Gero Lücking. (Foto: Amac Garbe)

Immer wieder sonntags: Die Mitglieder unseres Kuratoriums erzählen im Wechsel, was in der vergangenen Woche wichtig für sie war. Heute: Gero Lücking, Geschäftsführer für Energiewirtschaft beim unabhängigen Ökostrom-Anbieter Lichtblick.

Klimareporter°: Herr Lücking, die Ladesäulen-Infrastruktur für Elektroautos ist immer stärker von lokalen Monopolen geprägt, ergibt Ihr aktueller Ladesäulencheck. Was schlagen Sie vor, um für mehr Wettbewerb zu sorgen? 

Gero Lücking: Hohe Preise, ein unwegsamer Tarifdschungel und verwirrend viele und unterschiedliche Zugangsbedingungen prägen das Bild der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum. Grund ist die immer weiter voranschreitende Ausprägung lokaler Monopole. Jeder Ladesäulenbetreiber legt in seinem Gebiet eigene Regeln für das Laden fest. Nur der Stecker scheint genormt zu sein. Immerhin, möchte man sagen.

Der Aufbau dieser wichtigen Infrastruktur folgt keinem Plan und keiner Strategie. Und er erfolgt schon gar nicht aus der Perspektive der Kunden und zukünftigen Nutzer. Aus Kundensicht läuft es geradezu chaotisch, das Laden ist kompliziert, teuer und intransparent. Eben gerade nicht einfach und komfortabel.

Beim Tanken konventioneller Fahrzeuge sind die Verbraucher es gewohnt, jede Tankstelle anfahren zu können, den Preis in einer verständlichen Einheit – Euro pro Liter – transparent ausgewiesen zu bekommen und nach Abschluss des Tankvorgangs bezahlen zu können.

Diese Einfachheit und dieser Komfort muss auch bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur für das elektrische Laden erreicht werden. So erwarten es die Kunden.

Unser Vorschlag ist, dass der Stromversorger, für den sich der E-Fahrzeug-Nutzer für zuhause entschieden hat, seinen Kunden auch an der öffentlichen Ladeeinrichtung mit Strom für sein Fahrzeug versorgen kann. Nur dann kann der Kunde sicher sein, dass der Ladevorgang sofort funktioniert und er keine Mondpreise bezahlen muss.

Wir müssen die Ladeinfrastruktur für den Wettbewerb öffnen und regulatorisch den Verteilnetzen zuordnen. Eine zusätzliche Infrastruktur für das elektrische Laden im öffentlichen Raum mit lokalen und regionalen Fürstentümern und Monopolen ist kundenunfreundlich und ein echtes Hemmnis bei der dringend benötigten schnellen Einführung der Elektromobilität.

Im Juni gab es wieder extreme Hitzewellen, erneut wurden Temperaturrekorde gebrochen. Forscher rechnen damit, dass solche Extreme bald zur Regel werden. Mit welchen Gefühlen blicken Sie in die Zukunft?

Das Lösen des Klimaproblems wird zur Überlebensfrage. Es ist das wichtigste und zugleich anspruchsvollste Thema, dem wir uns stellen müssen. Jede Entscheidung muss vor dem Hintergrund der Auswirkungen für das Klima bewertet werden. Zu viel Zeit ist inzwischen verstrichen.

Die Hoffnung ist, dass durch die immer häufiger auftretenden Extremwetterlagen die Sensibilität bei allen Beteiligten steigt. Inzwischen ist man überall auf der Welt mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert. Weltweit ist das bei den Menschen ein Gesprächs- und Diskussionsthema. So weit ist es immerhin schon gekommen.

Und was war Ihre Überraschung der Woche?

Im Rahmen des Zusammenschlussvorhabens von Eon und RWE hat Eon der EU-Kommission, die dieses Vorhaben auf seine Auswirkungen auf den Wettbewerb prüfen und freigeben muss, ein sogenanntes Zusagenangebot unterbreitet. Ziel solcher Angebote ist es, absehbare negative Auswirkungen eines Zusammenschlusses auszugleichen.

Inhalt des Angebotes von Eon an die Kommission ist es, 32 Ladesäulen an deutschen Autobahnen und einen Teil des eigenen Heizstromkundenportfolios abzugeben.

Im Bereich der Ladesäulen an Bundesautobahnen bliebe Eon – zusammen mit EnBW – auch nach Abgabe der 32 Ladesäulen weiterhin marktbeherrschend. Und bei den Heizstromkunden ginge der Eon-Konzern durch die Übernahme der RWE-Innogy-Kunden auch bei Abgabe eines Großteils der eigenen Heizstromkunden am Ende mit mehr Kunden aus dem Deal hervor, als er vorher allein versorgt hat.

Der Inhalt dieses Angebots kann nur als schlechter Witz und als völlig unzureichend bezeichnet werden. Die offensichtlich negativen Auswirkungen des Zusammenschlusses auf das Endkundengeschäft der Strom- und Gasversorgung, bei den Verteilnetzen, den intelligenten Zählern und der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Bereich werden gar nicht berücksichtigt.

Dem kann die EU-Kommission, wenn sie Wettbewerb ernsthaft schützen und erhalten will, nicht zustimmen.

Fragen: Verena Kern

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