Gießkannen aus Zink stehen auf Steinfußboden.
Mit der Gratis-Kannenfüllung den Extremsommer bekämpfen? Bei den Münchner Stadtwerken wird der Vorschlag eiskalt abgebügelt. (Foto: Bas Leenders/​Wikimedia Commons)

Am 31. Juli vergangenen Jahres herrschte, wir können uns alle noch gut erinnern, eine nie dagewesene Dürre über Deutschland und über Bayern. Die Wälder brannten, der Wüstenwind trieb Staubstürme übers ausgedörrte Land und Mensch, Tiere und Pflanzen lechzten nach Wasser.

In München maßen die Meteorologen saharamäßige 34 Grad Celsius und zwei CSU-Stadträte saßen in ihrem klimatisierten Büro und arbeiteten an einer Anfrage an die Münchner Stadtwerke. Titel: "Grün erhalten – Bürger helfen mit im Jahrhundertsommer".

Mit der Antwort ließen sich die Stadtwerke ein gutes halbes Jahr Zeit. Am Tag der Veröffentlichung in der Rathaus-Umschau, dem 11. Februar 2019, kam das Thermometer nicht über vier Grad hinaus. Nachts herrschte leichter Frost. Schmutzige Schneeberge in den Straßen kündeten vom vorläufig zu Ende gehenden Extremwinter.

Die beiden Kommunalpolitiker hatten in ihrer Anfrage wissen wollen, ob es den Stadtwerken München möglich sei, "jedem betroffenen Haushalt während Zeiten extremer Hitze monatlich vier Kubikmeter Wasser kostenfrei zur Verfügung zu stellen, um städtische Bäume und Grünflächen zu gießen."

Man soll ja solch grüne Anliegen, vor allem wenn sie von der CSU kommen, nicht gleich zerpflücken. Aber ich habe mich bei der Lektüre spontan gefragt, wie man die vier Kubikmeter, ob kostenfrei oder nicht, aus dem dritten Stock zu den darbenden Linden und dem verdorrten Straßenbegleitgrün schaffen soll.

Wäre es nicht einfacher, wenn die Stadt München gelegentlich einen Tankwagen mit einem dicken Schlauch vorbeischickte? Oder wenn man einfach auf den nächsten Regen wartet?

Problem Gleichbehandlung

Eine handelsübliche Gießkanne fasst etwa zehn Liter. Das wären bei vier Kubikmetern rund 400 Kannen. Wenn man die auf 30 Tage gleichmäßig verteilte, wären das pro Tag rund 13 Kannen mit einem Gewicht von jeweils zehn Kilogramm, vorausgesetzt, man benutzt eine Plastikkanne.

Eine traditionelle Zinkkanne, wie man sie bei Manufactum kaufen kann, würde das Transportproblem noch verschärfen. Ohne Aufzug wäre das jedenfalls nicht zu machen. Es sei denn, die CSU wollte den Orthopäden zu neuer Kundschaft verhelfen.

Ich habe mich ferner gefragt, was die CSU mit dem etwas unscharfen Terminus "betroffene Haushalte" meint. Ist man automatisch betroffen, wenn man vor der Haustür einen Baum stehen hat?

Und was ist, wenn man, wie ich, in einem Mietshaus mit einem Dutzend Parteien wohnt? Wer ist da betroffen? Die Leute im Erdgeschoss? Oder in der schicken Dachterrassenwohnung? Kann man möglicherweise sein Deputat von monatlich vier Kubikmetern an den Hausmeister abtreten?

Die mit der Beantwortung beauftragten Juristen der Stadtwerke München (SWM) sahen noch andere Fallstricke, weswegen sie den Antrag der CSU "leider nicht aufgreifen" wollten. Die SWM nämlich schlössen häufig Wasserlieferverträge mit den Grundstückseigentümern von Mehrfamilienhäusern. "Eine kostenlose Wasserzuteilung durch die SWM müsste von allen einzelnen Grundstückseigentümern im Rahmen der Nebenkostenabrechnung weitergereicht werden."

Das sei kurzfristig unmöglich. Und eine Gratis-Wasserzuteilung nur an von Grundstückseigentümern selbst genutzte Einfamilienhäuser widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Der Wucht dieser Argumentation ist wenig entgegenzusetzen, auch wenn sie einer rein formaljuristischen Perspektive entspringt, die vor bürgerschaftlich-ökologischem Engagement, wie es die CSU offenbar fördern will, die Augen verschließt.

Ausweg Snowfarming

Moralisch zwingender ist da ein weiteres Argument der Stadtwerke, wonach die Wassergewinnung der Stadt München "in Teilen der Gewinnungsgebiete sehr umstritten" sei. "Eine kostenlose Wasserabgabe zum Gießen der Münchner Gärten und Grünflächen würde in den Wassergewinnungsgebieten vermutlich auf wenig Verständnis stoßen."

Dazu muss man wissen, dass in den Wassergewinnungsgebieten im idyllischen Mangfalltal östlich von München die Menschen gerade gegen eine geplante Ausweitung des Wasserschutzgebietes der Münchner Stadtwerke auf die Barrikaden gehen.

Vor allem Bauern befürchten weitere Einschränkungen, darunter sogar das Biogut Wallenburg, das teilweise in den besonders geschützten Kernbereich des Schutzgebietes fallen würde, in dem jede Landwirtschaft verboten ist, auch die ökologische. Wie sähe es da aus, wenn das kostbare Nass verschenkt würde, damit die Landeshauptstadt auch in heißen Sommern immer schön grün ist?

Aber ganz ad acta legen sollte man den Vorschlag der öko-bewegten CSU-Politiker nun doch nicht: Vielleicht könnte man in einem Extremwinter wie diesem in ganz München Schneedepots anlegen, die dann im jeweils folgenden Extremsommer in verflüssigtem Zustand zum Bewässern der Grünanlagen dienen könnten.

Der Kolumnist

Der Autor und Journalist Georg Etscheit lebt in München und engagiert sich seit vielen Jahren im Umwelt- und Naturschutz. (Foto: Monika Höfler)

Solches Snowfarming wird schon erfolgreich in diversen Wintersportgebieten praktiziert. Da die Depots auf Straßenniveau liegen würden, bräuchten die betroffenen Bürger auch keine Gießkannen über vier Stockwerke die Treppe herunterzuschleppen.

Und es gäbe wohl auch keine Probleme mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz oder dem mangelnden Verständnis der Bewohner der Wassergewinnungsgebiete. Ich werde das der CSU und den Stadtwerken jetzt mal vorschlagen.

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