Knapp ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland stammt aus Gebäuden. Vor allem das Heizen schlägt dabei ordentlich zu Buche. Klimaschutz-Experten und auch die Politik sehen hier ein enormes Potenzial, um CO2-Emissionen einzusparen.
Bis 2030 sollen diese im Gebäudesektor um rund 40 Prozent auf 72 Millionen Tonnen sinken. Doch in der Vergangenheit ist nicht genug passiert, damit das ambitionierte Ziel auch erreicht wird.
Dass der "schlafende Riese" der Energiewende, der Gebäudesektor, mit einer Sanierungsquote von jährlich einem Prozent weit unterhalb des Notwendigen dümpelte, nahm die Politik jahrelang tatenlos hin und vermied strengere Auflagen.
Weil sich nun aber – auch unter dem Druck der Klimabewegung – die Bundesregierung rüstet, kommende Woche ihre Klimaschutzvorhaben vorzustellen, taten sich die Verbände des Gebäudesektors zusammen und wiesen am heutigen Dienstag in Berlin auf die drohende "Klimafalle" hin.
Rechnerisch müssten demnach in den nächsten zehn Jahren die CO2-Emissionen von rund 40 Prozent aller Gebäude auf null sinken oder von rund 80 Prozent um die Hälfte reduziert werden, damit die Klimaziele erreicht werden können. Das erfordert Investitionen in Milliardenhöhe. Ohne staatliche Unterstützung kann das aus Sicht der Wohnungswirtschaft und der Mietervertreter nicht gelingen.
In einer gemeinsamen Initiative verlangen nun der Deutsche Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV), der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW sowie der Deutsche Mieterbund vom Staat finanzielle Unterstützung für die energetische Sanierung.
"Die jährliche Lücke beläuft sich auf 14 bis 24 Milliarden Euro", sagte DV-Präsident Michael Groschek in Berlin. Zwischen sechs und zehn Milliarden entfielen davon auf Mieter-Wohnungen.
Bei der Berechnung berufen sich die Verbände auf eine Studie der Deutschen Energie-Agentur (Dena). Eine Wohnung energetisch zu sanieren, koste im Schnitt 480 Euro je Quadratmeter. Weil Vermieter die sanierungsbedingten Kosten aber nur zu 67 Prozent auf die Miete umlegen dürfen, bleibe eine Lücke von 222 Euro je Quadratmeter. Hier müsse die Politik helfen.
"Forderung nach Technologieoffenheit soll Energiesparen aushebeln"
Klimaziele ließen sich "nicht zum Nulltarif erreichen", sagte Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW. "Wenn man das Geld nicht zur Verfügung stellen kann und zugleich an den Klimazielen festhalten will, wird es massiven Unmut geben", warnte er die Politik. Woher das Geld kommen soll, wollten die Verbände aber nicht sagen und verwiesen die Aufgabe an die Politik.
Zudem solle die Politik nicht nur auf die Dämmung pochen, sondern Technologieoffenheit ermöglichen und beim Klimaschutz ganze Quartiere – statt wie bislang Einzelgebäude – in den Blick nehmen. "Es muss um die Betrachtung der CO2-Bilanz und um technologieoffene Sanierungen gehen und nicht nur um Effizienz", sagte Groschek.
Ulf Sieberg vom Verein für eine nationale CO2-Abgabe sieht die Forderung nach Technologieoffenheit kritisch: "Damit will die Wohnungswirtschaft seit jeher die Effizienzmaßnahmen im Gebäudesektor aushebeln." Die Klimaziele ließen sich aber ohne erhebliche Einsparungen beim Energieverbrauch nicht erreichen.
Ein CO2-Preis für den Gebäudesektor, wie er derzeit diskutiert wird, würde dabei aus Sicht der drei Wohnungs-Verbände nur wenig helfen. Im Bauwesen seien die Vermeidungskosten außerordentlich hoch: Um eine Tonne CO2 einzusparen, müsste deren Preis im Gebäudesektor bei 400 Euro liegen.
Auch das sieht Ulf Sieberg vom Verein CO2-Abgabe anders. "Wir brauchen einen einheitlichen Preis über alle Sektoren hinweg", fordert er. Weil Emissionssenkungen in der Stromproduktion am einfachsten zu erreichen seien, könne über die höhere Nachfrage nach Ökostrom auch der Gebäudesektor seine Emissionen senken. Daneben brauche es flankierende Maßnahmen für die Wärmewende und eine zielgruppenspezifische Förderung.