
Die Netzentgelte steigen zum kommenden Jahr im Bundesschnitt um 1,1 Prozent. Dies ist im Vergleich zu den Vorjahren moderat. Insgesamt mussten die Stromkunden seit 2017 einen Anstieg der Netzkosten um zehn Prozent hinnehmen. Längst sind diese zum größten Posten auf der Stromrechnung geworden.
Das Stromnetz ist ein "natürliches Monopol" und wird als solches von staatlichen Stellen – allen voran den Netzagenturen von Bund und Ländern – reguliert. Es gibt eine Obergrenze für die Netzerlöse und einen Benchmark für die Betriebskosten.
Und dennoch: Laut dem Thinktank Agora Energiewende sind die Netzentgelte in ihrer aktuellen Ausgestaltung ein "Blindflug" durch das Entgeltsystem. Netzkosten und Netzentgeltstruktur seien so intransparent, "dass es de facto unmöglich ist, Netzausbau und Netzkosten effizient zu regulieren".
Werden die Verbraucher also von den Netzbetreibern abgezockt? Die Frage stellt sich. Im Folgenden werden dazu einige Fakten zusammengestellt.
Flickenteppich Stromnetz
Das Stromnetz in Deutschland wies im Jahr 2017 eine Länge von 1,85 Millionen Kilometern auf. Davon entfielen 1,2 Millionen Kilometer (65 Prozent) auf die Niederspannungsebene, gut 500.000 Kilometer (28 Prozent) auf die Mittel- und 120.000 Kilometer (sieben Prozent) auf die Höchstspannungsebene. Instandhaltung, Ausbau, Modernisierung und Betrieb der Netze verschlingen pro Jahr 24 Milliarden Euro.
Deutschland leistet sich einen Flickenteppich aus rund 880 Netzbetreibern. 70 Prozent von ihnen versorgen jeweils weniger als 30.000 Kunden. Sie müssen dennoch die vollständige personelle und technische Infrastruktur für den Betrieb und den Ausbau ihrer Mini-Netze bereithalten.
Das treibt die Kosten in die Höhe und bremst zudem die Digitalisierung der Netze. Denn standardisierte Lösungen sind in diesem Wirrwarr die absolute Ausnahme.
Im Zeitraum von 2017 bis 2021 sind die Netzentgelte um durchschnittlich zehn Prozent gestiegen, mancherorts um 30 Prozent und mehr (Grafik unten). Der Anstieg wird meist pauschal mit den Kosten für die Energiewende begründet.
Ob das stimmt, ist letztlich nicht nachprüfbar, denn die Netzbetreiber haben per Gericht durchgesetzt, dass sie die Grundlagen für die Kalkulation der Netzkosten den Kunden vorenthalten dürfen. Die Veröffentlichungen der Bundesnetzagentur sind entsprechend seitenweise geschwärzt.
Kosten ungerecht verteilt
Alle Verbraucher müssen die Netzentgelte bezahlen, jedoch nicht alle gleichermaßen. Betriebe, die zum Beispiel viel Strom entnehmen, wenn andere wenig verbrauchen ("atypische Verbraucher"), erhalten ebenso Rabatte wie Unternehmen, die für mindestens 7.000 Stunden im Jahr Strom aus dem Netz ziehen.
Das führt zu Mitnahmeeffekten zulasten von Haushaltskunden. Industriekunden zahlen de facto zwei Drittel weniger für die Netznutzung als Privathaushalte.
Bereits 2015 hat die Bundesnetzagentur die Änderung der Ausnahmeregeln angemahnt. Bis heute ist jedoch nichts passiert.
Die Bundesregierung hat es versäumt, für Transparenz und einen effizienten Netzbetrieb zu sorgen. Das wird nun eine der drängendsten Baustellen der nächsten Wahlperiode.
Dabei sind folgende Handlungsfelder vordringlich:
- Ziel eines "Masterplans Netzentwicklung" muss es sein, aus dem Flickenteppich maximal 25 regionale Netz-Cluster zu machen. Das würde einen effizienten, kostengünstigen Betrieb sowie die Modernisierung der Netze erleichtern.
- Die Netzentgelte müssen neu ausgerichtet, die Kosten fair verteilt werden. Flexibles, netzdienliches Verhalten sollte belohnt werden. Das muss für alle gelten – vom Privathaushalt mit Photovoltaikanlage und Elektromobil bis hin zum Großbetrieb.
Dieser Beitrag wurde nicht von der Redaktion erstellt. Er ist in Kooperation mit der Lichtblick SE in der Rubrik Advertorials erschienen.