Früher gab es ihn auch in Deutschland: den Milchmann. Nicht überall, doch hier und da boten Milch- und Käseläden diesen mobilen Dienst an. Dreimal die Woche kam er vormittags mit seinem Lieferwagen vorbei, brachte Milch und Sahne, und die Hausfrauen gingen gerne zu ihm auf die Straße, für frische Milch und ein Schwätzchen. Dann knatterte er mit seinem alten Transporter weiter, kleine Abgaswolken ausstoßend.
Kein Vergleich allerdings mit Großbritannien. Noch in den 1970er Jahren wurden neun von zehn verkauften Milchflaschen direkt an die Haustür geliefert, täglich und ganz früh am Morgen, pünktlich fürs Frühstück.
Heute sind es nur noch drei Prozent, doch auch damit liegen die Briten weit vor den Deutschen, bei denen diese Dienstleistung (außer, wenn Teil einer Lebensmittel-Lieferung) komplett ausgestorben ist. Immerhin rund 5.000 Milchmänner gibt es noch auf der Insel, die die vollen Flaschen ausfahren und die leeren wieder mitnehmen.
Und deshalb macht man sich dort wohl auch mehr Gedanken, wie man die Milch ökologisch korrekt an die Frau und den Mann bekommt.
Es geht auch ohne Dieselqualm
Frische Milch, vielleicht sogar in Bioqualität, und dann Dieselqualm aus dem Auspuff?
Das ist nicht die Zukunft, erkannte der britische Milch-Lieferdienst "Milk and More" und beschloss, auf Elektro-Lieferwagen umzustellen. Ein Drittel seiner Flotte fährt schon heute elektrisch.
Und nun hat das Unternehmen, das pro Woche mehr als 500.000 Haushalte beliefert, noch einmal 200 E-Transporter geordert – und zwar in Deutschland. Es handelt sich um ein "Streetscooter"-Modell, das von einem Tochterunternehmen der Deutschen Post gebaut wird.
Man erinnere sich: Die Post war selbst in die E-Transporter-Herstellung eingestiegen, weil die Branche nichts Passendes anzubieten hatte.
Eine englisch-deutsche Erfolgsgeschichte. Ein Signal gegen den Brexit. Oder zumindest eins dafür, was uns trotz Brexit eint.
Joachim Wille ist Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.
Das zeigt auch dieses Detail: Trotz des Linksverkehrs in Großbritannien bestimmte "Milk and More", dass die Transporter mit Lenkrad auf der linken Seite gebaut werden; das deutsche Modell muss dafür also nicht umgeplant werden.
Der Grund: Es ist sicherer für den Fahrer, wenn er direkt auf der Gehwegseite zum Aus- und Einladen aussteigen kann. Der Milchmann soll ja noch lange leben.