Eine Wohnanlage in Duisburg aus den 70er Jahren wird mit Holz gedämmt.
Effizient und klimafreundlich sanieren: Eine Duisburger Wohnanlage aus den 1970er Jahren wird mit holzbasierten Dämmstoffen verkleidet. (Foto: Energieagentur NRW/​Flickr)

Die Bundesbürger wollen, dass ihre Häuser und Wohnungen energetisch saniert werden. Die Aussicht, Geld zu sparen und in einer gesunden Umgebung zu leben, sowie der erwartete Komfort beim Heizen motivieren die Deutschen am stärksten zum Sanieren. Doch die Furcht vor hohen Kosten lässt sie vor den notwendigen Renovierungen zurückschrecken – das ist das Ergebnis einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos im Auftrag der European Climate Foundation.

Demnach wollen die Haus- und Wohnungseigentümer keinen Kredit für eine energetische Sanierung aufnehmen oder können sich die Investition nicht leisten. 61 Prozent der befragen Mieter befürchten eine Mieterhöhung. Für die Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut 2.000 repräsentativ ausgewählte Einwohner befragt.

Den Nutzen der energetischen Sanierung haben die Bürger erkannt, findet auch Constantin Zerger von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). "Doch besonders die vermeintlich hohen Kosten und fehlendes Wissen über Fördermöglichkeiten schrecken Wohneigentümer ab", sagt der Energie- und Klimachef der Organisation. Die Bundesregierung müsse dringend nachbessern und Investitionshemmnisse abbauen. Dazu gehöre auch die steuerliche Förderung der Kosten für energetische Sanierung.

Zwar sind sich Experten weitgehend einig, dass ohne eine steuerliche Förderung die derzeitige Sanierungsquote von jährlich weniger als einem Prozent des Gebäudebestandes kaum steigen wird. Doch die Politik schafft es seit Jahren nicht, das Vorhaben in ein Gesetz zu gießen. Während sich Bayern vor vier Jahren gegen eine entsprechende Gesetzesvorlage sperrte, fordern die Landesregierungen des Freistaats sowie von Nordrhein-Westfalen nun den Bund auf, dass die steuerliche Förderung nun zügig ermöglicht werden müsse.

Heute gebaute Häuser müssten bald wieder saniert werden

Obwohl die Unionsparteien und die SPD im Koalitionsvertrag vereinbart haben, das Vorhaben in dieser Legislaturperiode auf den Weg zu bringen, haben sie bislang nichts dafür unternommen, wie eine kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Julia Verlinden (Grüne) vom November zeigt. "Der erste Schritt wäre, mit den Ländern über die konkrete Ausgestaltung der Steuererleichterungen zu sprechen", sagt Verlinden. Aber nicht einmal das habe die Regierung bisher geschafft. Für Verlinden ist das ein "peinlicher Offenbarungseid".

Das Ausbleiben der steuerlichen Förderung ist symptomatisch für die Untätigkeit der schwarz-roten Koalition bei der Wärmewende. Zäh zieht sich auch die Verabschiedung des geplanten Gebäudeenergiegesetzes (GEG) hin.

Eigentlich sollte das GEG schon Anfang vergangenen Jahres in Kraft treten. Einen gemeinsamen Gesetzentwurf hatten Wirtschafts- und Umweltministerium im Januar 2017 auch schon vorgelegt – doch das Gesetz verschwand gleich wieder in der Versenkung, zu stark waren die Einwände des Wirtschaftsflügels der Unionsparteien.

Ziele des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll die verschiedenen Regelwerke, die es derzeit für Neubauten gibt, zusammenführen:

  • das Energieeinsparungsgesetz (EnEG),
  • die Energieeinsparverordnung (EnEV) und
  • das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG).

 
Weiterhin soll das GEG für öffentliche Gebäude einen Niedrigstenergie-Standard, der laut EU schon ab Jahresbeginn 2019 definiert sein soll, festschreiben. Für private Neubauten soll dieser Niedrigstenergie-Standard dann ab 2021 gelten.

Eine Legislaturperiode später gibt es nun einen neuen Aufschlag für das GEG, diesmal vom Wirtschafts- und vom Innenministerium, das jetzt für das Bauressort zuständig ist. Die Vorlage ähnelt dem 2017er Vorschlag.

Doch nun blockt das Umweltministerium: "Wir haben im Rahmen der Ressortabstimmung zum Gesetzentwurf Stellung genommen, Vorbehalte angemeldet und daher der Versendung an Länder und Verbände widersprochen", sagt eine Sprecherin des Ministeriums gegenüber Klimareporter°. Bisher sei der Widerspruch nicht aufgehoben. Die Verhandlungen im Ressortkreis müssten nun fortgesetzt werden.

Das Umweltministerium verlangt schärfere Effizienzvorgaben für Gebäude als bislang vorgesehen. Der Entwurf sieht für Neubauten nur den seit 2016 geltenden KfW-Standard Effizienzhaus-70 vor. Damit aber das Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050 erreicht werden kann, müssten alle Bestandsgebäude im Durchschnitt dann dem heutigen strengeren Effizienzhaus-55-Standard genügen, fordert das Ministerium.

"Ein Fortschreiben des aktuellen gesetzlichen Standards würde also bedeuten, dass die Neubauten von heute noch vor 2050 grundlegend energetisch saniert werden müssten, um das Ziel von Klimaneutralität zu erreichen", stellt die Ministeriumssprecherin klar.

"Weder innovations- noch zukunftsweisend"

Auch Umweltpolitiker kritisieren den vorliegenden Gesetzentwurf als zu schwach. "Der KfW-70-Standard bei Neubauten wird schon heute in vielen Fällen freiwillig unterschritten", sagt Julia Verlinden. Die Argumente gegen höhere Vorgaben seien also nicht stichhaltig. Die derzeit geltenden gesetzlichen Anforderungen für den Gebäudesektor seien kompliziert, praxisfern und widersprächen einander sogar teilweise.

"Das sollte das Gebäudeenergiegesetz auflösen, der vorliegende Entwurf leistet das aber nicht einmal im Ansatz", sagt Verlinden. Es reiche einfach nicht, die bisherigen Gesetze und Verordnungen einfach nur per Copy-and-paste zusammenzufügen.

Kritik kommt auch vom Branchenverband Deneff, weil in dem neuen Gesetz das Berechnungssystem geändert werden soll. "Die Umstellung der Anforderungen von Primärenergiebedarf und Gebäudehülle auf CO2 ist weder innovations- noch zukunftsweisend, da lediglich die Bezugsgröße geändert wird", kritisiert der Verband der Effizienzwirtschaft. Das schaffe mehr Bürokratie ohne energie- und klimapolitischen Nutzen. 

Wie die Energiewende im Gebäudebereich doch noch gelingen soll, haben die Grünen-Abgeordneten Julia Verlinden und Chris Kühn mit ihrem Parteikollegen und Hamburger Energiesenator Jens Kerstan in einem Eckpunktepapier aufgelistet. Demnach soll sich der Niedrigstenergiestandard für Neubauten an den Zielen für 2050 orientieren und der Anteil erneuerbarer Wärme steigen. Bei neu errichteten Gebäuden soll die Wärmeversorgung ab 2025 zu 100 Prozent erneuerbar sein. Zudem brauche es einen CO2-Faktor im Energiesparrecht und einen einheitlichen Energieausweis.

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