Auch wenn es nicht alle glauben: Deutschland ist ein Sonnenland. Gebietsweise scheint die Sonne über 1.000 Stunden im Jahr. Das merken wir auch bei der Stromerzeugung. Die zwei Millionen Photovoltaikanlagen lieferten im letzten Jahr gut 50 Milliarden Kilowattstunden Strom.

Doch es könnten weit mehr sein. Allein auf unseren Dächern wäre Platz für fünfmal mehr Solarstromerzeugung. Aber davon sind wir weit entfernt. Nimmt man alle Gebäudeflächen zusammen, werden in Deutschland gerade einmal 2,5 Prozent des Potenzials für die Solarenergieerzeugung genutzt.

Und auch beim Neubau sieht es nicht gut aus. So zeigt der Lichtblick-Solarcheck 2020 – ein Vergleich der 14 größten deutschen Städte – eine nur geringe Nutzung neuer Dachflächen.

Balkendiagramm: Weniger als die Hälfte der Neubauten in Deutschlands größten Städten hat eine Solaranlage.
Neubaudächer werden in einigen Städten kaum für Solaranlagen genutzt: Verhältnis der installierten Solarflächen zu den Dachflächen von Gewerbe- und Wohnungs-Neubauten 2018 in den 14 größten Städten Deutschlands auf Basis der Daten der Landesämter für Statistik, Stand Januar/​Februar 2020. (Grafik: Lichtblick; Daten: Statista)

Nürnberg und Hannover führen die Liste mit 49 und 47 Prozent an, Düsseldorf und Hamburg stehen am Ende mit nur acht und sieben Prozent. Und das trotz der in Deutschland angebotenen Förderung, etwa über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

Wenn Förderung allein nicht hilft, liegt der Gedanke nahe, die Nutzung der Solarenergie bei Neubauten zur Pflicht zu machen. Das nordhessische Vellmar ging bereits vor 20 Jahren voran, später folgten Waiblingen und Tübingen in Baden-Württemberg.

Vor Kurzem haben auch erste Bundesländer eine Solarpflicht beschlossen, etwa Hamburg, Baden-Württemberg und Bremen. In Berlin hat der Senat ein entsprechendes Gesetz gerade verabschiedet, in Schleswig-Holstein und Bayern wird darüber diskutiert.

Es entsteht also gerade ein Flickenteppich aus länderspezifischen Vorgaben zur Solarnutzung. Das könnte sich nach der nächsten Bundestagswahl ändern. Denn die Forderung nach einer bundesweit einheitlichen Regelung der Solarpflicht wird immer lauter.

Gigantisches Potenzial

Solarenergie kommt in den meisten Fällen vom Dach, doch nicht jedes ist geeignet. Auf manche scheint die Sonne zu wenig, auf anderen ist die Installation zu teuer.

Das Potenzial ist dennoch gigantisch: 1.600 Quadratkilometer Dachflächen standen 2015 für die Solarenergienutzung bereit – das entspricht 225.000 Fußballfeldern.

Rund 250 Milliarden Kilowattstunden Solarstrom könnten dort erzeugt werden – knapp die Hälfte des gesamten deutschen Stromverbrauchs.

Heute verfügbare neue Technologien wie Photovoltaik-Folien und -Dachziegel sowie geeignete Fassaden verdreifachen sogar das Solarpotenzial der Gebäude.

Für die Solarnutzung geeignete Gebäudeflächen sind also in Hülle und Fülle vorhanden.

Rechtlich zulässig?

Eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes hat verschiedene Ausgestaltungsoptionen für eine bundesweite Photovoltaik-Pflicht bei Neubauten oder Dachsanierungen verglichen.

Das Fazit: Um rechtliche Zweifel auszuräumen, sollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Solarnutzung für Hausbesitzer:innen wirtschaftlich zumutbar ist.

Die Autoren schlagen deshalb eine Nutzungs- und Katasterpflicht vor. Die Verpflichteten könnten sich dabei entscheiden, eine Solaranlage selbst zu installieren oder ihre Dachfläche in ein Verpachtungskataster einzutragen, damit sie für Bau und Betrieb einer Anlage von Dritten gepachtet werden kann.

Damit wäre eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit ausgeschlossen. Außerdem würden Überschneidungen mit Landesgesetzen wie dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz des Landes Baden-Württemberg vermieden.

Vorreiter in allen politischen Lagern

Erfahrungsberichte aus Waiblingen und Tübingen zeigen, dass die Solarpflicht den Ausbau der Photovoltaik in beiden Städten fördert. Im Rahmen der Gesetzgebung in den Bundesländern wurden zudem einige wichtige Erfahrungen gemacht.

Grundsätzlich können sowohl Wohngebäude als auch Nichtwohngebäude in die Pflicht einbezogen werden. In einem ersten Schritt werden überall nur Neubauten berücksichtigt, die Ausweitung auf Dachsanierungen ist aber teils schon angelegt, wie in Bremen.

In den deutschen Vorreiterländern wird durchweg auch der Betrieb einer Solarwärmeanlage als Erfüllung der Solarpflicht gewertet, in Baden-Württemberg zudem heute schon die Verpachtung an Dritte, die eine Anlage errichten. Nordrhein-Westfalen hat eine Sonderform der Solarpflicht erlassen. Sie gilt lediglich für große Parkplätze.

Auffällig ist jedoch, dass das Thema offenbar parteiübergreifend konsensfähig ist, egal ob die Landesregierung grün, rot oder schwarz geführt ist.

Anlagen immer preiswerter

Photovoltaikanlagen werden immer preiswerter. Die Installationskosten variieren für haushaltstypische Größen zwischen rund 7.500 Euro für eine Vier-Kilowatt-Solaranlage und 22.000 Euro für eine 16-Kilowatt-Anlage.

Für dreimal mehr Geld erhält man in diesem Beispiel die vierfache Leistung. "Wenn Sie finanziellen Spielraum haben, sollten Sie deshalb die Dachfläche Ihres Hauses ruhig voll ausnutzen", empfiehlt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.Denn Einspeisevergütung oder auch Eigenverbrauch schlagen positiv zu Buche. Bereits bei einer Fünf-Kilowatt-Anlage ist über 20 Jahre mit einem Plus zu rechnen.

Solarpflicht fürs Klimaziel

Der Ausbau der Solarenergie muss sich in Deutschland gegenüber dem heutigen Niveau mindestens verdoppeln. Eine bundesweite Solarnutzungspflicht für alle Neubauten würde dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.

Die Solarpflicht ließe zudem – gerade im Zusammenspiel mit einem Solarkataster – einen dynamischen Markt für Dienstleister entstehen, die Komplettlösungen für den vollständigen Umstieg auf klimaneutralen Strom inklusive eigener Photovoltaikanlagen anbieten.

Die Marktdurchdringung von Solarsystemen könnte so erheblich gestärkt und der Förderbedarf verringert werden.

Vor diesem Hintergrund sollte in der nächsten Wahlperiode zügig eine bundesweite Nutzungspflicht für Solarstrom in allen Neubauten eingeführt werden, perspektivisch auch für umfassende Dachsanierungen.

Dies sollte in Kombination mit einem Solarkataster geschehen, um die Akzeptanz der Solarpflicht zu erhöhen und das Entstehen eines dynamischen Dienstleistungsmarktes zu fördern.

Dieser Beitrag wurde nicht von der Redaktion erstellt. Er ist in Kooperation mit der Lichtblick SE in der Rubrik Advertorials erschienen.