Eine Solarthermieanlage auf einer Wiese.
Die Solarthermie-Anlage in Berlin-Köpenick sorgt für etwa 14.000 CO2-freie Duschen im Jahr. (Foto: Friederike Meier)

Anfang September im Berliner Stadtteil Köpenick. Das Thermometer zeigt 28 Grad und vom Herbst ist noch nichts zu spüren. In der Stadt haben viele genug vom heißen, trockenen Sommerwetter, doch Thomas Jänicke-Klingenberg schwärmt: "Wegen des guten Sommers hat die Anlage unsere Erwartungen schon übertroffen." Die Anlage, von der er spricht, ist eine Solarthermie-Anlage und deshalb auf die Sonne angewiesen.

Beim Betreiber Vattenfall hatte man damit gerechnet, dass sie 440 Megawattstunden Wärme im Jahr liefert. "Wir haben im Mai angefangen und sind jetzt schon bei 309 Megawatt", freut sich Jänicke-Klingenberg, der bei der Vattenfall Wärme AG für das Projekt zuständig ist. Hier, auf einer Brachfläche zwischen einem Heizkraftwerk und dem Fluss Dahme, hat der schwedische Energiekonzern auf etwa 1.000 Quadratmetern Solarthermieanlagen installieren lassen. Sie speisen Wärme ins Köpenicker Fernwärmenetz ein, das 10.000 Haushalte versorgt.

Eine Besonderheit der Anlage: Sie erhitzt das Wasser, das abgekühlt aus den Haushalten zurückkommt. "Wir nehmen aus dem Rücklauf das 55 Grad heiße Wasser und heizen es auf 65 Grad auf", erklärt Christian Stadler, Geschäftsführer des Unternehmens Arcon Sunmark, das die Anlage entwickelt und gebaut hat. Das um zehn Grad wärmere Wasser wird dann in einem Biomethan-Blockheizkraftwerk auf 80 Grad erhitzt.

Der Grund für diese eher indirekte Lösung ist der Platzmangel: "Hätten wir doppelt so viel Fläche gehabt, würde das Blockheizkraftwerk im Sommer ausgeschaltet werden und die Anlage würde das Wasser komplett aufheizen", so Stadler.

Viel effektiver als Photovoltaik

In den insgesamt 78 Solarthermie-Kollektoren zirkuliert ein Wasser-Glykol-Gemisch in Kupferrohren. Der Trick dabei ist die blauschwarze Schicht, die die Oberfläche der Kollektoren bedeckt. "Der Absorber ist so aufgebaut, dass er im gesamten Wellenlängenbereich des Lichts die Sonnenenergie aufnimmt", erläutert Dirk Mangold, Leiter des Steinbeis-Forschungsinstituts Solites in Stuttgart. "Im Infrarotbereich gibt er aber fast nichts mehr ab", sagt Mangold. Diese Wärme wird dann an das Wasser abgegeben.

Das sorgt dafür, dass die Kollektoren sehr effektiv die Sonnenenergie sammeln können. "Die Flächeneffizienz von Solarthermie ist 3,5-mal besser als die von Photovoltaik", sagt Mangold. Das bedeutet, dass man für Photovoltaik dreieinhalbmal so viel Fläche braucht, um die gleiche Energie zu erzeugen. Bei der Biomasse ist die Fläche im Vergleich zur Solarthermie sogar 50-mal größer.

Außerdem seien Solarthermiespeicher viel günstiger als Stromspeicher, so Mangold. Jahresspeicher sind für diese Technologie unbedingt notwendig, denn während die Sonne im Sommer am stärksten scheint, wird im Winter die meiste Wärme gebraucht.

Wärmewende steht erst am Anfang

In Berlin-Köpenick ist das jedoch nicht nötig. Denn die Anlage ist so klein, dass selbst im Sommer keine Wärme zum Speichern übrigbleibt. "Wir decken damit 50 Prozent unserer Sommerlast", erklärt Thomas Jänicke-Klingenberg. Und auch der Beitrag zum Köpenicker Wärmenetz ist noch sehr gering. Rein rechnerisch könnten die 10.000 angeschlossenen Haushalte davon 14.000-mal heiß duschen – das macht 1,4 heiße Duschen pro Haushalt und Jahr.

Entsprechend gering ist auch der Klimaschutzbeitrag. Jährlich soll die Anlage laut Vattenfall mindestens 63 Tonnen CO₂ einsparen. Berlinweit lagen die CO₂-Emissionen aus der Fernwärme im Jahr 2014 bei über zwei Millionen Tonnen. "Nur etwa ein Prozent der Fernwärme in Berlin ist regenerativ", gibt Jänicke-Klingenberg zu. Vom Berliner Ziel, bis 2030 aus der Steinkohle auszusteigen, sei man noch weit entfernt.

Auch bundesweit bleibt noch viel zu tun. Der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für Wärme ist laut der Agentur für Erneuerbare Energien zwischen 2010 und 2015 nur wenig gestiegen: von elf auf 13 Prozent. Bis 2050 will die Bundesregierung einen "nahezu klimaneutralen" Gebäudebestand erreichen. Die Fernwärme könnte dann laut der "Effizienzstrategie Gebäude" 80 Terawattstunden Energie dazu beitragen.

 

Wenn man davon ausgeht, dass 15 Prozent davon aus Solarthermie kommen sollen, müsste diese zwölf Terawattstunden jährlich bereitstellen, rechnet die Agentur vor. Dafür wäre eine Kollektorfläche von 30 Millionen Quadratmetern nötig. Zum Vergleich: Derzeit sind in Deutschland etwas über 50.000 Quadratmeter Solarthermie in Betrieb.

Christian Stadler von Arcon Sunmark ist dennoch optimistisch: "Es gibt die Flächen und man findet sie auch." Bisher habe man bloß nicht gesucht.

Der Beitrag entstand im Rahmen einer Pressefahrt der Agentur für Erneuerbare Energien.

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