Das Flachdach eines Wohnhauses in Berlin-Moabit ist mit Solarmodulen bedeckt.
Mieterstromprojekt in der Spenerstraße in Berlin-Moabit. (Foto: Christopher Rowe/​EWS)

Die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP will Deutschland beim Klimaschutz auf einen 1,5-Grad-Kurs bringen. Der Koalitionsvertrag sieht zum Beispiel vor, den Anteil der erneuerbaren Energien auf 80 Prozent des Bruttostrombedarfs bis 2030 anzuheben.

Eine zentrale Rolle kommt dabei der Solarenergie zu. Die Regierung will die installierte Photovoltaik-Leistung von knapp 55.000 Megawatt auf rund 200.000 Megawatt im Jahr 2030 erhöhen – ein gewaltiges Vorhaben.

Unumstritten ist, dass es dafür wesentlich mehr große Solarparks in der Fläche braucht. Weil der Netzausbau aber hinkt, sollte gleichzeitig der verbrauchsnahe Ausbau vorangetrieben werden.

Das ist umso wichtiger, als auch urbane Räume klimaneutral werden müssen. In Großstädten wie Hamburg oder Berlin decken die Erneuerbaren erst rund fünf Prozent des Strombedarfs.

Masterplan Solarcity: Berlin greift nach der Sonne

Berlin hat sich vor diesem Hintergrund viel vorgenommen. Die Solarenergie ist wegen der begrenzten Flächen dort oft die einzig realistische Option.

Mit seinem im März 2020 beschlossenen Masterplan Solarcity will der Berliner Senat die Solarstrom-Kapazität bis 2050 auf 4.400 Megawatt steigern. Dann sollen 25 Prozent des Strombedarfs aus Photovoltaik-Anlagen gedeckt werden. Doch wie kann das gelingen?

Helfen soll dabei eine Solarpflicht, welche die Nutzung von Photovoltaik auf den Dächern von Wohngebäuden, Gewerbe und öffentlichen Einrichtungen vorschreibt. Mehrfamilienhäuser haben für den Masterplan eine zentrale Rolle.

Für eine rasche Umsetzung braucht es allerdings die Teilhabe der Menschen vor Ort. Denn zum einen sind viele Häuser auch als Eigentümergemeinschaften in privater Hand. Hier können Energiegenossenschaften wie Bürger-Energie Berlin unterstützend wirken.

Zum anderen müssen auch die Mieter:innen profitieren können, zum Beispiel durch den Bezug von günstigem Sonnenstrom vom eigenen Dach. Für Berlin mit einer Mieterquote von über 80 Prozent ist das auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.

Aktuelles Mieterstromgesetz hemmt Ausbau

Hier kommt der solare Mieterstrom ins Spiel. Die Idee, Mieter:innen mit lokal erzeugtem Solarstrom zu versorgen, ist nicht neu. Bereits seit 2017 existiert auf Bundesebene ein eigenständiges Mieterstromgesetz, das sich allerdings durch komplexe Regelungen als wenig praxistauglich erweist.

Die Weiterentwicklung des Gesetzes war stets ein politischer Zankapfel, weshalb sich die Gesamtleistung der bisher installierten Mieterstromanlagen auch nur im niedrigen zweistelligen Megawatt-Bereich befindet.

Mieterstrom erfordert einen eigenen Stromtarif, der auch den Sonnenstrom vom Dach enthält. Für diesen Tarif müssen aufwändige Messkonzepte umgesetzt werden. Dazu sind in Bestandsgebäuden oft große Eingriffe in die Elektroinstallation nötig. Das erhöht die Kosten und verlangt außerdem eine intensive Abstimmung mit dem örtlichen Netzbetreiber.

Mehrstöckige Neubaublöcke in Berlin-Neukölln mit Flachdach, darauf Solarmodule.
Die gemeinschaftliche Mieterstromanlage in der Ossastraße in Berlin-Neukölln. (Foto: Christopher Rowe/​EWS)

Der Aufwand, um die komplexen Regeln im Mieterstrom zu erfüllen, ist deshalb hoch. Kleine Solar-Dachanlagen können die Mittel dafür nur selten erwirtschaften.

Bürger-Energie Berlin und ihr Partner, die Elektrizitätswerke Schönau (EWS), kennen die Herausforderungen in der Stadt nur zu gut. Gemeinsam haben sie trotz der Hürden mehrere genossenschaftliche Mieterstromprojekte realisiert.

Zuletzt in Berlin-Neukölln auf einem Mehrfamilienhaus mit 160 Wohneinheiten und einer Solarstromanlage mit knapp 45 Kilowatt installierter Leistung. Rund ein Viertel der Kosten der Anlage ist allein für die Erfüllung der gesetzlich festgelegten Mieterstromanforderungen entstanden.

Mieterstrom entfesseln mit dem europäischen Gedanken

Die neue Bundesregierung weiß, dass sie mit einer aufgeblasenen Gesetzgebung wie dem bisherigen Mieterstromgesetz ihre Klimaziele nicht erreichen kann. Laut Koalitionsvertrag will sie die Förderung von Mieterstrom- und Quartierskonzepten im Rahmen der Novellierung des Steuer-, Abgaben- und Umlagensystems vereinfachen und stärken.

Was immer auch damit gemeint ist: Die Koalition ist gut beraten, auf weitere Symptombehandlungen zu verzichten und Mieterstrom neu zu denken.

Eine zentrale Hilfestellung bietet die europäische Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED II, die das Recht auf eine gemeinschaftliche Nutzung der lokal erzeugten Solarenergie im Quartier schafft. Dieser schnörkellose Ansatz fehlt im Mieterstromgesetz.

Die EU-Richtlinie bietet die Möglichkeit, die Verrechnung des Sonnenstroms zwischen Vermietern, Mieterinnen und Dienstleistern deutlich zu vereinfachen: Komplexe Messkonzepte könnten entfallen, der Anschluss von Anlagen wäre leichter und die Installationskosten würden sinken.

Eine einfachere Umsetzung erlaubt auch Bürger:innen, selbst aktiver zu werden. Damit kämen wir nicht nur den angestrebten Ausbauzielen näher, sondern ließen auch mehr Menschen an der Energiewende teilhaben.

Die Ampel-Koalition wird im Klimaschutzsofortprogramm zeigen müssen, mit welchen Hebeln sie ihr Solar-Ausbauziel erreichen will. Die unkomplizierte gemeinschaftliche Nutzung der Solarenergie bietet das Potenzial, Mieterstrom zum Treiber der urbanen Energiewende zu machen. Deshalb gilt es nun, die RED-II-Vorgaben konsequent ins deutsche Recht zu überführen.

Dieser Beitrag wurde nicht von der Redaktion erstellt. Er ist in Kooperation mit Peter Ugolini-Schmidt, energiepolitischer Sprecher der Elektrizitätswerke Schönau eG (EWS), und Christoph Rinke, Vorstand der Bürger-Energie Berlin eG, in der Rubrik Advertorials erschienen.