"Statt den Klimaschutz in einer Ecke des EU-Haushalts zu parken, wird er nun in alle wichtigen Haushaltsbereiche integriert", sagte die damalige EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard im Jahr 2013. Damals kündigte sie an, dass 20 Prozent des Haushalts zwischen 2014 und 2020 für den Klimaschutz aufgewendet werden sollen. Mit integrieren war gemeint, dass es keinen eigenen Haushaltsposten für den Klimaschutz gibt, sondern Gelder aus verschiedenen Sektoren – zum Beispiel Landwirtschaft, Infrastruktur oder Forschung – für den Klimaschutz angerechnet werden.
Jetzt, fünf Jahre später, wird schon der nächste langfristige Haushaltsplan der EU aufgestellt und die EU-Kommission hat den Anteil der Mittel für den Klimaschutz in ihrem Vorschlag nochmal hochgeschraubt: Ein Viertel der Gelder soll zwischen 2021 und 2027 für "Climate Action" aufgewendet werden. Das schreibt die EU-Kommission in ihrem Vorschlag für den langfristigen Haushaltsplan von Anfang Mai dieses Jahres. Der langfristige Plan hat insgesamt ein Volumen von 1.280 Milliarden Euro.
Gelder für den Klimaschutz sollen in allen großen EU-Förderprogrammen fließen, zum Beispiel in der sogenannten Kohäsionspolitik, der Regionalentwicklung und in Programmen zu Energie, Verkehr, Forschung und Innovation. Außerdem ist die EU-Agrarpolitik ein wichtiger Faktor. Insgesamt 320 Milliarden Euro sollen zusammenkommen.
Das klingt nach viel, trotzdem ist Markus Trilling von der Klimaschutzorganisation CAN Europe unzufrieden: "Es ist schön, dass der Klimaschutz auf dem Papier so einen großen Stellenwert hat. Trotzdem ist der Haushaltsplan eine vertane Chance", sagt er. Der Grund für die Kritik ist die Zuteilung der Gelder. "Die Kommission war sehr großzügig bei der Anrechnung", so Trilling. Gemeint ist: Wo Klimaschutz draufsteht, ist nicht unbedingt Klimaschutz drin.
Derzeit wird zwar die Quote von 20 Prozent, die sich die EU vor fünf Jahren gesetzt hat, fast eingehalten. Für die gesamte Periode bis 2020 werden laut der Prognose immerhin 18,8 Prozent des Haushalts dem Klimaschutz zugerechnet. Trilling kritisiert aber, wie die 20 Prozent zustande kommen.
So sind laut einer Auswertung von CAN Europe mehr als 50 Prozent der Gelder, die zum "Klimaschutz" gezählt werden, Agrarsubventionen. Sie setzen sich zusammen aus Zahlungen an Bauern für die Anpassung an den Klimawandel und Fördergeldern für die ländliche Entwicklung. Weitere 25 Prozent gehen in die Förderung von Schieneninfrastruktur.
"Schienenverkehr ist eine gute Sache, aber zur Verkehrswende gehört mehr. Transformative Investitionen fehlen", so Trilling. Für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz bleibe nur ein kleiner Teil. Auch im aktuellen Vorschlag der EU-Kommission sei das nicht viel anders – außer dass der Klimaschutz-Anteil am Gesamtbudget von 20 auf 25 Prozent erhöht wurde. Zu den 320 Milliarden sollen die Agrarsubventionen beispielsweise 164 Milliarden beitragen, also wieder mehr als die Hälfte.
Verabschiedung könnte länger dauern
Trotzdem ist Trilling leise optimistisch: "Es hat sich etwas verbessert, weil es jetzt 25 Prozent sind." Dabei sei es anfangs nicht einmal sicher gewesen, dass es auch nach 2020 noch eine Klimaquote geben soll.
Wie schnell dieser Haushalt nun beschlossen wird, ist indes noch nicht klar. Die Staats- und Regierungschefs der EU haben auf ihrem zweitägigen Gipfel, der gestern zu Ende ging, das EU-Parlament aufgefordert, den Kommissionsvorschlag "so bald wie möglich umfassend zu prüfen". Das Wörtchen "umfassend" deutet darauf hin, dass das Ganze noch länger dauern könnte.
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hingegen hat schon mehrmals darauf hingewiesen, dass Eile angesagt ist. Die Kommission will, dass der Haushalt bis zur Europawahl im Mai 2019 unter Dach und Fach ist.
Markus Trilling findet, dass die EU-Regierungen sich lieber um den aus seiner Sicht mangelnden Klimaschutz im Haushalt kümmern sollten als um den Zeitplan. "Die Mitgliedsstaaten und das Parlament müssen nachbessern und dafür sorgen, dass der Haushalt zu 100 Prozent mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar ist." Dafür müsse die Quote für den Klimaschutz 40 Prozent betragen.