Staudamm Svartavatn in Sauda im Südwesten Norwegens.
Norwegische Wasserkraft spielt im europäischen System der Herkunftsnachweise eine Schlüsselrolle. Viele Kunden wollen aber Ökostrom aus der Region. (Foto: Karen Marie Straume/​NVE/​Flickr)

Was als grüne Nische vor 20 Jahren im liberalisierten Strommarkt begann, ist heute zum Mainstream geworden. Nicht mehr nur Ökopioniere möchten direkt sauberen Strom beziehen. Auch immer mehr Unternehmen – von der Bäckerei bis zum Weltkonzern – wollen vollständig auf Ökostrom umstellen.

Doch wer den Wunsch in die Realität umsetzen will, stößt schnell an Grenzen. Denn in Deutschland kann Ökostrom nur dann direkt vermarktet werden, wenn er nicht aus Anlagen stammt, die über das EEG gefördert werden. Entsprechend klein ist das Angebot an Produkten mit 100 Prozent in Deutschland erzeugtem Ökostrom.

Um trotz der restriktiven Vorgaben in Deutschland Ökostromprodukte anbieten zu können, nutzen die meisten Anbieter den europäischen Markt für Herkunftsnachweise (HKN). Sie kaufen Herkunftsnachweise, etwa in Norwegen, und weisen damit nach, dass die von ihnen verkaufte Ökostrommenge tatsächlich in Europa erzeugt und nur einmalig verkauft wurde.

Dem Gesetz ist damit Genüge getan, den Wünschen und Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher widerspricht das jedoch zunehmend. Denn sie möchten durch den Bezug von grünem Strom Energiewende und Klimaschutz im eigenen Land voranbringen.

Um die wachsende Nachfrage nach Ökostrom bedienen zu können, müssten die Vorgaben entrümpelt werden. Das Beispiel der Power Purchase Agreements (PPA) zeigt, dass Herkunftsnachweise heute bereits eine zentrale Grundlage für die direkte, förderfreie Vermarktung von Ökostrom sein können.

Mangel in Deutschland

Würden die Möglichkeiten zur Ausstellung von Herkunftsnachweisen ausgeweitet, könnte der Kundenwunsch nach in Deutschland erzeugtem Grünstrom zu einem echten Treiber für den beschleunigten Ökostromausbau werden.

Ein Schlüssel dazu ist die Novelle der Herkunftskennzeichnung für Grünstrom. Jeder EU-Staat muss die Herkunftsnachweise in einem Register erfassen. In Deutschland ist das Umweltbundesamt dafür zuständig.

Die Register stellen sicher, dass jede Megawattstunde Ökostrom tatsächlich in Europa erzeugt wurde und nur ein einziges Mal an einen Kunden verkauft wird. Stromversorger müssen dem Register den Verkauf melden, worauf das Zertifikat dann "entwertet"  wird, vergleichbar mit dem Abstempeln einer Bahnfahrkarte.

Balkengrafik: Deutschland gibt wenige Herkunftsnachweise aus und entwertet viele, in Norwegen ist es umgekehrt.
Ausgegebene und entwertete Herkunftsnachweise in ausgewählten europäischen Ländern (in Terawattstunden). (Grafik: Lichtblick)

Deutschland ist größter Absatzmarkt für Herkunftsnachweise in Europa. Doch der allergrößte Teil wird im Ausland gekauft, über die Hälfte allein in Norwegen. Denn in Deutschland wird das europäische System von der Vorgabe im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) überlagert, dass EEG-geförderte Anlagen keine Herkunftsnachweise generieren dürfen. Die Folge: Ihr Strom darf nicht als Grünstrom an Endkunden verkauft werden.

In den allermeisten EU-Staaten können geförderte Anlagen hingegen zusätzlich Erlöse durch die Vermarktung von Herkunftsnachweise erzielen. Die Herkunftsnachweise sind die Grundlage für den Abschluss langfristiger Stromabnahmeverträge wie PPA und können seit 2017 auch für in der Region erzeugten Ökostrom genutzt werden. Diese noch zaghaften Versuche zeigen, dass die direkte Nachfrage zum Ökostromausbau substanziell beitragen kann.

Zudem hat das Unternehmen Arcanum Energy Solutions eine neue Online-Handelsplattform für Herkunftsnachweise eingerichtet. Rekordpreise von über zwei Euro pro Herkunftsnachweis rüttelten im Jahr 2018 den Markt wach. Über den Börsenhandel wären Herkunftsnachweise für alle Marktteilnehmer leicht zu erschließen.

Die dadurch erzielten Einnahmen könnten unter den richtigen Rahmenbedingungen dazu genutzt werden, den Förderbedarf für neue EEG-Anlagen zu senken.

Reform erforderlich 

Während die Nützlichkeit eines verlässlichen Herkunftsnachweissystems für Energiewirtschaft und Verbraucher unbestritten ist, gibt es an der Rechtskonformität des deutschen Sonderwegs durchaus Zweifel. Eine Reform erscheint daher geboten.

Lichtblick hat seit 20 Jahren Erfahrungen mit dem Direktverkauf von 100 Prozent Ökostrom. Herkunftsnachweise und Strom stammen hier ausschließlich von deutschen Wasserkraftwerken. Das System der HKN hat sich insgesamt als funktionierendes Nachweissystem bewährt. Es ist die Grundlage für eine verlässliche Ökostromvermarktung, sollte aber modernisiert werden.

In Deutschland sollte die Ausstellung von Herkunftsnachweise für neue EEG-geförderte Anlagen geöffnet werden. Dies hilft, die große Nachfrage nach in Deutschland erzeugtem Grünstrom zu erfüllen und generiert zusätzliche Einnahmen, die den Förderbedarf über das EEG senken.

Handel und Abwicklung von Herkunftsnachweisen müssen in Zukunft effizienter organisiert werden. Die Digitalisierung bietet dazu neue Möglichkeiten, etwa Blockchain. Dann könnten auch kleine Photovoltaik-Anlagen, die nach 20 Jahren aus der EEG-Förderung fallen, sowie "Prosumer" in das System integriert werden und eine wirtschaftliche Zukunft erhalten.

Um die Glaubwürdigkeit von Herkunftsnachweisen zu erhöhen, sollten diese künftig nur noch aus Ländern stammen dürfen, die an das europäische Stromnetz angeschlossen sind. Nur so kann gewährt werden, dass der Grünstrombezug den CO2-Ausstoß in der EU senkt.

Dieser Beitrag wurde nicht von der Redaktion erstellt. Er ist in Kooperation mit der Lichtblick SE in der Rubrik Advertorials erschienen.