das Gesetz bedrohe die Ernährungssicherheit.

Dabei kommen wissenschaftliche Studien zu einem anderen Ergebnis: Jeder Euro, der in geschädigte Ökosysteme investiert wird, zahlt sich mehrfach für die umliegenden Städte und Dörfer aus. Lokale Wirtschaftsverbindungen entstehen, Tourismus entwickelt sich, es gibt neue Arbeitsplätze.

Viele Details des Gesetzes sind noch offen, denn auch der Kompromissvorschlag von Sozialdemokrat:innen, Liberalen, Grünen und Linken fand keine Mehrheit im Ausschuss. Deshalb mussten die Abgeordneten über 2.000 Änderungsanträge einzeln abstimmen. Die dafür veranschlagten drei Stunden reichten am Ende nicht aus.

Ende des Monats soll die Abstimmung fortgesetzt werden. Danach muss das Gesetz noch im Plenum des Europaparlaments eine Mehrheit finden. Auch die EU-Mitgliedsstaaten müssen zustimmen.

Das Gesetz ist ein wichtiger Baustein für den European Green Deal, mit dem die EU bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden will. Ohne intakte Ökosysteme, die CO2 binden können, wird der Kampf gegen die Klimakrise aber nicht gelingen, warnte auch der Weltklimarat in seinem jüngsten Sachstandsbericht.